Moto X (2014) im Test: Reifeprüfung eines Überraschungshits

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Das erste Moto X stellte letztes Jahr die Regeln der Smartphone-Welt auf den Kopf. Statt High-End Technik gab es charmante Mittelklasse. Statt den Nutzer mit halbfertigen Funktionen zu überfordern, gab es pures Android mit durchdachten Extras. Statt Display-Gigantismus gab es handlichen Schick. Statt zweifarbigem Einerlei gab es Variantenreichtum: Mit diesem charmanten Ansatz eroberte das Moto X (2013) das Herz vieler Technikblogger, auch meines. An den Kassen wollte sich hingegen kein rechter Erfolg einstellen. Weder in den USA noch in Deutschland schien Motorola ausgesprochen zufrieden mit den verkauften Stückzahlen. Ob der Nachfolger das Zeug hat, es besser zu machen, kläre ich in meinem Review.

Inhaltsverzeichnis

1. Gratwanderung: Was das Moto X (2013) so besonders machte

2. Das Moto X (2014) aus Hardwaresicht
2.1 Verarbeitung, Optik und Handhabung
2.2 Das Display: Größer und schärfer
2.3 Kameraleistung
2.4 Lautsprecher, Akkuausdauer und sonstige Technik
2.5 Fazit zur Hardware: Fortschritt auf Kosten der Einzigartigkeit

3. Software: Was das Moto X (2014) so besonders macht
3.1 Der Segen des reinen Androids
3.2 Extras 2.0 mit Plan
3.3 Die Software: Gewohnt souverän

4. Fazit und Wertung zum Moto X (2014)

1. Gratwanderung: Was das Moto X (2013) so besonders machte

Der Nachfolger eines Erfolgsprodukts hat es immer schwer. Ein Hersteller muss den schmalen Grat zwischen Wahrung alter Tugenden und notwendigem Fortschritt finden. In meiner Review zum Moto X (2013) habe ich diesen Konflikt bereits angedeutet und gefragt: Was kann der Nachfolger noch besser machen?

Je nachdem, wen man fragt, werden unterschiedliche Vorzüge des ersten Moto X gelobt. Was machte das Moto X (2013) so besonders? War es die kompakte Größe? Das pure Android? Die schmeichelnde Bauform? Ausgehend von den Antworten findet jeder ganz eigene Aspekte, die er für verbesserungswürdig hält. Und genau dieser schwierigen Aufgabe stellt sich das 2014er Moto X: Es will auf die Besonderheiten des Vorgängers aufbauen und gleichzeitig mit der Konkurrenz im Android-Lager Schritt halten. Ein schwieriger Spagat: Jedenfalls in Bezug auf die verbesserte Technik ist der Fortschritt unverkennbar, wie der Blick ins Datenblatt zeigt:

Das Moto X (2014) im Überblick
Display 5,2 Zoll, Pentile-AMOLED-Display
Auflösung 1920 x 1080 Pixel (424 PPI)
Gehäuse 140.8 x 72.4 x 9.9 Millimeter (144 Gramm)
Prozessor Qualcomm Snapdragon 801 (4x 2,5 GHz)
Grafik Adreno 330
Arbeitsspeicher 2 GB
verbauter Speicher 16 GB oder 32 GB, nicht erweiterbar
Kamera 13 MP Rück- und 2 MP Vorderseitekamera, Dual-LED-Blitz
Akku 2300 mAh (nicht wechselbar)
Farben variable (Moto Maker)
Datennetz LTE mit max. 150 MBit/s Download
WLan 802.11 b/g/n/ac
Bluetooth 4.0 mit A2DP
GPS A-GPS und GLONASS
NFC Ja
Betriebssystem (Stand: 17.11.2014) Android 4.4.4
Preis ca. 500 €

2. Das Moto X (2014) aus Hardwaresicht

Das 2014er Moto X hat also im Vergleich zum 2013er Modell seine Zurückhaltung aufgegeben, was die Leistungsdaten angeht. Mit einem großen Full HD Display, aktueller Quad-Core CPU und aufgebohrter Kamera-Leistung schließt man jedenfalls auf dem Papier zur Android-Konkurrenz auf, wie zum Beispiel dem Samsung Galaxy S5, dem OnePlus One oder dem LG G3. Aber ist das wirklich die Richtung, in die die Entwicklung gehen musste? Bestand der Charme des Vorgängers nicht gerade darin, dass er trotz Mittelklasse-Hardware so überzeugende Leistung lieferte?

