PC-Wasserkühlung: Mythen und Tipps

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Wie der eine oder andere sicher bemerkt hat, gibt es hier in meinem Blog auch eine kleine Modding-Sektion, in der ich meinen Basteltrieb auslebe und vor allem meine Zeit als Wasserkühlung-Enthusiast Revue passieren lasse. Für alle, die sich ebenfalls an das wagemutige Experiment „Wasser im PC“ wagen wollen, möchte ich hier einmal ein paar Mythen ansprechen und einige Tipps für den Einstieg loswerden. Wasser marsch!

Einleitend nur der Hinweis auf meine hier im Blog dokumentierten Projekte, den CM 690 II Wasserkühlung-Mod, den extra großen Mod auf Corsair 700D Basis und mein „Meisterstück“, den FT 02 DeathMetalMod. Über 2 Jahre habe ich einige tausend Euro in dieses Hobby versenkt und viel Freude als aktiver Bastler gehabt. Ich habe also durchaus einen großen Haufen an Erfahrung zusammengetragen.

Mythen

Fangen wir mit ein paar Mythen an. Viele Einsteiger und Interessierte, denen ich in den vergangenen Jahren begegnet bin, schnappten meist irgendwelche Halbwahrheiten auf oder erwarteten von ihrer Investition Unmögliches. Wasserkühlung macht irrsinnig viel Spaß, aber es ist keine Wunderwaffe. Damit ihr nicht in diese Falle tappt, habe ich die – meiner Meinung nach – drei größten Mythen zusammengetragen:

Wasserkühlung ist leiser als eine Luftkühlung

Der erste Mythos hängt mit der Erwartung zusammen, die einige von euch vielleicht überhaupt erst für das Thema interessiert hat: Wasserkühlung soll vor allem den Lärm im PC eindämmen und hohe Leistung mit geringer Geräuschkulisse verbinden. Ihr ahnt es: Das ist ein Trugschluss.

WaKuHeatpipes

Luftkühlung und Wasserkühlung: Weniger Unterschied als gedacht

Um zu verstehen, was an diesem Glauben falsch ist, muss man sich klar machen, wie eine Wasserkühlung im Gegensatz zum einer Luftkühlung funktioniert. Im Grunde funktionieren beide nämlich gleich! Eine Metallplatte wird über Wärmeleitpaste auf den Chip gepresst und nimmt dessen Wärme auf. Um diese Wärme nun loszuwerden, wird sie über Leitungen zu einem Wärmetauscher geleitet und dort mit Luft gekühlt. Bei der Luftkühlung sind das meist Kupferröhrchen (Heatpipes) und bei der Wasserkühlung sind es mit Wasser gefüllte Schläuche. Die Kupferrohre eines Luftkühlers leiten die Wärme zu einem großen Haufen Alu-Lamellen: Je mehr, desto wirkungsvoller die Luftkühlung. Eine Wasserkühlung hingegen leitet die Wärme über die Schläuche ebenfalls weiter an einen großen Metall-Körper (Radiator), der ebenfalls mit Lamellen versehen ist. Auch dort gilt: Je mehr Lamellen, um so besser die Kühlwirkung. Sowohl die Luft- als auch die Wasserkühlung nehmen die Wärme also beim Chip auf und leiten sie an einen großen Wärmetauscher, nur die Transportart unterscheidet sich. Die Kühlung erfolgt in beiden Fällen letztlich mit Luft.

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Keine Wasserkühlung ohne Wärmetauscher: Radiator

Um die Kühlleistung zu erhöhen, werden bei beiden Kühlungs-Arten Lüfter auf den Wärmetauscher geschnallt, die mehr Luft durch die Lamellen blasen und so die Wärmetausch-Effizienz erhöhen. Und genau da liegt das Problem: Lüfter können laut sein.

Eine Wasserkühlung ist also nicht leiser als eine Luftkühlung, jedenfalls nicht zwangsweise, da beide auf Lüfter vertrauen und die sind die entscheidende Lärmquelle. Noch schlimmer: Während die Wärme bei der Luftkühlung durch natürliche Kräfte durch die Heatpipes transportiert wird, braucht die Wasserkühlung immer eine Pumpe, um das Wasser durch die Schläuche vom Chip zum Radiator zu pumpen. Damit ist die Wasserkühlung theoretisch sogar lauter, weil man sich eine weitere Lärmquelle in den PC holt.

Wer also meint, durch Wasserkühlung stets und immer leiser als mit Luftkühlung zu fahren, irrt sich. Ganz im Gegenteil: Für viele Bastler ist das akustische Feintuning der Wasserkühlung die größte Herausforderung, die mit sehr viel Steuerelektronik angegangen wird.

