(Update) Apple zwischen Garantie und Gewährleistung

AppleCare HeaderAuf Apple zu schimpfen, gehört in einigen Kreisen ja zum guten Ton. Einer der Hauptkritikpunkte ist dabei oft auch der Preis. Beschwerden wie „Das kostet bei Android die Hälfte“ oder „Da zahlt man doch nur für den Apfel“ bereichern jede Diskussion über Smartphones. Nicht selten kommt dann auch das Thema Apple Care Protection Plan (ACPP) auf den Tisch: Apples teure „Ergänzungsversicherung“. Meist gehen dabei aber schnell alle Fakten über Bord und es wird weder zwischen Garantie und Gewährleistung noch zwischen ACPP und ACPP+ unterschieden. Wer Ordnung in dieses Chaos bringen möchte, ist hier richtig.

Apple Care Protection Plan: Klassik und Plus

Bevor ich mich in tieferes juristisches Fahrwasser wage, kurz eine Erklärung zum Apple Care Protection Plan (ACPP). Diese Extraversicherung kann man seit Langem erwerben. Im Grunde besteht der ACPP nur aus einer Papp-Box, in der ein Code geliefert wird. Diesen Code gibt man online bei Apple für ein Gerät ein und schon verlängert sich die normale einjährige Garantie um ein weiteres Jahr (iOS-Geräte) oder zwei weitere Jahre (Macs). Dieser Extrazeitraum wird immer an die bestehende Jahresgarantie rangehängt, es ist also völlig egal, wann man den Code einlöst: Hauptsache man löst ihn innerhalb des ersten Jahres ein. Defekte an der Hardware sowie der sonst nur 90-tägige Telefonsupport sind dann bis 2 (3) Jahre nach Kaufdatum abgedeckt.

Neu ist seit einiger Zeit der ACPP „Plus“, der zusätzlich noch in gewissem Maße die eigene Tollpatschigkeit absichert. Wer die (noch) teurere Plus-Variante wählt, kommt nicht nur in den Genuss der verlängerten Garantie, sondern ist darüber hinaus auch gegen (2 Fälle pro Jahr) unabsichtliche, aber selbstverursachte Schäden abgesichert. Der Haken: den ACPP Plus kann man nur innerhalb von 30 Tagen nach Kauf abschließen und bei jedem Schaden wird eine Pauschale von 69 € fällig. Das heißt: Wer sein Handy fallen lässt, bekommt zweimal im Jahr für 69 € pro Fall ein neues Gerät. Das ist immer noch deutlich günstiger, als ein neues Gerät zu kaufen. Der normale ACPP, also die Verlängerung der Garantie, ist in der Plus Variante inklusive.

Garantie und Gewährleistung: An wen wenden?

Was genau ist dieser ACPP aber nun eigentlich? Und ist das nicht alles Betrug, weil in Deutschland bzw. der EU ohnehin 2 Jahre lang bestimmte Mängelbeseitigungsrechte bestehen? Zur Beantwortung dieser Frage erlaube ich mir kurz folgenden Exkurs, um den Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie zu erklären.

Die Garantie ist eine freiwillige Leistung der Herstellers, der für eine von ihm frei wählbare Zeit verspricht, dass ein Produkt frei von bestimmten Fehlern ist und bleibt. Diese Garantie gibt Apple für 1 Jahr und bietet darüber hinaus zur Verlängerung den bereits erklärten „Apple Care Protection Plan“ an. Weist ein Gerät in diesem Zeitraum einen Fehler auf, wird dieser gemäß der Garantie beseitigt, ohne dass es darauf ankommt, wann der Fehler zum ersten Mal aufgetreten ist. Diese Garantie ist freiwillig, weder gesetzlich vorgeschrieben und es gibt auch keine zeitlichen Vorgaben über ihre Dauer.