2.1. Design, Verarbeitung und Handhabung

Gerade die angewachsene Gerätegröße habe ich nach der Vorstellung des 2014er Modells zunächst sehr skeptisch gesehen. Für mich war und ist das Moto X (2013) zusammen mit dem HTC One (M7) eine der löblichen Ausnahmen vom Trend hin zu immer größeren Display- und Gerätegrößen. Die handlichen 4,7 Zoll verpackte das 2013er Moto X in ein Gehäuse, das es fertig brachte, sogar kleiner als das iPhone 6 zu sein. Und das, obwohl das iPhone 6 ebenfalls nur ein 4,7 Zoll Display bietet.

Andererseits: So sehr die Kritiker das Moto X (2013) für seine kompakte Bauweise gelobt haben. Dieses Lob dürfte Motorola zwar gefreut haben, aber letztlich zählt auch der Erfolg an der Kasse. Ich kann es daher gut nachvollziehen, dass Motorola beim Nachfolger das Display an gängige Größen angepasst hat. Das Resultat ist in gewisser Weise ein vergrößertes Moto X und das ist zu allererst etwas sehr Positives.

Auch das Moto X (2014) setzt auf die bekannte runde Rückseite, die sich schon beim Vorgänger so angenehm in die Hand schmiegte. Auch die rückseitige Motorola-Mulde ist wieder dabei, ist allerdings zu einem weniger dezenten Krater angewachsen. Ein klares Update hat das Gehäuse durch den neuen Metallrahmen erhalten, der nun das gesamte Gerät umspannt. Das Resultat ist tatsächlich ein sehr stabiles und hochwertiges Gefühl. Zusammen mit der tadellosen Verarbeitung wirkt das Moto X (2014) insgesamt eindeutig edler als sein Vorgänger. Kleine Details wie der geriffelte Power-Button und der insgesamt sehr angenehm definierte Druckpunkt werten das Gerät weiter auf. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Metallrahmen etwas heller ist und für noch mehr Kontrast sorgt. In der mir zur Verfügung gestellten schwarzen Variante kommt der dunkle Rahmen nicht immer voll zur Geltung. Dank der nahezu grenzenlosen Möglichkeiten des Moto Maker dürfte optische Langeweile aber ohnehin kein Thema werden.

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Das neue Moto X (2014) ist deutlich größer mit 5,2 Zoll Display

Natürlich kann die tolle neue Verarbeitung nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Gerät deutlich größer geworden ist. Zwar sind die Seitenränder um das Display abermals angenehm schmal gehalten, aber egal wie man es betrachtet: Ein 5,2 Zoll Display ist lange nicht so gut mit einer Hand zu bedienen wie ein 4,7 Zoll Display. Ich persönlich bin mit dem Lumia 930 und dem Nexus 5 zwar schon lange an Geräte der 5 Zoll Region gewöhnt, aber ich gebe zu, dass das Gerät mich hin und wieder vor fingerakrobatische Herausforderungen stellt. Meiner Meinung nach hätte hier auch ein etwas kleinerer Sprung auf nur 5 Zoll gereicht.

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Etwas polarisierend: Der „Bullauge“-Ring um die Kamera auf der Rückseite

Von der Gestaltung der Rückseite kann man natürlich halten, was man will. Mir gefiel das Bullaugen-Design um die Kamera nicht sofort. Mitterweile finde ich es aber sehr ansprechend. Das metallene Motorola-Logo sorgt zusammen mit dem transparenten Kamera-Ring für Abwechslung auf der Rückseite und erinnert mich manchmal an ein freundlich staunendes Minion.

