Ganz oder gar nicht: Wird es Zeit, Windows Phone zu beerdigen?
|Das neue Microsoft ist cool. Die aktuellen Produkte und Dienste werden gelobt wie selten zuvor. Auch für mich gibt es wenig Zweifel daran, dass Microsoft seit dem Wechsel in der Chefetage auf einem sehr guten Weg ist. Gerade weil Microsoft sich mittlerweile so flexibel, innovativ und modern zeigt, frage ich mich: Was zum Henker klemmt bei Windows Phone? In dieser neuen strahlenden Microsoft-Welt wirkt Windows Phone wie das ungeliebte Stiefkind. Ich gehe soweit zu fragen: Wird es Zeit, dass Windows Phone einen ehrenvollen Abschied feiert?
Microsoft kann mehr
Wie gesagt: Genau wie viele andere Beobachter der Technikszene bin ich derzeit mehr als beeindruckt von Microsoft. Die XBox One wird dieses Jahr meine XBox 360 als Konsole ablösen, Windows 10 und Geräte wie das Dell XPS sind verlockend wie nie. Zusätzlich zeigt Microsoft derzeit mit einer beeindruckenden Anzahl an Android Apps, dass man es versteht, tolle mobile Anwendungen zu programmieren. Das Projekt HoloLens zeigt, dass die Zeiten des steifen bürokratischen Riesen gezählt scheinen und man bereits seit Jahren an wirklich gewagten Ideen arbeitet. Kurzum: Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass Microsoft die nötige Power, das Brain und das Geld hat, ein großartiges mobiles Betriebssystem aufzubauen und zu pflegen.
Bei jeder neuen guten Nachricht aus Redmod frage ich mich: Warum nur kommt davon so wenig bei Windows Phone an? Microsoft kann es doch augenscheinlich so viel besser? Warum überrascht Microsoft mit tollen neuen Office-Apps für iOS oder mit Tastaturen für Android Wear, schafft es aber auf der anderen Seite nicht, uralte Lücken bei Windows Phone zu stopfen?
Grabesstimmung statt Aufbruchsatmosphäre
Windows Phone gilt seit jeher als Underdog, angetreten, um die hergebrachten Bedienkonzepte auf den Kopf zu stellen und es besser als iOS und Android zu machen. Mit Erfolg: Windows Phone 7 und Windows Phone 8 zeigten der Welt, wie die Zukunft aussieht, und das damals neue Flat-Design gehört heute zu den Grundbestandteilen aller modernen Betriebssysteme.
Es ist aber kein Geheimnis, dass sich Microsoft mittlerweile aktiv von seinen alten Stärken wegbewegt. Aus „Wir machen es besser“ wird „Wir machen es wie alle anderen“. Jüngst hat Paul Thurrott in einem heiß diskutierten Artikel zusammengefasst, wie Microsoft seit Windows Phone 7 alle entscheidenden Stärken einstampft, verwässert und vernachlässigt und urteilte hart über Windows Phone 10, indem er sagte: 5 Jahre später, ein voller Rückzug von allem, was Windows Phone besonders machte. Microsoft sägt aktiv an den letzten Ästen, auf denen die Daseinsberechtigung ihres Betriebssystems ruht. Paul Thurrott selbst beschreibt die aktuelle Atmosphäre mit sehr düsteren Worten und bezeichnet Windows 10 als den finalen Glockenschlag der Beerdigung von Windows Phone.
It appears that the release of Windows 10 this year will be the final death knell for this beloved platform.
– Paul Thurrott
Zuletzt gesellte sich das Ende der „Räume“ zu der Liste der frustrierenden Windows Phone Downgrades. Auch das kurze Aufflammen von Hoffnung um eine mögliche Pebble App verwandelte sich schneller als erwartet in traurige Gewissheit: Während jedes große mobile OS eine Schnittstelle für Bluetooth-Benachrichtigungen hat, setzt Microsoft weiter auf das proprietäre und klobige Microsoft Band. Obendrein beendete Softcard seine Zusammenarbeit mit Windows Phone und diverse amerikanische Großbanken stampfen ihre Banking-Apps ein. Der oben genannte Paul Thurrott nennt diese Nachrichten, die aktuell scheinbar im Wochentakt eintrefen, die „Windows Phone is doomed“-Serie.
