Datenschutz, Privatsphäre & Co: Worum es wirklich geht

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So ein Kaiser ist doch eigentlich gar nicht schlecht. Keine Wahlen mehr, die einen alle paar Sonntage raus in die Kälte treiben. Keine Nachrichten über ewiges Gestreite von Parteien und vor allem nicht mehr diese Mühe, ständig die richtige Partei zur eigenen Meinung zu finden. Der Kaiser entscheidet schnell und ohne lange zu diskutieren, streng nach dem Motto: „One opinion fits all“. Ja, warum haben wir dann eigentlich keinen Kaiser (mehr)?

Keine Sau interessiert sich für mich?

Was hat das alles nun mit Datenschutz, Privatsphäre, NSA & Co zu tun? Keine Angst, die Auflösung folgt. Wenn ich mich in meinem sozialen Umfeld umhöre, dann höre ich gelegentlich noch immer, dass Überwachung, Abhören und Ausspionieren doch eigentlich kein Problem sind. Dabei kommt noch nicht einmal der übliche Verweis auf die „Vorteile“ von „interessengerechter“ Werbung. Stattdessen herrscht schlicht oft Gleichgültigkeit. „Was interessiert es mich, wenn irgendwer meine Skype Nachrichten liest? Sollen Sie machen, ist doch nichts Lesenswertes dabei!“.

So absurd sind diese Aussagen aber nicht. Wer hat denn schon wirklich mal am eigenen Leib erlebt, was es bedeutet, wenn das eigene Wort gegen einen verwendet wird? In aller Regel werden all die Daten, die wir täglich produzieren derzeit ja tatsächlich hauptsächlich für Werbung, Werbung und Werbung genutzt. Nichts anderes steckt schließlich hinter „kostenlosen“ Netzwerken wie Twitter, Facebook oder Whatsapp. Der Großteil meiner Freunde dürfte auch nicht genug kriminelle Energie haben, um ernsthaft ins Visier von GCHQ und NSA zu fallen. Also alles halb so wild? Ja! Jedenfalls solange der Kaiser keinen schlechten Tag hat.

Worum es wirklich geht

Es geht nicht primär um die Frage, welche Cookies im Internet in Ordnung sind, oder ob Social-Plugins nun die „Zwei-Klick-Lösung“ brauchen oder nicht. Beim Schutz der Intimsphäre geht es im Kern um den Ausgleich von Machtungleichgewichten. Genauso wie wir Deutschen es uns zum Schutz des Rechtsstaats angewöhnt haben, nicht zu viel Macht in einzelnen Personen zu konzentrieren, sollten wir uns angewöhnen, nicht zu viele Daten in den Händen einiger weniger Institutionen zu konzentrieren. Es geht also beim Datenschutz genauso um Gewaltenteilung wie in der Staatslehre. Also: Warum haben wir keinen Kaiser mehr? Weil wir so gerne wählen gehen? Weil wir ewige Debatten mögen? Nein! Wir haben keinen Kaiser, weil wir uns unwohl fühlen, wenn ein Einziger die Macht hat, von heute auf morgen aus einem Rechtsstaat eine Diktatur zu machen. Ohne Machtmissbrauch hätten wir niemals parlamentarische Demokratien eingesetzt. Warum auch … solange alles läuft, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern.

Solange Facebook uns nur Freundesvorschläge unterbreitet, ist das kein Problem. Solange Google uns nur Suchergebnisse präsentiert und Apple uns passende iTunes-Tipps zuschickt, will sich doch keiner beschweren. Der Haken dabei: Niemand könnte etwas tun, wenn diese Datensilos doch anfangen, ihre Macht zu missbrauchen. Selbst heute kann niemand verhindern, dass die Geheimdienste unsere persönlichen Unterhaltungen mithören.

Aber was ist, wenn die NSA mit ihrer Terroristenjagd fertig ist? Die Daten verschwinden dann ja nicht einfach. Ganz im Gegenteil: Sind die Daten erstmal da, könnte man doch gleich mal reinschauen, was sonst noch rauszuholen ist. Die Frage ist, wann die gemeine Online-Shopperin anfängt, nervös zu werden? Wenn die Produktsuche von gestern Abend dem Liebsten bekannt wird? Wenn das wochenendliche Zubrot (freilich ohne Rechnung) dem Finanzamt bekannt wird? Oder muss es erst der Job sein, den man nicht bekommt, weil man vorgestern gegen die neue Autobahn demonstriert hat? Na klar: Wer nichts verdächtiges tut, der hat vermeidlich nichts zu befürchten. Aber was ist verdächtig? Wer garantiert, dass der Kaiser nicht morgen auf die Abschussliste setzt, was gestern noch in Ordnung war? Wer sorgt für Balance in der ungleichen Verteilung von Informationen?

Im Zweifel für die Unauffälligkeit

So ein Machtpotential ist nicht erst dann kritisch, wenn wir mitten im Schlammassel stecken. Es beginnt bereits dann, wenn wir uns zweimal überlegen, was wir in unseren E-Mails schreiben. Nenne ich wirklich den  Gay-Club beim Namen oder umschreibe ich ihn, weil ich nicht in den Verdacht geraten möchte, bestimmten Minderheiten anzugehören. Im Zweifel fangen wir an, uns aus Angst vor möglichen Folgen selbst zu zensieren. Klar, das ist bis jetzt alles nur Panikmache (oder?), aber brauchen wir wirklich erst ein Daten-Tschernobyl? Oder sind wir klug genug und lassen in Bezug auf unsere Privatsphäre die gleiche Vernunft walten wie in Bezug auf unsere sonstige Gesellschaftsform? Machtkonzentration begegnet man am Besten, indem man Macht gar nicht erst einräumt. Übertragen bedeutet das, die Daten gar nicht erst zu erheben. Im Fachjargon: Datensparsamkeit. Wenn Daten aber nötig sind, dann muss jedenfalls sichergestellt werden, dass die Entscheidung über ihre Nutzung nicht bei einer unkontrollierbaren Datenkrake konzentriert ist. Transparenz, Kontrollmöglichkeit und klare Grenzen der Nutzung gehören zum Datengebrauch genauso dazu wie zu jedem Machtgebrauch in der Politik.

Klar: Demokratie nervt manchmal. Wenn es nicht voran geht, wenn es länger dauert, wenn einzelne aalglatte Politiker mehr Lobbyinteressen als Wahlvolk im Sinn haben. Aber das ist mir tausend mal lieber als ein effektiver Absolutismus. Deswegen ist es mir auch lieber, wenn ich statt auf Whatsapp auf Threema setze oder bei Facebook unter einem Pseudonym auftreten darf. Eins muss aber klar sein: Wir Nutzer haben nur begrenzt die Möglichkeit, dem Problem Herr zu werden. Ich will nicht auf Facebook verzichten „müssen“, sondern ich will ein Facebook, dass sich klar und transparent an den Datenschutz hält. Und deswegen ist es mir auch lieber, wenn es klare Regelungen und Kontrollmöglichkeiten für den Datenschutz im Internet gibt. Die Alternative erscheint mir jedenfalls deutlich schrecklicher als alle Passwörter, die ich mir merken muss.

Was meint ihr? Ist Datenschutz und Privatssphäre für euch immer noch „halb so wild“? Seht ihr mehr Gefahren als unerwünschte Werbung? Oder findet ihr all die Datenschutz-Mahner immer noch eher nervig?

See you in the comments!

2 Kommentare

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