Etwas völlig anderes ist hingegen die Gewährleistung. Die Gewährleistung greift immer nur gegenüber dem Verkäufer und ist gegenüber Privatpersonen nicht einschränkbar. Seit 2002 gilt in Deutschland als Umsetzung einer europäischen Richtlinie eine zweijährige Gewährleistungspflicht, während der der Käufer von dem Verkäufer Mängelbeseitigung verlangen kann. Der Haken: Die Gewährleistung greift nur bei Mängeln, die bei Übergabe der Sache schon vorlagen. Der Käufer muss daher bei einem Hardwarefehler nach z.B. 9 Monaten beweisen, dass dieser Fehler auf einem Problem beruht, dass bereits bei Übergabe vorlag. Dass dies in vielen Fällen nicht gelingen wird, dürfte einleuchten und vermutlich auch bei vielen Käufern schon für Verdruss gesorgt haben. Um hier eine gewisse Entlastung zu gewähren, gilt zum Schutz der Verbraucher innerhalb der ersten 6 Monate nach der Übergabe, dass der Verkäufer beweisen muss, dass der Mangel nicht bei Übergabe vorlag. Gelingt dem Verkäufer dies nicht, wird zugunsten des Käufers vermutet, dass der Mangel schon bei Übergabe vorlag. In den restlichen 18 Monaten bleibt aber der Käufer in der Beweispflicht. Natürlich kann auch Apple selbst der Verkäufer sein. Dann muss Apple sowohl die Rechte aus Garantie als auch aus der Gewährleistung beachten.

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In diesem Zusammenhang kommt oft noch eine weitere Frage auf: An wen wendet man sich eigentlich am besten, wenn das Apple-Gerät einen Defekt hat? An den Verkäufer? An der Provider? An Apple direkt? Und was, wenn alle auf den anderen verweisen? Die Antwort ist eigentlich einfach, wenn man den Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung verstanden hat. Die Garantie gibt Apple: Will man also Rechte aus der Garantie (auch aus dem ACPP) geltend machen, dann ab zu Apple. Will man Rechte aus der Gewährleistung geltend machen, dann geht’s zum Verkäufer, also an den Einzelhandel oder den Provider, der das Gerät verkauft hat. Oder noch einfacher: Solange das Gerät von der Garantie gedeckt ist, immer zu Apple gehen!

Streit mit der EU und rätselhafte Kulanz

Im Grunde ist das alles nicht weiter wild. Trotzdem scheint Apple selbst seine Probleme mit der Unterscheidung zu haben. Jedenfalls war der Konzern in seinen Hinweisen lange derart ungenau, dass die europäische Kommission sich veranlasst sah, rechtlich gegen Apple vorzugehen. Der Vorwurf: Die Werbung für die einjährige Garantie und die kostenpflichtige Verlängerung wurde derart prominent plaziert, dass die Infos über die Gewährleistung dadurch fast verdrängt wurden. Bei den Käufern, so die Kommission, soll dadurch der Eindruck entstanden sein, dass neben der einjährigen Garantie keine Ansprüche bestehen.

Das Ende vom Lied war, dass Apple seine Hinweise auf die Garantie für EU-Kunden deutlicher formulieren musste und jetzt auf einer extra Unterseite auf die Unterschiede zwischen Garantie und Gewährleistung hinweist.

Bevor ich diesen Beitrag mit meinem Fazit abschließe, noch der Hinweis auf ein Kuriosum. Im Juni letzten Jahres berichtete iFun über scheinbar noch weitergehende Änderungen an den Garantiebedingungen. Der Bericht sprach davon, dass Apple „nachvollziehbare“ Defekte auch a) nach Ende der Garantie und b) ohne die Beweispflicht des Käufers zu prüfen, anerkennt. Es geht dabei also im Grunde um eine Kulanz-Selbstverpflichtung für so Klassiker, wie einen defekten Home-Button. Genaueres habe ich dazu bisher aber nicht in Erfahrung bringen können.

Meine Meinung und Erfahrungen

Nach all den Infos: Lohnt sich Apple Care? Ich meine: Jein!