Continuing what is quickly becoming a “Windows Phone is doomed” theme, Softcard this week revealed that it will soon “terminate” its Windows Phone tap and pay app.
– Paul Thurrott
Warum ist dieser Kontrast so hoch? Warum scheint alles andere, was Microsoft derzeit anfasst, zu Gold zu werden, während Windows Phone nur mit Minimalaufwand gepflegt wird?
Abschied oder klares Bekenntnis
Der angesprochene Artikel von Paul Thurrott war der vielleicht deutlichste Fausthieb auf den editorialen Tisch, den die Windows Phone Community seit Langem hervorgebracht hat. Nur wenige Tage später veröffentlichte Paul Thurrott allerdings einen Folgeartikel, in dem er pflichtbewusst versicherte: Ja, ich liebe Windows Phone noch. Das ist natürlich nicht kritikwürdig, ganz im Gegenteil. Man soll und darf lieben, was nicht perfekt ist. Genau das macht einen Fan aus: Er steht zu seinem Team, auch wenn es mal schlecht läuft. Die Frage ist aber: Wie kann Thurrott mit Windows 10 den finalen Glockenschlag der Beerdigung von Windows Phone erwarten und es gleichzeitig als die „superior smartphone-choice“ loben?
Die Fans lieben Windows Phone, die Community liebt Windows Phone. Aber wo bleibt das klare Bekenntnis von Microsoft? Ich bin es Leid, die Nutzer für ein Produkt kämpfen zu sehen, das dem Hersteller selbst scheinbar nur noch wenig bedeutet. Wenn ich lese, dass die „Räume“-Funktion mangels Nutzerinteresse gestrichen wurde, dann wirkt das auf mich wie Hohn. Microsoft selbst hat die Räume-Funktion derart gut versteckt, dass selbst Langzeit-Nutzer eher zufällig drüber stolpern. Was ein großartiger Gegenentwurf zu iMessage und Hangouts hätte werden können, wurde unbeachtet liegen gelassen. Nun das Desinteresse der Nutzer zum Anlass zu nehmen, ist frech.
Der Hoffnungsträger bei alledem ist Windows Phone 10. Mit der erhofften Skype-Integration in die Nachrichten-App, neuen Kalender und E-Mail-Anwendungen, neuem Touch-Office und mehr könnte Windows Phone 10 tatsächlich das lang vermisste Signal sein. Das Signal, das zeigt, welchen Platz Windows Phone in der Zukunft von Microsofts mobiler Strategie hat. Allerdings: Was bisher zu sehen war, hat in der Community wenig mehr als milde Zuversicht ausgelöst.
Ich teile die Ansicht der Stimmen aus der WP-Szene, die sagen: Ein charmanter dritter Platz ist völlig ausreichend. Aber das ändert nichts daran, dass der dritte Platz verteidigt werden muss. Und dazu gehört zu allererst ein klares Bekenntnis. Für mich wird Windows Phone 10 die letzte Chance sein, die Microsoft bekommt. All die kreative Energie und die finanzielle Power, die derzeit in Microsoft vereint ist, muss in Windows Phone 10 zur vollen Blüte gebracht werden. Zukäufe wie Accompli oder Sunrise müssen sich auch und vor allem bei Windows Phone 10 auszahlen. Tolle Ideen wie das Analog Keyboard für Android Wear etwa dürfen keine Spielerei für die Konkurrenz bleiben, sondern müssen gerade bei Windows Phone Teil einer großangelegten Strategie für Wearables werden.
Wenn Microsoft das nicht liefert, sondern weiter den Eindruck erweckt, für Windows Phone bleiben nur Anstrengungen zweiter Wahl, dann ist mir ein drastischer Schritt lieber: Das Ende und der Abschied von Windows Phone. Zum jetzigen Zeitpunkt könnte man das Ende der eigenen mobilen Plattform besser verkaufen denn je: Microsoft braucht Windows Phone nicht, um seine Dienste anzubieten. Niemand, der den Vergleich angestellt hat, setzt gutes Office-Erlebnis mit Windows Phone gleich oder braucht eine Lumia Smartphone, um das Maximum aus seiner XBox zu holen. Ich würde das Metro-Design vermissen, ja. Aber mir ist es lieber, Windows Phone bekommt einen würdigen Abschluss, bevor wir es nicht mehr wiedererkennen. Meine Appell an Microsoft: Entweder richtig oder gar nicht.