2.2 Das Display: Größer und schärfer

Das Display ist auf 5,2 Zoll angewachsen und glücklicherweise wurde auch die Auflösung gleichzeitig auf volles HD (1920 x 1080 Pixel) angehoben. Ich oute mich immer wieder ganz offen als Pixelfan und habe erst kürzlich ein Plädoyer für hohe Auflösungen auf Smartphone-Displays gehalten: Retina, Quad HD & Co: Wieviele Pixel braucht ein Smartphone?

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Das Display ist scharf, farbenfroh und kontrastreich

In dieser Hinsicht bin ich sehr froh, dass Motorola im Moto X (2014) ein Display verbaut, das auf eine PPI jenseits der 420 PPI kommt und damit ein angenehm knackescharfes Bild liefert. Auch bei sehr filigranem Text fällt es schwer, noch einzelne Pixel zu unterscheiden. Das etwas unscharfe Display des Vorgängers habe ich damals als einen der verbesserungswürdigen Aspekte kritisiert und hier steigert sich das Moto X eindeutig. Allerdings nutzt auch das 2014er Moto X ein Display auf Amoled-Basis. Gegenüber der LCD-Technik hat Amoled zwar den Vorteil, dass theoretisch nur die Teile des Displays Strom verbrauchen, die tatsächlich etwas anzeigen. Die anderen Bereiche bleiben ausgeschaltet, was insbesondere zu einem sehr guten Schwarzwert und tollem Kontrast führt. Allerdings neigt Amoled dazu, die Farben sehr künstlich zu übertreiben und zum Beispiel weiße Flächen mit einem grünen oder blauen Schimmer zu verfälschen. Im Vergleich zum Nexus 5, das ich zuvor genutzt habe, wirkt das Moto X (2014) extrem knallig. Aber: Nach ein bis zwei Tagen fällt einem das nicht mehr auf und stattdessen wirken LCD-Displays dann blass und farbleer. Die Wahl zwischen LCD und Amoled ist und bleibt trotzdem eine Geschmacksfrage.

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Im Vergleich zum Nexus 5 heller und blickwinkelstabiler (beide auf maximaler Helligkeit)

Nicht nur die Amoled-Technik feiert beim 2014er Moto X ein Comeback. Auch die Pentile Matrix ist zurück. Diese Technik wird oft kritisiert, weil sie versucht, weniger Subpixel zu verwenden, um eine identische Auflösung zu erreichen. Die Nachteile dieser Technik liegen in der Besonderheit, dass nicht jeder Pixel aus einem roten, grünen und blauen Subpixel besteht (so bei der üblichen RGB-Matrix), sondern benachbarte Pixel sich einen Subpixel „teilen“. So kommt beim Moto X (2014) nur ein blauer auf fünf Subpixel (daher der Name Pentile-Matrix). Früher führte diese Technik dazu, dass besonders Text auf weißem Grund etwas fransig wirkte. Aktuelle Displays jenseits der 400 PPI (so auch das Galaxy S5) weisen diesen Effekt aber kaum noch auf und im Laufe meiner Testphase hatte ich nie das Gefühl, dass mich das Display des Moto X seine Pentile-Matrix besonders spüren lässt.

Das neue Moto X (2014

Mit Spiegelungen kommt das Moto X (2014) recht gut klar

Auch die maximale Helligkeit ist recht ordenlich, obwohl damit fast alle Amoled-Displays eher zu kämpfen haben. Insgesamt empfinde die Veränderungen beim Display als klare Verbesserung gegenüber dem Moto X (2013). Die deutlich erhöhte Schärfe sowie die gleichbleibend guten Kontrast- und Blickwinkelwerte sind klare Stärken.

2.3 Kameraleistung

Die Kamera war nicht gerade eine Stärke des Moto X (2013). Wie jede aktuelle Smartphone-Kamera schaffte es der Vorgänger zwar bei guten Lichtverhältnissen, schöne und detailreiche Bilder zu schießen. In schlechten Lichtverhältnissen zeigten sich allerdings schnell Schwächen. Vor allem neigte das 2013er Model zu einem sehr aggressiven automatischen HDR-Modus, der oft auffällige Lichthöfe um Objekte erschuf.

