Facebook kauft Whatsapp: Meine Meinung und Alternativen

FacebookWhatsappDiese Meldung schlug ein wie ein Donnerschlag. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Facebook, Whatsapp, viel Geld, viele Nutzer, wo führt das hin, was soll aus uns werden? Ist das das Ende? Die Finanzexperten rätseln über Mark Zckerbergs Geisteszustand, weil er für ein Start-Up gigantische 19 Milliarden Dollar hinlegte. Datenschützer fürchten um noch tiefergehendes Profiling von Millionen von Menschen und die Nutzer fragen sich, ob wirklich „alles beim Alten bleibt“. Was ich von dem Deal halte und welche Alternativen zu Whatsapp ich empfehlen kann, lest ihr hier.

Worum geht es?

Facebook hat 1,2 Milliarden Nutzer und kaufte für 19 Milliarden Dollar (ca. 13 Milliarden Euro) den Instant-Messaging-Dienst Whatsapp, der ca. 450 Millionen Nutzer mitbringt. Der Deal ist aus finanzieller Sicht überraschend, weil Microsoft bereits belächelt wurde, als es für Skype knapp 9 Milliarden hinlegte. Auch der Kauf von Instagram, ebenfalls durch Facebook, für läppische 1 Milliarde sorgte bereits für Stirnrunzeln. Im Verhältnis zu der Summe, die nun für Whatsapp gezahlt wurde, ist das alles natürlich ein Witz. Es zeigt im Grunde, wie verzweifelt Facebook versucht, nicht den Anschluss an die mobile Welt zu finden. Viel wichtiger ist aber natürlich, was das für die Nutzer von Whatsapp bedeutet und was genau Facebook sich eigentlich von dem Deal verspricht.

Wir wollen dich nur kennenlernen

Wer glaubt, dass es Facebook um die neuen Nutzer geht oder darum, wieder mehr junge Leute zu gewinnen, dürfte sich irren. Die „paar“ Nutzer, die durch den Facebook-Whatsapp-Deal zu Facebook geschwemmt werden, dürfte Facebook aus eigener Kraft für weniger Geld gewinnen können. Zwar hört man allerorts, dass Facebook die jungen Leute wegrennen, aber auch das kann nicht der Grund hinter dem Kauf sein, jedenfalls nicht für diese Summe.

Nein, es geht stattdessen wieder einmal um Daten, Daten, Daten. Whatsapp hat etwas, das Facebook in letzter Zeit ein bisschen abhanden gekommen ist, nämlich echte Namen, echte Beziehungen und nicht zuletzt echte Telefonnummern. Berichten zur Folge saß Facebook 2012 bereits auf über 83 Millionen Fake Accounts, dazu kommen etliche Doppelaccounts. Die Zahl dürfte mitterweile deutlich höher liegen und ist wahrscheinlich ohnehin untertrieben. In Zeiten, in denen selbst Schulkinder glücklicherweise anfangen, defensiver mit ihren Facebook Daten umzugehen, ist es kein Wunder, dass Falschnamen und Sinnlos-Profile zunehmen. Für Facebook sind aber echte Menschen, echte Interessen und echte Beziehungen wichtig. Ein Facbook Profil mit 3.000 Sinnlos-„Freunden“ ist für Werbetreibende unter Umständen viel weniger attraktiv, als ein Smartphone-Telefonbuch mit vielleicht nur 30 Einträgen, die aber allesamt echte Beziehungen zu Freunden, Mutti, Vati, Schwester und Ehemann representieren. Whatsapp ist echtes tägliches Leben ohne Fake während Facebook vielerorts eher den Charakter eines Second-Life einnimmt, das nur zu bestimmten isolierten Kommunikationen genutzt wird.