See you in the comments!
Ich bin Malte, der Chefredakteur hier bei DeathMetalMods.de. Ich bin beruflich als Jurist tätig und lebe in diesem Blog meine Lust an Technik, digitaler Welt und Gadgets aus. Ich schreibe hier die meisten Artikel und organisiere die Arbeiten im Hintergrund. Ihr findet mich auch privat bei Mastodon und Twitter.
Meiner Meinung nach einer deiner schwächsten Artikel und das nicht nur, weil ich absolut nicht deiner Meinung bin. Ich halte deine Argumentation schlicht für unsauber und irreführend:
– Der Inhalt von Thurrotts Artikel wird verzerrt dargestellt. Er argumentiert viel differenzierter und betrachtet die Abkehr von den ursprünglichen Designkonzepten zwar mit Wehmut, aber zu großen Teilen auch als notwendig und folgerichtig, an einer Stelle sogar als „capitulation to common sense.“
– Beim Ende des WP Supports von Softcard unterschlägst du den eigentlichen Grund, nämlich die Übernahme durch Google.
– Die kritisierst, dass die Räume in Windows Phone „versteckt“ gewesen wäre. Das war aber genau das HUB-Konzept, ein zentraler Bestandteil der ursprünglichen WP / Metro Idee, die dir angeblich so heilig ist, dass Windows Phone mit der Abkehr davon seine Existenzberechtigung verliert.
– Das MS Band benutzt keine propriäteren Schnittstellen für Benachrichtigungen, zumindest wäre mir das neu. Pebble unterstützt WP nicht, weil sie Windows/Microsoft hassen. Microsoft hat sich sehr wohl um sie bemüht, und die nötigen Schnittstellen sind alle vorhanden.
– Dass Microsoft sich nicht klar zu Windows Phone bekennt, halte ich mittlerweile für ein Märchen, das manche Leute immer weiter spinnen. Was für eine Art von Bekenntnis soll das sein, das MS schuldig geblieben ist?
– Wenn dir Windows Phone nicht mehr gefällt, benutze es nicht mehr. Aber mit welchem Recht forderst du dann gleich die ganze Plattform einzustampfen?
Du kannst die Dinge bewerten und kommentieren wie du willst und es gibt normalerweise kaum jmd, dessen Kommentare ich mehr schätze als deine. Aber wenn du sagst: mir gefällt die Entwicklung der Plattform nicht, also sollte man sie am besten gleich beerdigen, verlierst du mMn die Tatsache aus den Augen, dass es dabei nicht in erster Linie um Dich geht. Und ich wage mal zu behaupten, dass man sich bei keinem anderen Produkt erlauben würde, ähnliches zu schreiben. Nur WP ist irgendwie zum Abschuss freigegeben und der punching ball der halben Tech-Szene. Aber es gibt immernoch Millionen von Menschen, die Windows Phone gerne nutzen und weiterhin unterstützen und sich auch nicht von der Grabesstimmung anstecken lassen, die manche Kommentatoren gerne verbreiten.
Hallo Königstein,
danke für das ehrliche Feedback, auch wenn ich das – gerade auch von dir – natürlich so nicht gern höre. Ich habe mich mit diesem Artikel seit einer Weile herumgetragen und die jetzige Form ist tatsächlich das Ergebnis etlicher Umformulierungen nach teilweise noch deutlicheren Worten.
Ich muss meine Argumentation aber aufrecht erhalten:
– Gerade dass Thurrott es teilweise auf „common sense“ schiebt, finde ich so unmöglich. Wenn es danach geht, was der gemeine User will, will der zum Großteil ja nichtmal WP. Die „Massentauglichkeits-Karte“ zu ziehen, ist bei WP8 sehr gefährlich. Vor allem aber ist es falsch. Der bisher nicht einsetzende Erfolg von WP8 wird jedenfalls zu 99 % nicht an den Hubs liegen, die viele User gern genutzt haben, sondern an den fehlenden Apps.
