Nein, das Google Pixel 6 kann ich nicht empfehlen (Testbericht)

Seitdem die ersten Bilder vom Google Pixel 6 (Pro) im Netz aufgetaucht sind, war mir klar: Das wird nichts mit uns beiden. Und das lag erstmal nur am gewöhnungsbedürftigen Design und der unhandlichen Größe. Über den Rest konnte ich mir erst einen Eindruck verschaffen, nachdem ich das Gerät nun selbst ein paar Monate in Benutzung hatte. Können die versteckten Qualitäten des Pixel 6, also seine Software, die Kameraqualität oder vielleicht die Akkulaufzeit, mich doch noch überzeugen? Die Antwort gibt es in diesem Beitrag. Viel Spaß!

Warum nicht das Pixel 6 Pro?

Während Google bei den bisherigen Generationen meist ein „kleineres“ Pixel und ein größeres mit dem „XL“ Zusatz auf den Markt gebracht hat, hat es jetzt das Namenschema von Apple übernommen und unterscheidet nicht mehr zwischen klein und groß, sondern zwischen Normal und Pro. Die neue Bezeichnung ist konsequent, denn nur eines von beiden als XL-Version zu bezeichnen, wäre irreführend. Beide Pixel 6 Modelle sind echte Dickschiffe und unterscheiden sich nur durch Technik im Inneren und kleine Design-Unterschiede. Das macht Apple genauso. Anders als Apple, die mit Mini und Max Version zusätzlich auch noch Größenunterschiede kennen, gibt es in der Pixel 6 Reihe keine „kleine Version“ mehr.

Zum Pixel 6 habe ich aus zwei Gründe gegriffen: Es ist das deutlich günstigere Modell und es hat – anders als das Pixel 6 Pro – ein flaches Display. Das an den Seiten leicht abgerundete Display des Pixel 6 Pro sieht zwar auf Produktbildern toll aus, aber ich hab noch kein Smartphone gesehen, bei dem ich das nicht als störend empfunden hätte.

Der tatsächliche Eindruck

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass mich das Pixel 6 im tatsächlich Gebrauch doch irgendwie begeistert hätte. Aber das hat es nicht. Im Gegenteil. Während das Pixel 6 auf Pressefotos zwar gewöhnungsbedürftig, aber doch auch originell aussieht, ist es im tatsächlich Eindruck wirklich unelegant und klobig. Hinzu kommt das, was Bilder nicht kommunizieren können: Das Gewicht. Und das spürt man mit 207 g deutlich. Alles in allem ist das Pixel 6 mit 158,6 mm (Höhe) x 74,8 mm (Breite) x 8,9 mm (Tiefe) sowie einer Displaygröße von 6,4 Zoll einfach ein ziemlich sperriges und schweres Biest.

Wirklich hässlich finde ich auch die fetten Displayränder, die nicht einmal an allen Seiten gleich dick sind. Das hat Google beim tollen Pixel 5 (mein reguläres Alltagsgerät) schon mal viel besser gemacht. Die Front wirkt eher wie ein zweckmäßiger Klumpen als wie ein Gerät, bei dem menschlich wahrnehmbare Ästhetik eine Rolle gespielt hätte. Die Rückseite ist auch so eine Sache, aber da weckt die Kameraleiste immerhin nostalgische Erinnerungen an das Nexus 6P.

Ein echtes Manko: Der Fingerabdrucksensor

Ein echtes Ärgernis ist der Fingerabdrucksensor, der – erstmals bei der Pixel Reihe – unter dem Display liegt. Warum er das tut? Gute Frage. Der Sensor auf der Rückseite hat seit dem ersten Pixel wundervoll funktioniert und auch ergonomisch gibt es keinerlei Vorteile, ihn auf die Front zu packen. Nein, der Sensor unter dem Display ist einfach nur deshalb da, weil Google es kann und damit wahrscheinlich modern und fortschrittlich wirken will.

Das alles wäre mir im Grunde egal, wenn der Sensor denn funktionieren würde. Aber das tut er nicht. Er ist kacklangsam und oft frustrierend unzuverlässig. Mit Displayschutzfolie wird das nur schlimmer und die benutzte ich – eigentlich – immer. Beim Pixel 6 musste die runter, um den Sensor überhaupt nutzen zu können. Aber auch ohne Folie registriert der Sensor den Finger nur in – geschätzt – 7 von 10 Fällen. Und wenn der Finger erkannt wird, leuchtet der Sensor oft nur vor sich hin und wartet darauf, dass man den Finger etwas bewegt. Es scheint fast so, als erwarte das Pixel 6 einen gewissen Druck mit dem Finger. Mit diesem Eindruck bin ich nicht allein. Nur in wenigen Fällen legt man einfach den Finger auf das Display und das Pixel entsperrt ohne Murren. Und selbst in diesen Best Case Szenarien ist der Sensor stets langsamer als der Sensor im Pixel 5, der blitzschnell und zuverlässig auslöst. Alles das schreibe ich übrigens mit dem neuesten Softwareupdate Mitte Februar 2002 (Buildnummer SQ1D.220205.004). Kurz gesagt: Der Fingerabdrucksensor allein reicht mir eigentlich, um von dem Pixel 6 abzuraten.

