mac OS: Warum tue ich mir das noch an?

Es ist Zeit, dass ich mit mir ehrlich bin. MacOS ist nicht mehr das, was es einmal war. Macbooks sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Als ich 2012 erstmals zum MacBook griff, bestand die Alternative einzig in Windows 8, das zum damaligen Zeitpunkt noch seinen unrühmlichen Spagat zwischen Desktop und Mobile ausprobierte. Apple hingegen bot das in meinen Augen elegantere, stabilere und nutzerfreundlichere Betriebssystem, das zudem mit damals noch einmalig schicker Hardware kombiniert wurde. Those were the days.

Fünf Jahre und drei Macbooks später sitze ich hier nun, kämpfe mit USB-C, gigantischen Sicherheitslücken und Design-Sackgassen wie der Touchbar. Es hilft alles nichts. Ich kann der Frage nicht mehr entgehen: Warum tue ich mir das eigentlich noch an?

Der Dauerflirt mit Windows 10

Schon in meinem Testbericht zum 2015er MacBook Pro (13 Zoll) habe ich ein bisschen Einblick gegeben in meine Überlegungen zu einem neuen Notebook und einer möglichen Rückkehr zu Windows 10. Die gleichen Überlegungen habe ich auch bei meinem Upgrade auf das 2017er Macbook Pro (ohne Touchbar) und zuletzt dem 12 Zoll Macbook angestellt. Jedes Mal kam ich dem Schritt ein Stückchen näher, in die Windows-Welt zurückzukehren.

Vor allem meine positiven Erfahrungen mit meinem neuen kompakten Gaming-Rechner haben mir gezeigt, dass mir so langsam die Argumente ausgehen, warum ich macOS zwingend bevorzugen müsste. Microsoft hat in den letzten Jahren Beeindruckendes geleistet und Windows 10 sowohl optisch als auch funktional in ein Betriebssystem verwandelt, das sich so flott, frisch und modern anfüllt, wie kaum ein anderes Betriebssystem. Der neue Look trifft meinen nostalgischen Windows Phone Mobile-Nerv, die Anpassungen für hochauflösende Displays haben mächtig Fortschritt gemacht und vor allem gibt es mittlerweile richtig gute schlanke Notebooks, die es optisch fast mit den Macbooks aufnehmen können.

Natürlich hat Windows 10 noch seine Schwächen. Das Backup-Konzept gefällt mir beispielsweise immer noch nicht, das regelmäßige manuelle Aktualisieren von Treibern bleibt ein Ärgernis und so ganz vertraue ich dem Ansatz von Microsoft auch nicht, das Betriebssystem ständig – quasi am offenen Herzen und wachen Patienten – zu renovieren. Aber genauso wenig habe ich Spaß daran, vor jedem Monitorkauf prüfen zu müssen, ob Apple ihn freundlicherweise auch mit 4K und 60 Hz unterstützt oder jedes Jahr aufs Neue aus Angst vor massiven Softwareproblemen das Update auf die neue macOS-Version hinauszuschieben, nur um später dann doch horrende Bugs wie den kürzlich bekannt gewordenen ungeschützten Root-Zugriff mitzuerleben. Und so sehr ich anerkenne, dass Apple derzeit noch immer die hochwertigsten Notebooks baut, so sehr stimme ich mit Marco Arment darin überein, dass das beste Macbook aller Zeiten das 2015er Modell war. Heute bin ich mit dem 2017er 12 Zoll Macbook zwar sehr zufrieden, bin mir der Kompromisse aber jeden Tag bewusst, die ich für den schlanken Formfaktor eingehen muss.

Ich will hier auf keinen Fall das Ende des Macs herbeireden. Das wäre auch vergebliche Mühe, schließlich hat Apple zuletzt so viele davon verkauft, wie lange nicht mehr. Trotzdem ist für mich der Kauf eines Macbooks derzeit so unattraktiv wie lange nicht mehr. Die aktuellen Modelle machen es mir mit ihrer unpraktikablen Portauswahl und der nutzlosen Touchbar fast unmöglich, Bekannten und Freunden zu ihnen zu raten. Stattdessen höre ich mich oft die Empfehlung aussprechen, wenn möglich nach Deals zu den älteren Pro- und Air-Geräten Ausschau zu halten. Das gleiche Gefühl schleicht sich nun zunehmend auch bezüglich macOS selbst ein. Und auch auf die Gefahr hin, ins gleiche Horn wie all die Kritiker zu blasen, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Apple trotz aller gegenteiliger Bekenntnisse für sein Desktop-Betriebssystem selbst nur noch wenig Begeisterung aufbringt. Die Entscheidung zwischen macOS und Windows 10 (und zwischen Macbooks und Windows-Ultrabooks) hat für mich insgesamt den Punkt erreicht, an dem ich ehrlich gesagt nur noch mit den Achseln zucken und sagen kann: Mir gehen die zwingenden Gründe für den Mac langsam aber sicher aus.