Wasserkühlung ist sehr riskant

Ja, auch das ist ein Mythos. Die natürliche Reaktion normaler Nutzer ist beim Thema Wasserkühlung immer dezente Angst um die Innereien der Rechenkiste. Was, wenn das Wasser ausläuft? Halten die Schläuche denn auch? Leitet Wasser nicht Elektrizität?

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Keine Angst vor Wasserschaden

In diversen Wasserkühlung-Foren gibt es genug Nutzer, die den GAU erlebt haben: Durch Unachtsamkeit läuft Wasser aus und … nichts. Wasserkühlungen sollten immer mit destilliertem Wasser betrieben werden und das leitet Elektrizität nur sehr schlecht. Schäden durch Wasserkühlung sind mir bisher nur sehr selten untergekommen. Genauso habe ich die modernen Anschlüsse (meist Schraubanschlüsse) als sehr zuverlässig erlebt. Kurz gesagt: Natürlich ist das Risiko existent, aber es ist absolut beherrschbar und bei halbwegs durchdachter Vorgehensweise sollte es niemanden abschrecken.

Wasserkühlung macht Übertakten leichter

Auch dieser letzte Punkt ist leider ein Irrglaube. Wer sich erhofft, durch eine Wasserkühlung neue Overclocking-Rekorde aufzustellen, sollte sich davon schnell verabschieden. Zwar sind die Temperaturen der gekühlten Bauteile bei den meisten Wasserkühlung-Nutzern niedriger als unter Luftkühlung, aber das liegt vor allem daran, dass viele Bastler sehr ausufernde Kühlkreisläufe aufbauen.

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Übertaktung: Profitiert kaum von Wasserkühlung

Selbst wenn die CPU unter Luft auf 55 ° C läuft und unter Wasser auf 45 ° C gekühlt wird, ist der Unterschied für die Übertaktung nahezu irrelevant. Zehn Grad mehr oder weniger können vielleicht (!) den Unterschied zwischen ein paar Megaherz Takt machen, führen aber kaum zu Vorstößen in neue Taktdimensionen.

Das liegt daran, dass die Güte des Chips viel häufiger über deren Übertaktungspotential entscheidet. Lange bevor niedrigere Temperaturen eine Rolle spielen, ist der Chip am Ende seines Übertaktungspotentials, weil heutige Chips in aller Regel viel weniger Takt-Spielraum bieten als früher. Erst bei deutlich tieferen Temperaturen, also im Bereich Stickstoff-Kühlung, sind die Vorteile beim Übertakten spürbar. Eine Wasserkühlung hat hier zu wenig Auswirkungen.

Tipps

Nachdem wir diese Halbwahrheiten aus dem Weg geräumt haben, möchte ich noch ein paar Tipps zum Einstieg loswerden. Natürlich kann ich hier keine detaillierten Anleitungen verfassen. Dafür sind alle Projekte und Bastler zu verschieden. Wer konkrete Kaufberatungen sucht, dem empfehle ich einen Besuch im Wasserkühlung Bereich des HardwareLuxx, der größten deutschen PC-Wasserkühlung-Szene. Trotzdem gibt es ein paar grundlegende Hinweise, die ich jedem Einsteiger mit auf den Weg geben möchte.

Wann Wasserkühlung überhaupt Sinn macht!

Ich habe bei den Mythen bereits gesagt, dass Wasserkühlung im Grunde auch nur eine Luftkühlung ist. Der Vorteil ist einzig, dass die Hitze über die Wasserschläuche flexibler zu anderen Orten transportiert werden kann. Während eine Luftkühlung also meist den Kühlkörper direkt auf den Chip schnallt, kann eine Wasserkühlung den Radiator beliebig innerhalb und außerhalb des Gehäuses verstauen. Das heißt: Eine Wasserkühlung macht immer dann Sinn, wenn für eine potente Luftkühlung kein Raum ist. Das ist meiner Erfahrung nach in drei Szenarien der Fall:

Die erste Situation, in der Wasserkühlung Sinn macht, sind sehr kleine Gehäuse, in denen ein ordentlicher Luftkühler kein Platz hat. Ein HTPC (Home Theater PC) zum Beispiel soll in der Regel möglichst klein und HiFi-like sein. Das macht es regelmäßig sehr schwer, innen große Luftkühler zu verbauen. Eine Wasserkühlung hingegen kann den Radiator an beliebigen Stellen außerhalb des Gehäuses platzieren und so immense Kühlfläche liefern, ohne den Innenraum des kleinen PC vollzustopfen. Natürlich muss dafür dann die Pumpe und den Ausgleichsbehälter zusätzlich unterbringen, aber irgendwas ist ja immer.

