Microsoft, Samsung & Co: Meine Meinung zu den bisherigen IFA Neuheiten

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Die IFA beginnt für Besucher zwar offiziell erst morgen, aber wie immer haben sich die großen Technikhersteller bereits im Vorfeld mit eigenen Pressekonferenzen Gehör verschafft. Die für mich interessanten Einzelveranstaltungen waren am gestrigen Mittwoch die Keynotes von Sony und Samsung sowie am heutigen Donnerstag das Presseevent von Microsoft. Daneben habe ich ebenfalls gespannt verfolgt, wie schnell sich erste Einblicke in die neuen Smartwatches von Asus und LG ergeben. Nun sind die meisten Katzen aus dem Sack und ich wage mich an eine erste Stellungnahme.

Samsung: Note 4 und krumme Sachen

Ich fang einfach mal mit Samsung an, die bereits im Vorfeld kein Geheimnis daraus gemacht haben, dass sie vor allem die vierte Version ihres (damals überraschend) erfolgreichen Phablets Galaxy Note veröffentlichen würden. So kam es dann auch und im Rahmen seines Unpacked 2 Event (Live Stream bei YouTube) hat Samsung das Note 4 vorgestellt: Ein 5,7 Phablet mit QuadHD Display, Rechenpower bis unters Dach und endlich einem teilweise aus Metall bestehenden Gehäuse.

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Dezentes Upgrade des Referenz-Phablets: Galaxy Note 4

Wer meinen Blog verfolgt, der wird bemerkt haben, dass ich nicht gerade ein großer Phablet Fan bin. Bereits beim LG G3 (hier gehts zum Review) und dem Oneplus One (Review) habe ich klar gesagt, dass bei 5 Zoll im Grunde bei mir Schluss ist. Das ändert nichts daran, dass die allgemeine Käuferschaft einen Mehrwert in dem extra Platz zu finden scheint. Samsung hat es seit Jahren geschafft, seine Galaxy Note Serie als Produktivitäts-Wunder zu verkaufen. Auch dieses Jahr standen der verbesserte Stylus und dessen gute Integration wieder im Fokus von Samsung. Das Ergebnis ist für alle, die ein großes Smartphone suchen und Wert auf Multitasking und Businesseinsatz legen, sicherlich erneut das Referenz-Phablet. Das freut mich für alle, die derartige Nutzungsgebiete haben, vermag mich aber nicht wirklich zu begeistern. Viel interessanter finde ich den Schritt hin zu dem Metallrahmen. Wenn die letzten Jahre eine Erkenntnis erlauben, dann ist es jene, dass das Note von gestern immer das Galaxy S von morgen ist. Mit dem Note 2 führte Samsung die Klavierlackrückseite ein, mit dem Note 3 die Fake-Leder-Optik und mit dem Note 4 nun  den Metallrahmen. Jedesmal fand man im Galaxy S3, S4 und S5 (Review) ein halbes Jahr später das gleiche Design. Ein Galaxy S6 mit Metallrahmen würde mich im Februar 2015 durchaus gefallen. Natürlich hat sich mit dem Galaxy Alpha bereits ein anderer Versuch angekündigt, das Galaxy Design mit Metall zu verheiraten und insgesamt hoffe ich, dass Samsung diesen Trend bis zum S6 durchhält.

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Wer kauft sowas? Niemand, aber interessant ist es: Note Edge

Neben dem Note 4 wurden auch das Galaxy Note Edge und die Galaxy Gear S vorgestellt. Während das erste praktisch ein (etwas) kleines Note 4 mit seitlichem Display ist, ist die Gear S die erste „selbstständige“ Smartwatch. Beim Note Edge weiß ich absolut nicht, was ich sagen soll. Der Mehrwert erschließt sich mir nicht, aber vielleicht ist das eine dieser Sachen, die man nutzen muss, um sie zu verstehen. Leider werde ich diese Gelegenheit nicht haben, da das Note Edge nicht nach Europa kommen soll. Von allem IFA Vorstellungen ist das Note Edge aber mit Sicherheit das Smartphone mit dem höchsten „Crazy“-Faktor und das muss man Samsung lassen. Sie haben derzeit das Geld, um über derart verrückte Dinge nicht nur zu phantasieren, sondern ein echtes Produkt draus zu machen. Wirtschaftlich dürfte das Edge aber – wie das Galaxy Round – unbedeutend bleiben und mehr als „Testlauf“ durchgehen.

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Gear S: Ersatz für Dumbphones?