Mich hält nur noch wenig bei macOS

Und trotzdem habe ich vor einigen Monaten erneut die Entscheidung für ein aktuelles Macbook getroffen. Während die Antwort auf die Frage nach dem Warum früher ein leidenschaftliches Plädoyer für die Vorteile der Apple Plattform enthalten hätte, sind die ausschlaggebenden Gründe mittlerweile aber auf eine Handvoll zusammengeschrumpft. Im Grunde kann ich mein Festhalten am Mac sogar auf einen einzigen Aspekt reduzieren: Gewöhnung!

Ich bin seit fünf Jahren einfach derart auf meinen Workflow rund um Trackpad-Gesten und Mission Control eingestellt, dass es mir schwer fällt, auf anderen Systemen ähnlich produktiv zu sein. Das nach wie vor unerreichte Backup-Konzept von Time Machine und die meist gute Akkulaufzeit der Macs würde ich auch noch auf der Haben-Seite verbuchen. Und ja, auch einige Anwendungen, allen voran Tweetbot und Pixelmator würden mir bei einem Abschied von der Apple Plattform fehlen. Ich gebe aber zu, die Anzahl der Steine, die derzeit meinen „Verteidigungswall“ gegenüber der Windows 10-Verlockung darstellen, ist weder besonders hoch noch besonders stabil. Ich bin mir fast sicher, dass ich mich mit ein wenig Einübung auch mit den Trackpad-Gesten von Windows 10 anfreunden könnte und dass es sicherlich auch brauchbare Backup-Konzepte für Windows 10 gibt, die es in Sachen Bedienkomfort mit Time Machine aufnehmen können. Wenn ich dann auch noch die immer besser werden Trackpads hochwertiger Windows-Notebooks ansehe und beobachte, wie Microsoft mit der Surface-Reihe auch die Treiber- und Firmware-Pflege vereinfacht, dann bleibt abseits meiner Routine und Vertrautheit mit macOS nur noch wenig übrig. Ich gestehe, die letzten Monate trotz meiner grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem 12 Zoll Macbook immer wieder verfolgt zu haben, was die Testberichte zu den aktuellen Surface, Razer oder LG-Notebooks hergeben.

Entscheidungsjahr 2018

Mein üblicher Update-Zyklus liegt zwar so ungefähr bei drei Jahren, weil ich meine „Altgeräte“ in der Regel ein paar Monate vor Ablauf der Apple Care-Garantie verkaufe. Trotzdem wird für mich das Jahr 2018 in Sachen Mac eine entscheidende Rolle spielen. Einerseits wird das heiß ersehnte Update des lange vernachlässigten Mac Pro erwartet und nicht wenige Stimmen hoffen bereits auf einen Design-Neuanfang  der Macbooks. Wird der Mac Pro den schwindende Rückhalt in der Professional-Community wieder neu beleben? Wird Apple eingestehen, dass die Touchbar sich nicht bewährt hat und zeigen, dass sie für macOS und die Macbooks mehr in der Hinterhand haben, als beide langsam aber sicher zu iOSifizieren? Wird endlich Ordnung ist das verwirrende LineUp aus Macbook, Macbook Air, Macbook Pro (mit und ohne Touchbar) gebracht? Wird es gar einen neuen Mac Mini im Intel NUC Formatfaktor geben? Oder bleibt es bei „mehr Siri“ und „neue Emoji“ für macOS sowie den üblichen Spec-Bumps dank neuer Intel-Chips?

Die Antworten auf diese Fragen dürften für mich ausschlaggebend sein, ob es auch 2020 wieder ein neues Apple Gerät werden wird oder ich nicht lieber zu einem Surface Laptop 3 oder Razer Blade Stealth (2020) greife. Ehrlich gesagt, wünsche ich mir, das Apple die Stärken und die Vorteile seiner Mac-Plattform endlich selbst wiederentdeckt. Derzeit benimmt sich Apple diesbezüglich eher wie das sprichwörtliche Pferd, das nur so hoch springt, wie es muss. Ich würde jedenfalls viel lieber zu einem „MacBook Pro (2020)“  greifen, das all die Stärken der Gegenwart und Vergangenheit mit einem Design der Zukunft vereint, anstatt mich für Windows 10 umgewöhnen zu müssen. Features wie TouchID (oder wohl eher FaceID), Anschlussvielfalt und Rechenpower, die nicht künstlich an Gimmicks wie die Touchbar geknüpft oder größere 15 Zoll Geräte gekoppelt werden, wären da ein Anfang. Egal auch, ob mit einer Rückkehr sinnvoller Details wie den kleinen Aufrollhaken für das Stromkabel, Ladestatus-LEDs oder auch erstmaligen Fähigkeiten wie LTE-Funk (für mich als Pendler sehr interessant): Hauptsache Apple zeigt mir, dass sie für das Macbook mehr planen, als es schleichend in ein iPad Pro mit fest verbauter Tastatur zu verwandeln.

See you in the comments!

 

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