– Ich sehe auch keinen Grund dafür, dass MS die Hubs verstecken musste. Die Tatsache, dass das gleichzeitige Versenden von SMS und MSN Nachrichten nie deutlich beworben und erklärt wurde, ist und bleibt für mich eine der größten Unterlassungssünden von Seiten MS.
– Das MS Band nutzt tatsächlich proprietäre Schnittstellen. Aus diesem Grund gibt es keine offizielle Pebble App. MS musste die App selbst schreiben, weil man Pebble nicht Zugang zu der tief im System integrierten Schnittstelle geben wollte. Das Pebble keine Lust hat, sich mit der App von MS abhängig zu machen, kann ich gut verstehen. MS hat bisher nicht gerade geglänzt, wenn es darum geht, mit den selbstgeschriebenen Apps mit der Entwicklung der entsprechenden Dienste Schritt zu halten. Pebble selbst hat deutlich gemacht, dass man sich dort einen offeneren Umgang mit Smartwatch-APIs wünscht.
– Mir ist es im Gegenzug völlig rätselhaft, wie man den aktuellen Zustand von WP noch mit einem klaren Bekenntnis von MS vereinbaren kann. Natürlich warten wir alle WP10 ab, aber angesichts der vielen brachliegenden Chancen, die MS seit Jahren nicht angeht, will es mir nicht in den Kopf. WP hat – so mein Eindruck – sehr nierige Priorität bei MS.
– Ich fordere nicht, WP einzustampfen. Ganz im Gegenteil: Vor einer Technikwelt ohne WP graust mir. Ich appeliere ja vielmehr an MS, WP nicht selbst einzustampfen. Genau das tun sie aber, indem sie zwar den Namen behalten, aber die Essenz von WP mehr und mehr verwässern. Was am Ende übrig bleibt, mag noch WP heißen, hat aber mit dem, was wir alle seit WP7 so lieben, wenig zu tun. Und dann muss ich auch nicht mehr fordern, dass man WP abschafft … das macht MS mit jeder Angleichung an Android und iOS ja eben selbst. In dem Sinne gibt MS WP eben nur selbst zum „Abschuss frei“ und jeder Hersteller, der derart halbherzig hinter seinem Produkt zu stehen scheint, muss sich die Frage stellen lassen, warum man es denn überhaupt tut.
Aber natürlich ist mir klar, dass sowohl Überschrift als auch der Appell sehr drastisch sind. Ich halte diese Extrempositionen aber für notwendig. Die Millionen User, die Windows Phone nutzen, haben nunmal leider von mal zu mal weniger Grund, in Zukunft nicht zu Android usw zu greifen, von von WP nicht mehr übrig ist, als ein Kachel-Launcher.
Ich habe bisher zwei Versuche in die Windows Phone Welt unternommen. Einmal mit dem Lumia 520 + vor kurzem mit dem Lumia 535.
Der Hauptgrund für meine Rückkehr zu Android: App Gap + die mangelhafte Kontaktsynchronisierung mit Google (E-Mail Adressen und Rufnummern werden teilweise nicht übernommen). Beim L535 kam der Touchscreen „Bug“ voll zum tragen, auch nach Updates.
Die grundsätzliche Hardware fand ich immer gut. Die Geräte sind preiswert, teilweise sogar billig + es gibt sogar diverse Farben + tolles Zubehör.. Daran kann der Misserfolg von Windows Phone schonmal nicht liegen.
Die meisten Menschen kennen Windows schon von Ihren Computern privat + beruflich – eigentlich allerbeste Voraussetzungen für Windows Phone.
Der App-Gap trifft mich persönlich sehr. Von geschätzten 100 Android-Apps finde ich die allerwenigsten auf Windows Phoe. Selbst wenn ich Sie finde, ist der Leistungsumfang oft erschreckend scheiße. Drittanbieterapps? Wenn es keine Fakes sind war ich bei meinen Tests auch wenig begeistert davon.
Das Microsoft viele Apps auf auf andere Systeme, dort gerne auch zuerst bringt ist vielleicht der deutlichste Punkt, wo Microsoft sich selber in den Rücken fällt.