Ich schließe in der Regel auf alle Geräte Apple Care ab. Allerdings warte ich damit meist bis zum Ende der einjährigen Garantie, weil ich nicht alle Geräte so langfristig nutze. Mein iPhone 5 war zum Beispiel abgedeckt. Meine Erfahrungen mit dem Support waren bisher absolut erstklassig. Selbst bei kleinsten Mängeln hatte ich dank ACPP innerhalb von wenigen Tagen ein Ersatzgerät, ohne dass ich das defekte Smartphone vorher wegschicken musste. Ich kaufe den ACPP allerdings nie zum Apple Vollpreis, sondern warte gute Angebote ab – dafür ist schließlich ein Jahr Zeit.

Trotzdem kann ich die Kritik verstehen. Zum einen ist ein Hersteller, der keine oder nur eine kurze Garantie bietet, schon verdächtig. Wer an sein Produkt glaubt, garantiert dessen Funktionsfähigkeit doch nicht nur für ein Jahr?! Zum anderen bietet auch die Konkurrenz regelmäßig von Haus aus mehr. Sony bietet für das Xperia Z1 Compact oder Asus für das Nexus 7 beispielsweise direkt 2 Jahre Garantie. Wie auch beim Zubehör verdient sich Apple also ohne Zweifel eine goldene Nase an einer Leistung, die man mit gewissem Recht durchaus als selbstverständlich bezeichnen kann. Das darf man kritisieren, keine Frage. Aber immerhin bekommt man meiner Erfahrung nach auch guten Service dafür.

Update (12.01.2015): Erneuter Gegenwind für Apples Garantiebedingungen

Apple scheint weiterhin große Probleme mit der europäischen Gewährleistung zu haben. Die Verbraucherschützer des Bundes haben wieder einmal gegen die Formulierungen in Apples Garantiebedingungen geklagt. Das Urteil des Berliner Gerichts erging bereits im November 2014 und die Richter haben prompt über ein dutzend Mängel gefunden.

In der Technikszene regt man sich immer gern über Apples überteuertes Geschäftsmodell auf, das vermeintlich mehr Schein als Sein verkauft. Es sieht so aus, als würden die Richter das ähnlich sehen. Ein Detail des Urteils ist mir dabei besonders aufgefallen, weshalb ich meinen Artikel aus dem Sommer 2014 noch einmal aktualiseren möchte:

Apple verkauft laut Urteilsspruch „Lifestyle“-Produkte. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu. Dass sie in dieser Deutlichkeit jetzt gerichtlich geäußert wurde, ist für die mobile Technikszene aber doch sehr ungewöhnlich. Ob die Richter Ähnliches über die Geräte von Samsung oder Nokia sagen würden? Das Entscheidende daran ist nämlich, dass die Richter meinen, Apple könne die Haftung für „Macken und Dellen“ nicht ausschließen. Denn, so das Gericht, Apple-Käufer legten eben besonderen Wert auf die optische Qualität ihrer Smartphones. Das klingt fast, als wolle das Gericht die „Oberflächlichkeit“ der Apple-Käufer nun offiziell feststellen. Ich frage mich: Wäre Samsung mit einer entsprechenden Klausel davon gekommen, weil deren Käufer gewohnt seien, langweilige Plastikgeräte zu erhalten? Oder muss der Käufer eines Motorola-Geräts damit leben, dass die dortige Garantie bei hässlichen Spaltmaßen nicht greift?

Die Antwort darauf wird es wohl nie geben. Auch das Verfahren gegen die deutsche Apple-Niederlassung wird wahrscheinlich nicht weitergeführt werden. Apple hat seine Bedingungen bereits kurz nach Klageerhebung angepasst. Aber vielleicht scheitern die Apple-Juristen ja erneut und wir erleben eine neue Runde in Apples Ringen um möglichst minimale Festlegungen. Auch diese Ergänzung meines Artikels kann ich fairerweise aber nur wieder mit dem Hinweis schließen: Ein halbes Jahr nach meinem ursprünglichen Artikel hat sich mein sehr positiver Eindruck von Apples Support nicht verändert. Und letztlich ist ein guter Support in der Praxis natürlich das Entscheidende, selbst wenn laut Papier weniger versprochen war.

Wie sind eure Erfahrungen mit Apples Garantie oder dem Hin und Her zwischen Gewährleistung und Garantiegeber? See you in the comments!

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