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Beispielbild der Kamera

Der Nachfolger zeigt sich in allen Bereichen etwas besser, schafft meiner Ansicht nach aber keinen Niveausprung. Die 13 MP-Rückkamera fotografiert im Standardmodus mit einem Bildverhältnis von 16:9, was zu einer Auflösung von ca. 10 MP führt. Das Resultat sind bei guten Lichtverhältnissen abermals sehr ordentliche Bilder. In schlechteren Lichtverhältnissen lässt die Kamera aber weiterhin schnell nach und muss oft auf den HDR-Modus zurückgreifen. Der ist gegenüber dem Vorgänger allerdings nicht mehr so aggressiv, was die Korona angeht. Die Sorge, dass der ringförmige Blitz um die Linse zu Problemen führen würde, hat sich glücklicherweise ebenfalls nicht bewahrheitet: Jedenfalls habe ich keinerlei seitlichen Lichteinfall bemerken können.

Bei der Kamerasoftware hat sich allerdings nichts getan. Nach wie vor setzt Motorola auf seine eigene App. Die Einstellungen sind noch immer durch einen Wisch von Links reinzuholen und ermöglichen von HDR, Blitz, Panorama bis zu Videoaufnahmen den Zugang zu allen gewohnten Funktionen. Die Videofunktion ist zudem um einen 4K-Modus und einen Zeitlupenmodus erweitert worden. Mangels Abspielgerät kann ich zu ersterem aber nichts Genaues sagen. Etwas störend finde ich, dass es nach wie vor keinen „Tab-To-Focus“ gibt. Stattdessen nimmt das Moto X (2014) bei Bildschirmberührungen sofort ein Bild auf und fokussiert nach eigenem Belieben. Da der Fokus immer noch nicht zu den zuverlässigsten gehört, bleibt nur die Möglichkeit, die alternative „Drag-To-Focus“ Option zu nutzen. Statt mit einem Tippen zu Fokussieren, kann man so immerhin den Fokuspunkt herumbewegen und manuell den Helligkeitsausgleich steuern. Trotzdem: Warum Motorola noch immer diesen speziellen Weg geht, kann ich nicht recht nachvollziehen.

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Bei der Kamerabedienung setzt Motorola wieder auf seine Eigenlösung

Dafür ist aber auch die vom Vorgänger bekannte Geste wieder an Board, die mit einer Drehung des Handgelenks direkt in die Kamera-App startet. Das geht noch immer angenehm schnell und macht es einfach, spontane Situationen schnell bildlich festzuhalten. Auch die Lautstärketasten sind wieder als Auslöser nutzbar. Insgesamt bietet die Moto X (2014) Kamera durchaus Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger und wird jedem durchschnittlichen User mehr als genug Qualität bieten. Als ausgesprochene Stärke würde ich die Kamera aber nach wie vor nicht bezeichnen.

2.4 Lautsprecher, Akkuausdauer und Sonstiges

Die Front des Moto X (2014) schmücken zwei sehr auffällige Lautsprecher-Schlitze. Anders als beim Stereo-Sound-Wunder von HTC ist aber tatsächlich nur der untere Schlitz ein aktiver Lautsprecher. Der obere Schlitz verdeckt nur die Hörmuschel. Auch die Hörmuschel ist natürlich ein kleiner Lautsprecher, aber wer darauf gehofft hat, beim Videos gucken oder Musik hören Stereo-Ton zu bekommen, wird enttäuscht. Das ist umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass beim Low-End-Gerät, dem Moto E, beide Lautsprecher richtige Lautsprecher sind. Dafür ist dieser eine Lautsprecher immerhin nach Vorne gerichtet und nur schwer mit der Hand oder liegend zu verdecken. Ordentlich laut ist er auch, wie ich meine. Ein nettes Detail: Die Lautsprecherschlitze sind leicht erhöht, so dass das Moto X (2014) nicht auf dem Display liegt, sondern sich auf die Lautsprecher stützt, wenn man es mit der Rückseite nach oben hinlegt.

