Das iPhone 4S im Jahr 2019: Ein Selbstversuch

Vor fünf Jahren habe ich gebloggt, warum ich mein (damals) brandneues iPhone 5 gegen ein iPhone 4S getauscht habe. Für mich ist und war das 4/4S einfach der Inbegriff des klassischen iPhone-Designs und es repräsentiert für mich den absoluten Gipfel von Apples Schaffenskunst. Das war 2014 so und das sage ich ausdrücklich auch heute noch in Anbetracht der aktuelleren Geräte aus der X- und XS-Generation. Ich glaube auch, dass Apple sich dessen bewusst ist, wenn ich mir ansehe, wie das neue iPad Pro mit dem kantigen Look des Designs aus der iPhone 4 – 5S Ära flirtet. Das ist auch den Kolleginnen bei 9to5mac aufgefallen.

Heute, fünf Jahre nach besagtem Blogbeitrag, hat sich meine Wertschätzung für das iPhone 4S nicht verringert. So kam ich auf die Idee für einen Selbstversuch: Kann man mit dem iPhone 4S eigentlich im Jahr 2019 noch sinnvoll am digitalen Leben teilnehmen? Also habe ich mir bei eBay ein gebrauchtes 4S besorgt, meine SIM-Karte reingesteckt und losgelegt. Das Ergebnis dieses Selbstversuchs lest ihr nun in diesem Beitrag.

Wie hat sich das 4S gehalten?

Das iPhone 4S fällt mittlerweile natürlich rein optisch sehr aus der Zeit. Vor allem das nur 3,5 Zoll große Display wirkt heutzutage fast lächerlich klein. Auch der große 30-PIN-Anschluss erinnert an längst vergangene Zeiten und ein TouchID Homebutton ist dem 4S in der Zwischenzeit auch nicht gewachsen. Das übrige Design hingegen hat es nach wie vor in sich: Das hochwertige, fast brachial-schwere Gefühl des Glas-Stahl-Sandwichs überzeugt mich jedenfalls noch genauso wie damals, sowohl haptisch als auch in Sachen Design. Das 4S war damals übrigens das erste iPhone, das von Tim Cook präsentiert wurde. Steve Jobs starb kurz nach der Veröffentlichung.

In Sachen Software sieht es leider etwas durchwachsener aus: Das letzte offizielle Update für das iPhone 4S war iOS 9.3.5 im Sommer 2016. Vorgestellt wurde das 4S im Oktober 2011 mit iOS 5. Damit hat Apple das 4S für fünf Jahre mit Updates versorgt. Zum Vergleich: Das ebenfalls 2011 veröffentlichte Samsung Galaxy S II erhielt lediglich bis März 2013 Updates.

Mit iOS 9 hielten zB noch Night Shift, eine Suchfunktion in den Einstellungen oder ein kleiner Zurück-Button für den schnellen Wechsel zur vorherigen App Einzug. Die ebenfalls mit iOS 9 eingeführte Unterstützung für Adblocker fehlt dem iPhone 4S mangels 64-Bit Chip leider. Die Updates für Maps und iMessage sowie den neuen Sperrbildschirm in iOS 10 hat das 4S leider auch nicht mehr erhalten. Der Dateimanager oder der integrierte QR-Scanner (iOS 11) sowie gruppierte Benachrichtigungen und Siri Shortcuts (iOS 12) fehlen dem iPhone 4S ebenso. Das kommende iOS 13 samt Dark Mode wird es natürlich auch nicht bekommen. Mangels kompatibler Hardware kann das iPhone 4S obendrein kein Airdrop (iOS 7).

Einsatz und Performance im Alltag

Wie lebt es sich also mit einem 4S im Jahr 2019? Um das Ergebnis meines Experiments vorweg zu nehmen: Nicht gut. Bei aller Nostalgie und Freude am Klassiker wurde mir doch bereits am zweiten Tag klar: Eine ganze Woche lang würde ich damit nicht klarkommen.