Aber das bin nur ich. In „der Windows Phone Comunity“ wird immer gesagt, es reiche für Standardanwender und Einsteiger. Gut. Nehmen wir an, dass das stimmt.
Warum kauft dann trotzdem fast keiner Windows Phones?
Die Techpresse schreibt schlecht? Liest kaum ein Einsteiger/Anfänger.
Die bösen Elektromärkte bieten es nicht an? Sorry. Die Dinger sind dermaßen preisgünstig, das durfte den meisten suchenden Kunden selber auffallen.
Es wird sogar fast überall heftigst geworben oder die Geräte in Sonderaktionen *noch* billiger als ohnehin schon verramscht.
Woran liegsts also?
Naja, immerhin hat der Artikel mich auf- und eine Diskussion angeregt, was ja auch ein Qualitätsmerkmal ist. 🙂
Ich glaube auch, dass Übertreibung und Provokation legitime Stilmittel sind.
Mich hat aber geärgert, dass du die Deutungshoheit darüber beanspruchst, was Windows Phone ist, und der Plattform dann die Existenzberechtigung absprechen willst, wenn sie dieser Vorstellung nicht mehr genügt. Und auch wenn es wahrscheinlich nicht so gemeint ist, finde ich das ziemlich respektlos gegenüber den Millionen von Windows Phone Usern, die die Plattform immernoch mögen und gerne selbst entscheiden wollen, ob sie sie weiternutzen oder nicht. Überhaupt finde ich, dass der Kritiker/Kommentator mit Urteilen à la „macht den Laden am besten gleich dicht“ seine Grenzen überschreitet.
Natürlich geht es auch um „Massenkompatibilität“. Ich glaube, was Thurrott verstanden hat, du aber gerne vergisst, ist, dass es hier nicht in erster Linie um User wie Dich geht. Du bist technisch versiert, dir macht es Spaß dich in ein System einzuarbeiten und du mochtest das alte Windows Phone als schicken Exoten neben deinen iPhones und Android Geräten. Um zu überleben muss WP aber bei Kunden, die nicht so viel Ahnung haben, keine Geduld sich in neue Bedienkonzepte einzuarbeiten und die größtenteils mit Android und iOS aufgewachsen sind. Und dieser Durchschnitts-Kunde hat das WP 7, das wir damals geliebt haben, nicht verstanden, nicht gewollt und nicht gekauft. Deshalb muss sich WP ein Stück weit anpassen, wenn es nicht in Schönheit sterben will.
Natürlich spielt auch das Thema „Apps“ eine entscheidende Rolle. Aber das ist wieder so ein Thema, bei dem Microsoft für dich immer der Dumme ist, egal was sie tun. Wenn die Apps fehlen, beschwerst du dich über den App-Gap. Wenn Microsoft es den Entwicklern leichter machen will, ihre Apps für WP zu portieren, beschwerst du dich über den „Identity Gap“. Aber auch Apps kommen letztendlich nur über Marktanteile und Marktanteile kommen über „Massenkompatibilität“.
Deine Idee ist stattdessen irgendwie, dass Microsoft sich nur klarer zu Windows Phone „bekennen“ und vermutlich mehr mit den Geldscheinen wedeln müsste und dann wären alle Probleme gelöst. Aber so einfach ist das nicht. Immer mit dem Finger auf Microsoft zu zeigen und zu sagen: die sind schuld, die machen nicht genug, die interessieren sich nicht für WP, halte ich für zu billig.
Hallo Königstein,
wenn mein Artikel zur Diskussion anregt, ist schon viel gewonnen, ja. Aber ich würde mich falsch verstanden fühlen, wenn der Eindruck entsteht, ich wollte nur provozieren. Nein, ich stehe auch hinter dem (drastisch verpackten) Inhalt.