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Nur hinter dem unteren Schlitz verbirgt sich tatsächlich ein Lautsprecher

Was die Akkulaufzeit angeht, kann ich dezentes Lob aussprechen. Mit seinem 2300 mAh großen Akku hat das Moto X (2014) zwar nur unwesentlich mehr Ladung als sein Vorgänger, was zusammen mit der doch beträchtlich aufgerüsteten Technik erwartungsgemäß wenig Laufzeitgewinn ergibt. Im Ergebnis bringt es das 2014er Moto X aber auf eine gewohnte Laufzeit von einem Tag. In der Regel war abends nach fast 4 Stunden Display-On-Time noch etwas Luft übrig. Leider hat Motorola aber auf drahtlose Ladefunktionen verzichtet. Das ist eher befremdlich, weil Motorola bei seiner Smartwatch, der großartigen Moto 360, die Vorreiterrolle einnimmt und als bisher einziger Android Wear Vertreter drahtloses Laden unterstützt.

Ganz typisch Motorola glänzt das Moto X (2014) hingegen bei allen Verbindungsstandards. LTE ist genauso an Board wie WLan ac. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass das Moto X Schwierigkeiten hatte, die Verbindung zu halten oder bei der Signalstärke schwächelte. Anders als z.B. das Lumia 930, das mit seinem Metallrahmen nicht so recht umzugehen weiß und hin und wieder mit der Verbindungsstärke zu kämpfen scheint, kann ich beim Moto X (2014) keinerlei Schwächen erkennen. Anders als beim iPhone 4S oder eben dem Lumia 930 ist der Alumrahmen von sehr vielen (acht an der Zahl) Brücken durchzogen. Ob die das Geheimnis hinter der guten Verbindungsqualität sind?

Zuletzt noch ein Detaillob: Wie auch beim 2013er Model legt Motorola dem 2014er Moto X ein Ladegerät mit zwei (!) USB-Anschlüssen bei. Ich wünschte das wäre Standard. Sehr schön, Motorola!

2.5 Fazit zur Hardware: Fortschritt auf Kosten der Einzigartigkeit

Das erste Moto X war ein unglaublich kompakter und charmanter Überraschungshit. Das Moto X (2014) opfert leider etwas von seiner Einzigartigkeit, um den Anschluss an den Mainstream nicht zu verpassen. So sehr ich die verbesserte Technik schätze, so sehr vermisse ich doch den Mut, den Motorola mit dem 2013er Erstversuch an den Tag gelegt hat. Zu gerne hätte ich beim Moto X (2014) ein ähnlich kompaktes Leistungswunder gesehen.

Stattdessen wirkt das 2014er Moto X sehr erwachsen und reif. Und wie das nun mal beim Älterwerden ist: Die Bereitschaft Risiken einzugehen, nimmt ab. Hinsichtlich der Hardware spielt Motorola beim zweiten Anlauf deutlich mehr auf Sicherheit und läuft hinsichtlich der Hardware Gefahr, im Meer der fünf-komma-irgendwas Androiden unterzugehen. Verhindert wird das Absaufen aber durch die eine oder andere Verneigung vor den eigenen Wurzeln: Die geschwungene Rückseite liegt immer noch sehr angenehm in der Hand. Auch der einfassende Metallrahmen setzt das Gerät jedenfalls hinsichtlich der Haptik positiv von seinem Vorgänger ab und die Möglichkeiten des Moto Maker sind nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal.

3. Software: Was das Moto X (2014) so besonders macht

Das sympathische Auftreten des 2013er Moto X war bei Weitem nicht der alleinige Grund für die wohlwollenden Kritiken. Vor allem die Entscheidung von Motorola, das Betriebssystem fast unverändert von Google zu übernehmen, hat für viel Lob gesorgt. Das damals noch unter der Eigentümerschaft von Google geführte Motorola Unternehmen gehört mittlerweile zwar zum Lenovo Konzern, hat aber in dieser Hinsicht nichts am Erfolgsrezept geändert. Abermals ist das aktuelle Motorola Smartphone die einzige Alternative für diejenigen, die abseits der Nexus-Pfade nach purem Android suchen.