Das lag vor allem an zwei Dingen: Erstens ist das 4S mit iOS 9 wirklich weit weg von einem angenehmen Bedienerlebnis. Das gesamte System ist langsam, träge und reaktionsarm. Tastatureingaben werden verzögert umgesetzt, Apps brauchen ewig zum Starten und die gesamte Bedienoberfläche zieht sich wie Kaugummi. Die mit iOS 9.2.1 auch extra für ältere Geräte versprochenen Performance-Verbesserungen haben da wenig geholfen. Das Gerät ist zwar keineswegs unbenutztbar, aber man merkt eben doch, dass es auch Apple schwer fällt, ein Betriebssystem gleichermaßen flüssig für das 4S mit 512 GB RAM und 1 GHz Dual Core Prozessor zu entwickeln wie für das mit 2 GB und irre schnellem Apple A7 Chip ausgestattete iPhone 6S, das mit iOS 9 ausgeliefert wurde.

Zweitens laufen eben auch nicht mehr alle Apps mit iOS 9. Beim Herunterladen meiner üblichen Anwendungen bekam ich jedenfalls reihenweise Meldungen, dass die App nicht mehr mit meinem iPhone kompatibel ist. Meist wird mir dann zwar eine ältere (kompatible) Version der App zum Download angeboten, aber das sind eben nicht die aktuellen Apps und hier und da fehlen dann neue Funktionen, wie zB Nachrichten-Vorschau in Push-Benachrichtigungen bei Threema (benötigt iOS 10).

Selbst wenn die Apps aber laufen (oder man mit den älteren Versionen arbeiten kann), sind der Großteil mindestens für das 4 Zoll Display der iPhones 5 (und neuer) oder direkt für die noch größeren Displays ab dem iPhone 6 ausgelegt. Twitter auf dem 3,5 Toll iPhone 4S ist so beispielsweise nur schwer nutzbar. Das halbe Display wird durch die Tastatur verdeckt und der 280 Zeichen Tweet wird nicht einmal vollständig angezeigt, weil der Platz nicht reicht. Die gesamte Nutzung ist einfach sehr beengt.

Meine Schlussfolgerungen

Abgesehen von dem konkreten Experiment hat der Selbstversuch noch weitere Erkenntnisse gebracht. Konkret ist das 4S – so kultig und schick es ist – im Jahr 2019 für mich definitiv kein alltagstaugliches Gerät mehr. Genügsamere Nutzerinnen mögen das anders sehen. Ich tue mich aber sogar schwer damit, es nur als Spotify-Player beim Sport oder Hörbuch-Player im Auto nutzen, um ehrlich zu sein.

Das Experiment hat mir aber auch gezeigt, dass mein Lob für Apples Updatepolitik in der Tat ein bisschen zwiespältig ist. Zwar hat das 4S fünf Jahre Updates bekommen und schlägt damit sogar den garantierten Zeitraum, den Google noch heute für seine nagelneuen Pixel Smartphones verspricht. Aber Updates allein sind natürlich wenig wert, wenn man im Ergebnis nach fünf Jahren mit einem Smartphone dasteht, das sich kaum noch komfortabel nutzen lässt.

Ich meine im Ergebnis dennoch, dass Apple es besser als die Konkurrenz macht. Erstens deshalb, weil die Entwicklung der Leistung von Smartphones Chips seit 2011 wahnsinnige Fortschritt gemacht hat. Die nun vier Jahre alten iPhone 6S oder iPhone SE laufen mit iOS 12 aktuell zum Beispiel noch richtig flott. Hier trägt Apples Updatepolitik wirklich gute Früchte während das ebenfalls 2016 vorgestellte Galaxy S6 schon 2018 kein Android 8 „Oreo“ mehr erhielt.

Und zweitens spendiert Apple allen iPhone 4S Besitzerinnen noch einen Ausweg: Derzeit kann man mithilfe von iTunes das 4S nämlich noch auf iOS 6 downgraden. So löst man jedenfalls das Performance-Problem. Das Downgrade habe ich aus nostalgischen Gründe jetzt auch noch durchgeführt und werde das iPhone 4S so als reines Erinnerungsstück behalten.

7 Kommentare

Artikel kommentieren

Dein Kommentar wird in der Regel sofort veröffentlicht. Bei erhöhtem Spam-Aufkommen kann es aber zu Verzögerungen kommen. Hab dann bitte einfach Geduld. Zur Erkennung von Spam verwendet das Blog ein Plugin, das den Inhalt des Kommentars, seine Uhrzeit sowie einige weitere Daten, wie zB enthaltene URLs, berücksichtigt. Bitte beachte deshalb die Datenschutzhinweise zur Kommentarfunktion.

Notwendige Felder sind mit * markiert.