Android Wear und Moto 360: Was kommt da auf uns zu?

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Fragte man Ende 2013 irgendeinen Gadgetfreund, welches Thema das Technikjahr 2014 bestimmen würde, gab es meist die gleiche Antwort: Smartwatches und Wearables. Bis Mitte März passierte in dieser Hinsicht aber erstmal wenig, außer das Pebble seine Pebble Steel samt neuem Pebble Appstore vorstellte. Am 18. März 2014 betrat nun aber endlich Google als erster großer Player die Smartwatch-Bühne. Vorgestellt wurde Android Wear und die Motorola Smartwatch Moto 360.

Die Großen betreten den Ring

Lange war Pebble der einzige große Name im Smartwatch-Geschäft. Zwar versuchte sich Samsung kürzlich an seiner Samsung Gear Reihe, die auf der MWC 2014 bereits einen Nachfolger erhielt, aber wirklich überzeugen konnten die Geräte noch nicht. Zu unpraktisch das Äußere, zu limitiert die Kompatibilität mit allem außer Samsung Geräten und zu unreif die Software. Genauso lange gibt es aber bereits Gerüchte um einen Einstieg von Google, Apple und sogar Microsoft in das Wearables Geschäft. Während Apples „iWatch“ aber weiterhin nur die Phantasie beflügelt und Microsoft in vielen Bereichen eher noch mit den Basics seines Windows Phone 8 Ökosystems kämpft, hat Google am Dienstag Taten folgen lassen. Es stellte mit Android Wear seine Version eines extra für Wearables gemachten Betriebssystems vor. Aber nicht nur das: Gleichzeitig wurde mit der Motorola Moto 360 auch bereits erste Hardware vorgestellt, die ab Sommer 2014 mit Googles Software verkauft werden soll.

Was erwartet uns?

Die Vorstellung am Dienstag hatte also zwei Aspekte: Software und Hardware. Beides verspricht spannend zu werden, aber vor allem die neue Hardware erregt die Gemüter. Gelinde gesagt hat die Moto 360 auch in mir reflexartige „Haben-Wollen“ Gefühle ausgelöst. Das Metall-Design und der runde Display lassen Unwissende kaum ahnen, dass es sich um eine Smartwatch handelt. Während die originale Pebble und auch Samsungs bisherige Geräte kaum einen Zweifel daran lassen, dass es sich um alles andere als eine normale Uhren handelt, könnte die Moto 360 hier tatsächlich etwas Abwechslung bringen.

Natürlich wirft die Moto 360 erst einmal mehr Fragen auf als sie Antworten gibt: Wie wird die Akkulaufzeit bei einem hoch hochauflösenden LCD-Display aussehen? Wie wird die Uhr überhaupt geladen (Ladeports sind nirgends erkennbar)? Ist ein rundes Display nicht furchtbar unwirtschaftlich, wenn ein Großteil des Display weggeschnitten werden muss? Schließlich werden Displays meist in rechteckiger Form produziert. All das wird noch einmal Stoff zur Diskussion geben, sobald die Uhr vorgestellt wird.

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Auf der Softwareseite dürfte langfristig aber Android Wear die spannendere Geschichte werden. Google hat eine ganz andere Marktmacht als zum Beispiel Pebble oder auch Samsung und kann über die Kopplung an Android für Smartphones und Tablets für eine sehr schnelle Verbreitung sorgen. Wenn Google die gleiche lizenzfreie Strategie fährt, wie mit Android für Smartphones, dann dürften gerade Günstig-Hersteller wie z.B. Archos schnell das System adaptieren und den Markt mit einer Vielzahl an günstigen Alternativen überfluten, die aber dank einheitlicher Software durch die Bank vergleichbare Features bieten.

Einen großen Nachteil sehe aber aktuell noch: Android Wear wird massiv auf Google Now setzen. Während Basics wie Sprachkommandos, Wetter, Erinnerungen usw. bereits in Deutschland beziehungsweise Europa funktionieren, gibt es eine ganze Reihe an Funktionen, die nach wie vor auf den amerikanischen Markt beschränkt sind (Restaurantreservierung, Fluginformationen). Sofern Google hier nicht in Zukunft eine schnelle Angleichung forciert, droht Android Wear eine Feature-Fragmentierung.