Die Gear S wurde schon weit vor der IFA vorgestellt und ist für mich wegen des Tizen Betriebssystems und der engen Bindung an Samsung Geräte leider nur schwer brauchbar. Ich werde versuchen, mir einen Eindruck zu verschaffen, sehe aber keinen Grund zu der Annahme, dass die Herrschaft von Android Wear dadurch ernsthaft gefährdet werden wird. Das Konzept, nur mit dem Handgelenk zu telefonieren, könnte – je nach Umsetzung – aber das Zeug haben, das Dumbphone abzulösen: Wer nur telefonieren und SMSen will, kriegt so alles was er braucht und hat gleichzeitig ein paar tragbare Extras. Nur: Das Stigma des öffentlichen Gesprächs mit der Uhr muss Samsung erstmal überwinden.

Sony: Erwartete Produktpflege und neue Tablethoffnung

Auch Sony hat im Vorfeld keinen Hehl aus seinen Plänen gemacht. Wie erwartet wurden der Nachfolger vom Xperia Z2 und Xperia Z1 Compact vorgestellt sowie ein neues kompaktes Tablet, das Sony Xperia Z3 Tablet Compact. Zusätzlich gab es die Smartwatch 3, die zu meiner Überraschung mit Android Wear kommt.

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Sony: Verbesserungen im Detail, aber optisch (zu?) nah am Vorgänger?

Das Xperia Z3 sieht aus wie immer, ist etwas dünner und bleibt bei einem Full HD Display. Besonders letzteres finde ich bei einer Diagonalen von 5,2 Zoll völlig in Ordnung, schließlich liefern 1080p dort eine Pixeldichte, die noch in guten PPI-Bereichen deutlich über 400 liegen. Ich vermute viel eher, dass das im Vergleich zu den Vorgängern fast unveränderte Design eine Problem werden wird. Ganz allgemein hat Sony es bisher nicht geschafft, die Xperia Z Linie besonders tief in den Herzen der Käufer zu verfestigen. Warum dies beim dritten Versuch anders werden soll, erschließt sich mir nicht. „Mehr Risiko!“ möchte man Sony da zurufen. Ganz konkret hat mich beim Xperia Z1 Compact (Review) aber bereits gestört, dass die rutschig runden Kanten eine eher unbequeme Handhabung bieten. Da wäre ich schon gespannt, ob das Z3 es diesmal besser macht. Lobenswert finde ich, dass sich Sony entschlossen hat, das Verhältnis von Display zu Gehäusegröße zu verbessern. Trotzdem bleiben 5,2 Zoll eine echte Hausnummer und ich frage mich, wie weit wir dieses Spiel treiben müssen, bis mal ein Hersteller den Schritt wagt und ein Flagschiff vorstellt, dass kleiner (!) als sein Vorgänger ist.

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Z3 Tablet Compact: Jetzt müssen nurnoch die Tablet Apps kommen

Das Z3 Compact fällt für mich unter die gleiche Rubrik, enttäuscht mich aber mit nur 720p auf 4,6 Zoll: High End ist das nicht. Es bleibt allerdings dabei, dass die Compact Reihe von Sony die einzige echte Alternative zu den Flagschiff-Flundern ist und ich hoffe, dass das Z3 Compact mit diesem Alleinstellungsmerkmal  auch an den Kassen Erfolg hat. Ähnliche Hoffnungen hege ich für das kompakte Z3 Tablet, das mit Full HD auf 8 Zoll überzeugende Schärfe bietet und gleichzeitig angenehm handlich und leicht zu werden scheint. Allerdings habe ich bereits in meiner Antwort auf die Frage, warum ich vom Nexus 7 zum iPad Mini Retina gewechselt bin, gesagt, dass gute Hardware im Android Tablet Bereich nicht das Problem ist. Ganz im Gegenteil: Das Nexus 7 (Review) und auch die bisherige Xperia Tablet Z (Review) Serie sind bis auf das 16:9 Bildschirmverhältnis beste Beispiele für gelungene Tablets. Es fehlt viel mehr noch der entscheidende Schub im Android App Ökosystem, der endlich weg von aufgeblasenen Telefon-Apps geht.