Ich kann nur betonen, wie falsch und wenig überzeigend ich das Argument „Massentauglichkeit“ finde. Microsoft hat Skype im selben Jahr gekauft wie Apple iMessage eingeführt hat (2011). Seitdem hat Apple das iMessage-Ökosystem immens ausgebaut, während MS bis WP10 rein garnix mit Skype und mobilem OS anzufangen wusste. Genauso Softcard: Es hat bis ins letzte Jahr gedauert, dass Microsoft Softcard (damals ISIS) in bestimmten Netzen unterstützt hat. In Europa ist bis auf einen französischen Provider bis heute niemand dabei. In beiden Fällen war es nicht der User, der nach irgendeiner Form von „Massentauglichkeit“ gerufen hat, sondern MS, das in Sachen WP eine Lethargie sondergleichen an den Tag legt. Dass jetzt Google die Gunst der Stunde ergreift und mit blick auf sein Android beim Thema „mobiles Bezahlen“ aufrüstet ist sicher kein Angriff gegen MS, sondern nur ein Zeichen, wie träge MS bei WP immer noch ist. Besonders viel Widerstand gegen den Abkauf von Softcard habe ich von MS jedenfalls nicht wahrgenommen.
Wer jetzt sagt, dass WP mehr wie iOS oder Android werden muss, der sagt im Grunde: Microsoft hat so viele totsichere Chancen vergeben, der Konkurrenz zuvor zu kommen, dass jetzt keine Wahl bleibt als es ihr nachzumachen.
Mein Nutzerverhalten ist ja im Grunde das, was der Markt und die Käufer jeden Tag erleben: Ich überlege morgens: Greife ich zu iOS, Android oder Windows Phone. Genau das überlegt der Käufer ja auch. Ich halte die Tatsache, dass WP für mich momentan ein liebevolles Hobby ist, daher nicht für eine Schwäche, sondern für eine Stärke. WP ist für mich kein Exot, sondern optisch das Beste, was die mobile Welt derzeit zu bieten hat. Ein Geniestreich beim Design allein reicht aber nicht mehr.
Ich kann natürlich auch nicht genau sagen, wie ein klares Bekenntnis von MS aussehen müsste. Dazu ist mir und wrschl. MS einfach nicht klar genug, was man mit WP eigentlich vorhat. Aber es wäre ein Anfang, wenn sich die Verantwortlichen nicht nur hier und da bei Twitter melden oder zufällig in chinesischen Blogs zitiert werden. Die vor Monaten angekündigte Offensive gegen Fake-Apps im Store ist bsp. sang- und klanglos und vor allem kommentarlos verebbt. Diese und andere Brachlandschaften machen es auch Entwicklern sehr schwer, sich auf WP einzulassen und genau da sehe ich nach wie vor die Verantwortung von MS: Ich habe nicht das Gefühl, dass man tut was man kann, sondern nur das, was gerade notwendig ist, um nicht gänzlich zu verschwinden. Und DA stellt sich mir – wie ich finde zu Recht – die Frage, wie ernst man es tatsächlich meint…
Wie gesagt: WP hat Potential wie kein anderes System. Das erkennst du, das erkenne viele andere, das erkenne ich: Aber MS scheint das Potential nicht zu sehen. Diese Ignoranz bei denen, die sich der Stärken am Ehesten bewusst sein sollten, macht mich manchmal rasend. Ich hoffe aber natürlich trotz allem, dass WP10 ein wahrer Hit wird und vor allem auch noch Windows Phone ist, nicht nur Android mit einem Kachel-Launcher (das habe ich nämlich schon).
Ein interessanter Artikel. Und in den Kommentaren dazu hat jeder so seine eigene, subjektive Meinung zum Thema.
Meine lautet wie folgt: Microsoft ist das Kind in der Schule, was von allen gehänselt wird. Niemand will mit ihm spielen (App Gap) und klaut sein Mittagsgeld (Marktanteile). Und in der Pause wird das Kind verprügelt. Dadurch leiden die Noten natürlich immens (die Weiterentwicklung des OS, Dienste, Ideen), weil es gar nicht so recht weiß, wie es überhaupt etwas anpacken soll und sich lieber bedeckt hält.
Was hilft, ist erwachsen werden. Doch solange es das noch nicht ist, werden es die Freunde schwer mit dem Kind haben.
Ja: Auch wenn MSFT natürlich kein Kind mehr ist, und viel Erfahrung sammeln durfte, benimmt sich der Konzern in meinen Augen so.