Letztlich hat Facbook die 19 Milliarden Dollar also wohl vor allem dafür bezahlt, nicht den Anschluss an das Real Life zu verlieren. Nun ist es aber kein Geheimnis, dass Facebook weder europäisches noch deutsches Datenschutzrecht einhält. Auch Whatsapp hat sich in der Vergangenheit eher durch eine sehr lasche Sicherheitspolitik und Nutzerschutz ausgezeichnet. Die Angst davor, auf einmal mit all seinen Daten im großen Facebook-Topf zu landen, ist nicht nur berechtigt. Wer meint, dass das nicht passieren wird, ist vielmehr blind. Ich erwarte übrigens auch nicht, dass die Whatsapp-Nutzer hier groß gefragt werden. Wer bei Whatsapp bleibt, überlässt Facebook all seine Daten, soviel sollte klar sein.

Nichts wird sich ändern

Während ich Facebooks Interesse absolut „nachvollziehen“ kann, frage ich mich allerdings schon, wie es auf Whatsapps Seite dazu kommen konnte. Noch im Januar 2014 wies man alle Verkaufsabsichten an „the big ones“ strikt von sich. Dementsprechend skeptisch bin ich, was das Versprechen angeht, es werde sich für die Nutzer nach der Übernahme durch Facebook nichts ändern. Dieses Versprechen wird sich mit größter Wahrscheinlich als ähnliche Luftnummer erweisen.

Instagram macht es vor: Login mit Facebook auch bald bei Whatsapp?

Instagram macht es vor: Login mit Facebook auch bald bei Whatsapp?

Andererseits: Instagram hat gezeigt, dass sich ein Dienst oberflächlich tatsächlich nicht elementar ändern muss, wenn er geschluckt wird. Trotzdem: Die Verknüpfung mit Facebook wird kommen. Ich wäre nicht überrascht, wenn zuerst das übliche „Login via Facebook“ in Whatsapp erscheint und früher oder später ohne Facebook-Profil garnichts geht. Oder noch besser: In bester Google+ Tradition wird einfach direkt ein Facebook Profil angelegt. Herzlichen Dank!

Vielfalt ade

Ihr werdet es mittlerweile gemerkt haben: Ich bin kein Fan der Übernahme. Neben Bedenken aus Datenschutzsicht sehe ich aber auch das Problem, dass kleine Start-Ups sich zunehmend nicht der Übernahme durch die großen Player (Facebook, Apple, Google) erwehren können. Kaum eine der jüngsten Erfolgsgeschichten konnte in Freiheit beendet werden. Skype, Flickr, Instagram, Whatsapp: Früher oder späte verschwanden diese einzigartigen Dienste und gingen in Riesenunternehmen auf. Wir werden sehen, wie lange sich Snapchat noch diesem Schicksal entziehen kann. Natürlich kann man einwerfen, dass alle Dienste noch vorhanden sind, aber was heißt da schon. Microsoft lässt Skype nach Ansicht vieler eher verrotten und das Potential das einst in Skype steckte, wird von anderen Diensten ausgefüllt. Schicksale wie das von Impermium, ein Spamschutz-Anbieter, das nach seiner Übernahme durch Google seine Dienste völlig einstellte, sind zudem die Regel. Für die Nutzer bedeutet das also in der Regel weniger Vielfalt, da die gekauften Dienste an die Firmenpolitik angepasst und vereinnahmt werden. Zwar bleiben bestehende Angebote oft erhalten, aber sie entwickeln sich selten so kreativ weiter, wie sie es vielleicht gekonnt hätten. Wer weiss, was aus Whatsapp geworden wäre. Die ehemaligen Versprechen, auch in Zukunft keine Werbung schalten zu wollen, dürften sich nach der Übernahme durch Facebook, das vor allem mit Werbung Geld verdient, jedenfalls erledigt haben.

Die Konzentration aller wichtigen Dienste auf einige wenige Anbieter beist sich zudem arg mit der Datenschutzgewaltenteilung. Es ist einfach nicht gesund, wenn ich von E-Mail, Bildbearbeitung bis Kurzmitteilungen der Kontrolle durch eine einzige Instanz unterliege. Sicherheitslecks betreffen dann automatisch unzählige wichtige Dienste und drohen komplette Leben offenzulegen.

Alternativen?