Neue Arme für die Krake

So sehr diese neue Gadgetwelt mich fasziniert, so sehr sehe ich bei Android Wear aber auch ein Thema relevant werden, dass bei Smartwatches bisher nur am Rande diskutiert wurde: Den Datenschutz. Google ist primär ein Werbeunternehmen, dass irgendwann angefangen hat, Software und Geräte zu vertreiben. Vor dem Hintergrund dieser Philosophie stellt Android Wear zweifelsohne den nächsten Schritte auf dem Weg zur allumfassenden Datenkrake dar. Natürlich war Google bisher schon nicht zimperlich. Wer das oben angesprochene Google Now einmal bis zur letzten Konsequenz ausprobiert hat, der wird sich wundern, wenn Google Now auf einmal Erinnerungen für Kinoabende ausspuckt, weil man vor ein paar Stunden nach Film XYZ gegoogelt hat.

Was aber ändert sich daran durch Android Wear? Alle Daten, die Google bisher über uns hat, sind auf die Daten beschränkt, die wir durch unser Smartphone und in unserem Browser hinterlassen. Android Wear hingegen gibt Google eine ganze Reihe neuer Sensoren an die Hand: Pulssensor, Schrittzähler und Stimmenaufzeichnung sind ausdrücklich im Developer-Kit vorgesehen und nehmen in einer Smartwatch eine viel zentralere Rolle ein als im Smartphone. Natürlich gab es solche Sensoren schon bei vielen anderen Geräten und gerade Fitnessgadgets sind natürlich schon länger unter uns, aber erst Android Wear zentralisiert die Daten aller dieser Dienste und Funktionen in den Händen von Google. Die Pebble zum Beispiel hat nur wenige solche Sensoren und selbst wenn über Zusatzapps andere Sensoren am Smartphone genutzt werden, geht all das an Google vorbei. Die Konzentration all dieser Daten bei einer zentralen Stelle erzeugt in mir jedenfalls ein zunehmend unruhigeres Gefühl und mir wäre es durchaus lieber, Google würde nicht überall seine Finger im Spiel haben … auch wenn dabei ein paar Funktionen auf der Strecke blieben.

A propros Pebble: Viele stimmen schon den Abgesang auf den bisherigen Smartwatch-Primus an. Verfrüht? Ehrlich gesagt, tue auch ich mich aktuell sehr schwer, die Pebble gegen die Moto 360 antreten zu lassen. Zu deutlich ist der Unterschied bei der Erscheinung und gerade dem Display. Die Integration mit Google Now dürfte zudem für eine deutlich bessere Kompatibilität mit Android-Smartphones sorgen, die bisher eher buggy dasteht. Die Zeit, in der eine Smartwatch nur Benachrichtigungen weiterleiten muss, sind mit Android Wear jedenfalls gezählt. Ich selbst habe meine Pebble bereits vor einiger Zeit vor allem wegen der klobigen Hardware verkauft und überlege aktuell eher dreimal, ob die Pebble Steel noch eine Chance kriegen soll. Andererseits: Die Pebble wird anders als Android-Wear-Uhren auch in Zukunft sowohl mit iOS und auch Androud funktionieren. Von der Idee, dass Pebble schlicht selbst auf Android Wear umsattelt, halte ich übrigens nicht viel. Zu aufwendig war sicherlich bisher der Aufwand den eigenen Pebble-App-Store auf die Beine zu stellen, als dass Pebble all das wieder wegwerfen würde.

Wie seht ihr das? Leutet Android Wear wirklich eine neue Smartwatch Zeitrechnung ein? Was haltet ihr von der Moto 360 und der engen Bindung an Google Now? Oder wartet ihr auf Apples Version der Smartwatch? See you in the comments!

Update: Mittlerweile konnte ich die LG G Watch und Android ausführlich testen: LG G Watch und Android Wear im Test .

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