Microsoft: Mehr Lumia

Das eigentlich Highlight der Pre-IFA Produktankündigungen war für mich die Pressekonferenz von Microsoft. Das liegt einerseits daran, dass bei Microsoft nicht bereits im Vorfeld so gut wie alle Geheimnisse zu Tode geteasert wurden, sondern es durchaus noch Raum für Spekulationen gab. Andererseits bin ich aber ohnehin ein Fan des Underdogs und schreibe gerade an meiner Review zum überraschend überzeugenden Lumia 630. Ich war also sehr gespannt darauf, ob und wie sich die erwarteten neuen Geräte, das Lumia 730 und 830, in die existierende Lücke zwischen Lumia 630 und Lumia 930 einfügen würden.

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Dünn, leicht, aber leider unscharf: Das Lumia 830

Das Lumia 830 ist in weiten Teil so geworden, wie es die Gerüchte behauptet haben: 5 Zoll Display, 10 Megapixel Pure View Kamera und eine Optik, die wie ein Mix aus Lumia 930 und Lumia 1520 wirkt. Auch meine erste Verwunderung, warum kein Wort zum SD-Kartenslot gesagt wurde, hat sich in Luft aufgelöst, da – jedenfalls nach den offiziellen Produktangaben – ein solcher vorhanden sein soll. So sehr das Lumia 830 vieles richtig macht, so sehr lässt es aber an vielen Stellen unnötig Federn: Mich verwirren besonders das Display und die Optik.

Ich weiß nicht, ob ich das Display für zu groß oder die Auflösung für zu klein halten soll. Fakt ist jedenfalls, dass 720p auf 5 Zoll knapp über 293 PPI ergeben und ich diese Pixeldichte beim besten Willen nicht als High-End akzeptiere. Gerade als das will Microsoft das Gerät aber positionieren und vergleicht das Gerät sogar selbstbewusst mit dem Galaxy S5 und dem iPhone 5S, die beide weitaus teurer sind als die 330 € UVP sein sollen, die für das Lumia 830 geplant werden. An dieser Rechnung stimmt so manches nicht. Erstens kommen zu den 330 € noch Steuer und Abgaben dazu, so dass ich nicht erwarte, zum Marktstart einen Preis unter 399 € zu sehen. Zum anderen ist insbesondere das Galaxy S5 bereits für knapp über 400 € zu haben. Beide Konkurrenzgeräte bieten dabei aber schärfere Displays und bessere Ausstattung (wobei das beim iPhone 5S auf dem Papier immer schwer zu vergleichen ist). Insbesondere der verbaute Snapdragon 400 ist ganz klar Mittelklasse. Zusätzlich werde ich auch aus der Gestaltung des Lumia 830 nicht so recht schlau. Der Alurahmen leiht sich vieles beim Lumia 930, aber die merkwürdige Rundung in den Ecken erinnert an die alte Designsprache der Lumia 720/920 Zeit. Im Endergebnis habe ich das Gefühl, dass ein Lumia 830 mit – sagen wir – 4,7 Zoll und boxiger Optik deutlich besser ins Gesamtgefüge gepasst hätte. So wie es sich jetzt darstellt, ist es größenmäßig zu nah am 930, ausstattungsmäßig zu nah am 630 und optisch zu nah am 730. Einzig die Kamera dürfte in dem Preisbereich die absolute Herrschaft übernehmen. Und immerhin hat man dem Lumia 830 seine On-Screen-Tasten gelassen und insgesamt lockt mich das Lumia 830 allein wegen des geringeren Gewichts und dem SD-Slot vom Lumia 930 weg.

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Das Lumia 730 stellt mich nicht minder vor ein Rätsel. Mit ebenfalls 720p hat es auf der Displayfläche von 4,7 Zoll das schärfere Display, spart sich aber die Onscreen Tasten und den dedizierten Kamera-Knopf. Der Fokus auf Selbstprotraits (oh, welch‘ Ironie) geht zudem an den Problemen des Windows Phone 8 Ökosystems vorbei. Der aktuelle Trend zu Selfies mag eine Nische für etablierte Hersteller sein, die ihre bekannte Marke dazu nutzen wollen, ein junges Publikum anzuziehen, aber Microsoft und Windows Phone sind weit davon entfernt, ein freshes, junges Image zu haben. Statt sich also auf die Basics zu konzentrieren, überspringt Microsoft mit dem Lumia 730 einfach gefühlte 3 Jahre Kampf um Marktanteile und gebiert sich als etablierter hipper Hersteller. Was aber, frage ich, will ein hipper Teenie 2014 mit einem Selfie-Phone, dessen Appstore nicht einmal eine fertige Instagram-App bietet? Das anvisierte Teilen der vielfältigen Foto-Addons über OneDrive dürfte im iCloud und Google Drive beherrschten Freundeskreis auf ein müdes Lächeln st0ßen. Dabei ist das Gerät selbst überhaupt nicht schlecht, mir gefällt es aufgrund des schärferen Displays und der handlicheren Maße fast besser als das Lumia 830, aber abermals frage ich mich, wann Microsoft seine eigene Selbstwahrnehmung endlich mit seiner tatsächlichen Marktstellung zusammenbringt.