Whatsapp war schon vorher die beste Alternative zwischen allen Instant-Messagern, aber die Übernahme durch Facebook dürfte für viele das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Wer also parallel oder ersetzend auf andere Dienste zurückgreifen will, dem empfehle ich 3 Alternativen.

1. Threema

Threema gibt es seit einigen Jahren und es hat sich bereits in vielen Kreisen als „sicheres Whatsapp“ einen Namen gemacht. Der Hauptvorteil von Threema ist die durchgängige Ende-zu-Ende Verschlüsselung., wobei sich dieses Versprechen mangels Open Source oder aussagekräftiger unabhängiger Audits, erst noch beweisen muss. Aber das Versprechen von Threema klingt gut: Jede Nachricht (samt Bildern) wird vor Absendung auf dem Gerät selbst verschlüsselt und erst auf dem Empfängergerät entschlüsselt. Die App selbst gibt es für Android und iOS. Windows Phone 8 nutzen gehen, wie so oft, leer aus 🙁

Die App ist in iOS sowie Android optisch sehr gelungen, bedient sich in beiden Fällen der aktuellsten Designsprache der Betriebssysteme und wirkt absolut Up-To-Date. Die App kostet einmalig knapp unter 2 €, was gegenüber den jährlichen 90 Cents bei Whatsapp verkraftbar ist. Von allen Konkurrenten bietet Threema zur Zeit wohl eine der schon größeren Verbreitungsgrade und hat daher meiner Ansicht nach am Ehesten das Potential, Whatsapp nachzufolgen.

Binnen Tagen in die Charts der Appstores: Threema

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Der Einstieg in die App ähnelt Whatsapp sehr. Nachdem man mit seinem Finger ein kleines Zufallsmuster erstellt hat (zur Generierung von Zufallszahlen für die Verschlüsselung), erhält man als Accountname eine kryptisches Zahlen-Buchstaben-Folge, die man aber in einen sprechenden Nickname ändern kann. Nach Zugriff auf die eigenen Kontakte (sofern gewünscht) vergleicht Threema genau wie Whatsapp die vorhandenen Nummern mit seiner Datenbank und alle Freunde die bereits bei Threema sind, können direkt angeschrieben werden (wobei meine Erfahrung hier leichte Probleme bei Android zeigt). Mehr Tipps zum Umstieg auf Threema hat auch heise.de aus gegebenem Anlass zusammengefasst.

2. Jabber

Jabber selbst ist keine App, sondern nur ein Protokoll, das viele Apps verstehen. So wie man ICQ, MSN etc. in alle möglichen Apps einbinden kann, geht das auch mit Jabber. Wer eine E-Mail-Adresse bei GMX.de oder WEB.de hat, hat zudem bereits einen Jabber Account. Auch Jabber bietet Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und kann sogar auf eigenen Servern betrieben werden. Das Problem ist aus meiner Sicht der höhere Einstiegsaufwand und die unheitliche App-Basis birgt die Gefahr einer Feature-Fragmentierung. Eine gute Alternative ist Jabber aber allemal, die jedoch etwas mehr Arbeit als Threema verlangt.

3. SMS

Auch die klassische SMS könnte durch die Übernahme von Whatsapp durch Facebook ein kleines Revival erleben. Auch die SMS wird grundätzlich verschlüsselt übertragen, allerdings haben die Provider die Schlüssel und als abhörsicher will die SMS sicher auch niemand bezeichnen. Zudem sind SMS in den meisten Verträgen nicht mehr als Flatrate abgedeckt, so dass die SMS für viele Nutzer keine echte Alternative sein wird.

Ich persönlich werde Whatsapp nach der Übernahme durch Facebook jedenfalls so weit es geht aus meinem täglichen Smartphone-Leben verbannen. Da ich mit Whatsapp aufgrund des mangelnden Multi-Account-Supports ohnehin unzufrieden war, fällt mir das nicht besonders schwer. Wie ist es mit euch? Wird der Deal eurer Kommunikationsverhalten beeinflussen?

See you in the comments!

4 Kommentare

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