3.1. Der Segen des reinen Android

Diese Entscheidung hat sehr weitreichende Vorteile. Allen voran kann der Nutzer die Vorzüge eines äußert reaktionsschnellen und flüssigen Betriebssystems genießen. Wo Samsung oder LG die Software der eigenen Geräte allzu gern mit allerlei Software-Ballast in die Knie zwingen, steht bei Motorola kein Extraschicht zwischen dem Nutzer und seinem Gerät. Das Resultat ist, dass das Moto X (2014) die gesamte Hardwarepower des Snapdragon 801 und der 2 GB RAM sehr effizient umsetzen kann und das Gerät stets referenzartig schnell reagiert.

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Das Warten auf Android Lollipop 🙂

Der weitere klare Vorteil dieser Politik von Motorola ist die zeitnahe Versorgung mit Updates. Den Erfolg, beim letzten Android-Update (auf Version 4.4.4 „KitKat“) sogar schneller als Google mit seinen Nexus Geräten gewesen zu sein, konnte Motorola dieses Mal zwar nicht wiederholen. Zumindest die Entwickler-Geräte sowie das 2014er Moto G werden aber bereits mit Android 5.0 „Lollipop“ versorgt. Zwar legt auch LG aktuell ein ordentliches Tempo vor, aber immerhin dürfte Motorola in den nächsten Wochen auch die regulären Moto X Geräte mit dem Update versorgt haben, während HTC, Sony und Samsung noch von Monatszeiträumen sprechen. Ich hatte gehofft, dass Motorola noch während meines Testzeitraums mit dem Update beginnen würde. Diese Freude ist mir allerdings nicht vergönnt gewesen, sodass ich nur hoffen kann, dass binnen kürzester Zeit nach Veröffentlichung dieser Review das Warten ein Ende hat.

3.2. Extras 2.0 mit Plan

Bekanntlich setzt Motorola nicht auf völlig unverändertes Android. Wie bereits beim Vorgänger, hat Motorola beim 2014er Moto X eine ganze Reihe an Details eingebaut, die Android sinnvoll erweitern. Diese Extras drehen sich allesamt um intelligente Sensoren und bedienungsfreie Interaktion mit dem Gerät. Anders als beim Vorgänger benötigen diese aber nicht mehr die Vielzahl an seperaten Co-Prozessoren, sondern nutzen die im Snapdragon 801 integrierten Sprach- und Bewegungsprozessoren.

Natürlich wieder an Board ist die Sprachsteuerung, die nun – zur Freude aller Nerds – nicht mehr nur auf „OK, Google“ hört, sondern frei konfiguriert und trainiert werden kann. Von „Computer“ über „Hallo, Jarvis“ bis „Bei der Macht von Greyscull“ ist alles möglich (letzteres ist meine Phrase der Wahl, ich gebe es zu). Das macht die Interaktion nicht nur etwas persönlicher, sondern auch sicherer, da nicht jeder Nutzer den Befehl triggern kann. Auch inhaltlich hat die Sprachsteuerung dazu gelernt und interagiert nun auch mit gewissen Apps wie etwa Whatsapp (Pfui, löscht Whatsapp, kauft Threema!).

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Nerdig: Der Sprachassistent ist jetzt auf jede Phrase trainierbar

Ebenfalls verbessert wurde das Konzept der aktiven Benachrichtigungen im Ruhemodus. Wie bereits beim Vorgänger, registriert das Moto X (2014) über seine Bewegungssensoren, dass es bewegt wird und zeigt auf dem Display eine kleine Vorschau verpasster Nachrichten an. Ergänzt wird diese Technik durch 4 kleine Infrarot-Sensoren um das Display, die erkennen, dass man seine Hand über das Gerät winkt. Das klingt nach einem Detail, aber dieses Winken über das Gerät ging mir innerhalb der Testphase derart in Fleisch und Blut über, dass ich mich dabei erwischt habe, regelmäßig auch über andere Geräte zu winken und mich verdutzt wunderte, dass nichts passierte. Allerdings: Der Bewegungssensor, der das Moto X (2014) eigentlich aufwecken soll, wenn man es in die Hand nimmt, ist teilweise etwas übersensibel. Auf langen (holperigen) Zugfahrten springt das Display alle paar Minuten an, was sehr irritierend ist. Das aktive Display zeigt nun auch nicht mehr nur die letzte Benachrichtigung an, sondern eine Vielzahl, die allesamt im Sperrzustand gelesen werden können.