Sinn macht Wasserkühlung in engen Gehäsue

Flexibel: Bei engen Gehäuse bekommt man die Hitze nach Draußen

Die zweite Situation ist ein Multi-GPU-System, also Rechner mit mehreren Grafikkarten. Luftkühler sind bei Grafikkarten oft direkt auf dem Chip montiert und brauchen ein Minimum an Frischluft. Sobald mehrere Grafikkarten in einem PC verbaut werden, schneiden diese sich regelmäßig gegenseitig die Luft ab. Erneut kommt die Wasserkühlung ins Spiel, die die Hitze beider Karten an einen anderen Ort transportieren kann. Eine Wasserkühlung erlaubt wieder die bessere räumliche Trennung von Wärmequelle (CPU, GPU) und Wärmetauscher (Radiator).

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Gold wert bei Multi-GPU-Systemen

Das letzte Szenario ist Optik und Modding. Natürlich kann man auch Luftkühlung optisch beeindruckend in Szene setzen, aber mir gefiel die saubere Optik der Schläuche immer besser als die kunstvolle Anordnung von Luftkühlern. Farbige Schläuche, UV-Licht, kunstvolle Ausgleichsbehälter: All das ist für viele Bastler der eigentliche Spaß am Wasserkühlen.

Mach dir einen Plan

Das alles soll aber nicht bedeuten, dass Wasserkühlung außerhalb der genannten Szenarien sinnlos ist. Jedem sollte nur klar sein, dass jeder normale Rechner mit Luftkühlung problemlos flüsterleise zu bekommen ist und dabei meist auch deutlich günstiger bleibt.

Sollte euch aber die Bastellust gepackt haben, dann ist mein erster Rat: Macht euch einen Plan. Das bedeutet: Macht euch vorher Gedanken, wie ihr die Schläuche verlegen wollt und wo der Ausgleichsbehälter positioniert werden kann. Überlegt genau, wo ihr Radiatoren im und außerhalb des Gehäuses verbauen könnt. Messt das Gehäuse aus, macht euch eine detaillierte Skizze und seid sicher, dass genug Platz für Anschlüsse bleibt und die Schläuche nicht zu eng gebogen werden.

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Planung ist die halbe Miete

Bevor ich damals mit meinem ersten Wasserkühlung-Mod anfing, habe ich tagelang Skizzen gezeichnet und mir genau überlegt, welche Positionierung der Elemente Sinn macht. Tut euch den Gefallen und investiert vorher etwas Planung in eurer neues Hobby, sonst kauft ihr dreimal.

Habe immer einen Ausweg parat

Wasserkühlung braucht Wasser, das sollte klar sein. Das bedeutet: Früher oder später müsst ihr Flüssigkeit ins System füllen und für jeden Umbau auch wieder rausbekommen. Deshalb zum Abschluss mein dringender Rat: Plant von vornherein einen Eingang (Fillport) und einen Ausgang (Ablasshahn) mit ein.

Der Fillport sollte idealerweise möglichst weit oben im Kreislauf sitzen, damit das Wasser durch die Schwerkraft ins System sickert. Der Ablasshahn sollte dementsprechend weit unten im System sein, damit das Wasser auf natürliche Weise hinausläuft.

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Ein Ablasshahn erleichtert das Entleeren

Nichts ist nerviger, als bei jedem Umbau mit Unmengen an Rest-Wasser zu hantieren, die einem über den Schreibtisch blubbern. Wer sich die Arbeit noch einfacher machen möchte, der plant direkt bei der ersten Verschlauchung Schnelltrennkupplungen mit ein. So können Areale des Kreislaufts direkt isoliert werden und müssen beim Befüllen und Entleeren nicht beachtet werden.

Worauf wartet ihr?

Meine aktive Zeit als Wasserkühlung-Bastler pausiert derzeit, aber wann immer ich meine alten Worklogs sehe, ergreift mich die Bastellust wieder. Für jeden halbwegs handwerklich begabten Bastler ist eine Wasserkühlung ein Traum an Möglichkeiten. Solange vor dem Start genug geplant wurde und die Erwartungen an eine Wasserkühlung angemessen sind, macht sie irre viel Spaß. Rechnet damit, dass ihr binnen Wochen nach der ersten Inbetriebnahme bereits mit neuen Ideen spielt und es ständig Details zu verbessern gibt. Wasserkühlung muss nicht teuer sein, wird es aber meistens 🙃

Worauf wartet ihr also? Falls ihr noch Fragen habt, schreibt mit gern in die Kommentare. Habt ihr eigene Erfahrungen? Ich bin gespannt!

See you in the comments!

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