Noch ein störendes Detail: Der Sensor im Pixel 6 ist ein optischer Sensor. Er muss den Finger also beleuchten. Dazu lässt es das Display um den Sensor kurz stark leuchten. Nachts ist das unangenehm grell.

Und die klassischen Pixel Stärken?

Was bisher fast jedes Pixel für mich gerettet hat, sind die typischen „Pixel-Stärken“: Minimalistische Software mit exklusiven Google-Extras, eine tolle Fotokamera und zeitnahe und langfristige Updateversorgung. Leider lässt Google auch hier einiges auf dem Tisch liegen.

Die Software ist zwar unverändert toll zu nutzen und Android sieht (meine Meinung) nirgends besser aus, als auf einem Pixel. Beim Pixel 6 leistet sich Google gerade allerdings erstaunlich viele Fehler. Ausgeliefert wurde das Pixel 6 mit reichlich großen und kleinen Bugs. Das verkorkste Dezember-Update macht alles nur noch schlimmer und auch das Februar-Update lief nicht wirklich reibungslos. Persönlich betroffen war ich z.B. von den Empfangsproblemen. Ich will da aber gar nicht zu doll meckern. Im Alltag lief das Pixel 6 letztlich wie Butter, auch dank des 90 Hz Displays. So verkorkst wie die ersten Monate habe ich die Software bei einem Google Phone dennoch lange nicht erlebt.

Und damit kommen wir zur Kamera. Die ist toll. Fertig. Das Problem: Die Kamera des Pixel 5 ist es auch. Ich habe es in den fast drei Monaten mit dem Pixel 6 schlicht nie geschafft, eine spürbar bessere Fotoqualität wahrzunehmen. Das ist einerseits natürlich kein Kritikpunkt. Die Kamera kann so andererseits aber auch nicht all die anderen Kompromisse ausgleichen, die das Pixel 6 mit sich bringt. Die Kamera ist jedenfalls nicht derart viel besser als bei den Vorgängern, als dass ich dafür bereit wäre, so ein klobiges Gerät mit so einem nervigen Fingerabdrucksensor zu benutzen.

Das größte Argument für Pixel Smartphones war lange die Updategarantie von Google. Auch das Pixel 6 ist da erstmal keine Ausnahme. Drei Jahre Plattform- und fünf (statt zuvor vier) Jahre Sicherheitsupdates sind auch beim Pixel 6 eine feine Sache. Auch hier ist der Feind des Guten aber das Bessere. Samsung verspricht für seine Galaxy S22 Reihe erstmals vier Jahre Plattform- und (ebenfalls) fünf Jahre Sicherheitsupdates. Mittlerweile baut Google ja sogar die („Tensor“) Prozessoren selbst, die in den Pixel Smartphones laufen. Es gibt also keine Ausreden, warum Google bei den Updates nicht auch (wieder) vorangehen könnte. Von einer ähnlich guten Versorgung mit Updates wie bei iOS (das 2015 veröffentlichte iPhone 6S läuft auf dem aktuellen iOS 15) will ich da nicht mal reden.

Fazit

Die Antwort lautet also leider „Nein“.

Nein, das Pixel 6 konnte den schlechten Eindruck nicht revidieren. Nein, die tolle Kamera und das saubere Android retten es diesmal nicht und Nein, ich empfehle es niemandem. Der Fingerabdrucksensor wäre für mich allein ein Grund, einen Bogen um das Pixel 6 zu machen. Die klobige Bauart und das schwere, (zu) große Gerät wäre weitere Gründe. Da der Vorgänger, das Pixel 5, leider nicht mehr zu angemessenen Preisen zu bekommen ist, muss ich Freundinnen von purem Android dieses Mal tatsächlich hängen lassen. Vielleicht lohnt sich dieses Jahr für Pixel Fans aber erstmals ein Blick zu Samsung. Das Galaxy S22 ist erfreulich handlich, soll (derzeit) konkurrenzlos langfristig Softwareupdates erhalten und hat eine Weltklasse-Kamera. Nein, 2021 war kein gutes Jahr für Pixel Fans, jedenfalls nicht für den Pixel-Fan, der diesen Blog betreibt.

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