Anders als bei allen anderen Ankündigungen gab es bei Microsoft aber nicht nur Hardware, sondern auch Software-Neuigkeiten. Angekündigt wurde vor allem Lumia-Denim, die Firmware, die Microsoft parallel zum GDR1 Update für Windows Phone 8.1 ausrollen will. Und dort will man eine der zentralen Schwachstellen aller Lumia-Geräte angehen: die langsame Kamera. Während das Lumia 1020 derzeit fast 4 Sekunden braucht, bis das Bild nach dem Betätigen des Auslösers im Kasten ist, soll sich die Zeit nun auf deutlich unter einer Sekunde verbessern. Etwas unruhig wurde ich, als während der Keynote davon die Rede war, dass nur „ausgewählte Geräte“ das Update kriegen sollten. Ich hoffe doch sehr, dass Microsoft die Aufholjagd zu Android nicht damit beginnt, sich ein Vorbild an dessen Fragmentierung zu nehmen. Am Rande habe ich dann auch aufgehorcht, als ein Journalist im Rahmen der Fragestunde fragte, was OneDrive angesichts des aktuellen iCloud Foto Leaks (hier meine Stellungnahme) besser mache. Die ernüchternde Antwort: „Das müsse man bei der Technik nachfragen“. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Microsoft schneller geschaltet hätte und die 2 Tage seit dem Bekanntwerden von Apples Schwachstelle besser genutzt hätte. Diese vergebene Chance, sich positiv hervorzutun, zeigt meiner Ansicht erneut, dass Microsoft noch immer nicht die Flexibilität und Spontanität hat, die es in Zeiten des rasenden Smartphone-Geschäfts braucht. Samsung oder Google hätten sicher eine schnippische Erwiderung parat gehabt.

Fazit: Android Wear ist überall und Motorola kocht sein eigenes Süppchen

Zum Abschluss noch ein Wort zu den Wearables und Android Wear. Ich habe bereits im März gesagt, dass Android Wear zum neuen Standard werden wird und erst kürzlich das Smartwatch Jahr 2014 zusammengefasst. Die IFA ist – wie erwartet – die IFA der Wearables. Alle Hersteller, seien es bekannte wie Asus, LG oder Sony oder unbekannte wie Archos, Huawei und Co, haben binnen Monaten eine eigene Smartwatch zusammengebastelt oder bereits in zweiter Generation vorgestellt. Wer vor der IFA noch daran gezweifelt hat, dass Android Wear zum de facto Standard-Betriebssystem für Wearables werden wird, dürfte nach der IFA eines besseren belehrt worden sein. Den Nachfolger der LG G Watch hatte ich bereits in meiner ursprünglichen Review prophezeit und auch Sonys Schritt weg von einem proprietären System ist nur zu logisch. Die Asus Zenwatch schließlich ist nicht ganz so dünn und günstig geworden wie erhofft, steht aber defintiv auch auf meiner „Ausprobieren“-Liste.

Sobald die IFA vorbei ist, wird sich zeigen, ob Pebble und Apple der Dominanz von Google noch etwas entgegensetzen können. Vorerst wird es aber so aussehen, dass die Hersteller von Android-Wear Smartwatches anfangen werden, sich über die Hardware abzugrenzen. Und das kann nur dazu führen, dass wir binnen kurzer Zeit eine immense Produktevolution sehen werden. Während wir im März noch davon ausgingen, dass die Moto 360 die vorläufige Krönung der jungen Produktkategorie werden würde, hat sich aktuell derart viel getan, dass ich kaum eine Prognose wage, was uns in nächster Zeit bevorsteht. Sollte Microsoft hier noch hoffen, irgendeine Chance zu haben, wäre die IFA eigentlich die letzte Chance gewesen.

Ich bin gespannt, was die IFA bis zum 10. September noch an Details zum Vorschein bringt und schaue mir heute abend erst einmal das parallele Motorola Event in Chicago an. Was denkt ihr über die IFA-Ausbeute soweit? See you in the comments!

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