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Das aktive Display zeigt nun nicht nur die letzte Nachricht an

Schließlich sind auch all die anderen Extras wieder an Board, die situationsabhängig gewisse Funktionen umsetzen. So schaltet das Moto X (2014) auf Wunsch während Terminen das Gerät stumm oder liest während der Autofahrt alle eingehenden Benachrichtigungn laut vor. Diese Extras habe ich persönlich nicht tiefergehend genutzt, da ich mein Handy ohnehin immer lautlos nutze und alle Benachrichtigungen über meine Smartwatch erhalte. Für alle, die regelmäßig peinlich berührt nach dem Handy fummeln, das mitten im Meeting lärmt, kann das aber durchaus von Vorteil sein.

Sehr gut finde ich, dass Motorola all diese Funktionen in der „Moto“ App zusammengefasst und sehr übersichtlich strukturiert hat. Wie bereits beim Vorgänger bekommt man als Nutzer so das Gefühl, dass Motorola gut überlegt hat, welche Extras sinnvoll sind und wie man diese praktisch in das Bedienverhalten der Nutzer integriert.

3.3. Die Software: Gewohnt souverän

Auf der Softwareseite bleibe ich dabei, dass abseits der Nexus-Linie von Google das Moto X erste Wahl ist für all diejenigen, die sich unverändertes, pures Android wünschen. Die von Motorola ergänzten Extras stören das saubere Gesamtbild kein bisschen, sondern sind gut integriert und stehen nach bisheriger Erfahrung auch nicht der Verteilung von Software-Updates im Weg.

Wem Samsungs Touchwiz zu überladen, HTCs Sense zu nüchtern oder Sonys Xperia UI zu altbacken ist, der hat nach wie vor mit Motorola eine sehr attraktive Lösung parat. Diese Taktik des Moto X Herstellers ist nach wie vor einzigartig.

4. Fazit und Wertung zum Moto X (2014)

Meine Review zum Vorgänger habe ich mit der Frage beendet, was ein möglicher Nachfolger noch besser machen kann. Nun ist das Moto X (2014) unter uns und es fällt mir nicht leicht, zu sagen, inwiefern es dem starken Erstling folgen kann. Ganz klar auf der Hand liegt, dass Motorola bei der Software alles richtig gemacht hat. Die Entscheidung, auch beim 2014er Modell den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, ist völlig richtig. Mit der Kombination aus reinem Android, schnellen Updates und sinnvollen Extras allein sollte das Moto X (2014) bereits genug Interesse wecken.

All diese Stärken fanden sich allerdings bereits im Vorgänger, sodass ich Motorola verstehen kann, wenn man dort das Bedürfnis verspürt hat, den Nachfolger äußerlich radikaler aufzurüsten. Für meinen Geschmack ist Motorola bei der Hardware und der Optik dabei leider etwas über das Ziel hinausgeschossen und hat sich mit einem Riesenschritt von dem entfernt, was den Vorgänger so liebenswert machte. Der Schritt zu einem größeren Display macht Sinn und war zu erwarten, aber ein weniger drastischer Flächengewinn hätte den Charme des Vorgänger wohl deutlicher erhalten.

So bleibt das Moto X (2014) zwar immer noch ein sehr elegantes und technisch tadellos ausgestattes Gerät. Es setzt bei der Software auf bekannte Stärken und reiht sich optisch in die Reihe seiner Konkurrenten ein. Wer – wie ich – gehofft hat, dass Motorola ein weiteres Mal kompaktere Pfade beschreiten würde, wurde allerdings enttäuscht. Für mich verliert das 2014er Modell damit eines (!) seiner Alleinstellungsmerkmale. Allerdings wäre das kein Grund für mich, dem Moto X meine kalte Käufer-Schulter zu zeigen. Die übrigen Stärken sind nach wie vor so präsent, dass es für mich keine schwierige Entscheidung sein würde: Abseits der Nexus Geräte führt für mich nichts an Motorola vorbei. Und das ist für einen Hersteller, der vor fast einem Jahr praktisch aus der Wahrnehmung der Käufer verschwunden war, ein gigantischer Erfolg.

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