Android N auf dem Nexus 5X: Die Beta-Version ausprobiert

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Neues Jahr, neues Android. Ganz dem etablierten Updatezyklus folgend, erwartet die Google-Welt in den kommenden Monaten eine neue Version des Android-Betriebssystems. Die Vorschauversionen des noch unbetitelten und unbezifferten neuesten Android-Ablegers habe ich zunächst links liegen lassen. Auf der Google I/O 2016 im vergangenen Mai wurde nun aber eine Beta veröffentlicht, die laut Google stabil genug sein soll, um sie im Alltag zu nutzen. Ich habe diese neue Testversion deshalb die letzten Wochen auf meinem Nexus 5X ausprobiert und möchte euch kurz ein paar Gedanken dazu mitgeben.

Wo bleibt der Update-Durchbruch?

Die – für mich jedenfalls – traurige Nachricht vorab: Auch die dritten Testversion ist nicht für den bald drei Jahre alten Nexus-Klassiker, das Nexus 5, verfügbar. Ich habe die Beta stattdessen auf einem Nexus 5X genutzt, das mir dank einer Leihgabe von LG Deutschland derzeit zur Verfügung steht. Das Schicksal des Nexus 5 wird den Meisten hier egal sein, aber es steckt doch mehr dahinter, also nur der fehlende Support (vermeintlich) alter Hardware. Anstatt nämlich mit Android N endlich eine Antwort auf das alte Problem des notorisch schlechten Softwaresupports im Android-Lager zu bieten, scheint Google so weiter zu machen wie bisher: Es bleibt dabei, dass Google bereits an neuen Versionen bastelt, während jeder dritte Nutzer da draußen noch immer Android 4.4 „KitKat“ nutzt, also fast drei Jahre alte Software. Selbst die derzeit aktuellste offizielle Version 6 „Marshmallow“ hat es gerade erst auf knapp über 10 % geschafft.

Ich hätte es daher gern gesehen, wenn Google die Gelegenheit genutzt hätte, mit Android N auch eine Strategie vorzulegen, die dieses ewige Dilemma endlich wirksam angeht. Möglich wäre es doch gewesen, dass Google die Nutzung des wichtigen Google Play Stores durch die Hersteller davon abhängig macht, dass diese ihre Geräte mindestens drei Jahre mit aktueller Software versorgen? Auch wäre denkbar, dass Google Kernsystem und Hersteller-Extras derart trennt, dass ersteres unabhängig von Samsung & Co direkt durch Google aktualisiert werden kann. Zu einer solchen Strategie hätte es dann wirklich gut gepasst, wenn Google symbolisch verkündet hätte, auch das fast drei Jahre alte Nexus 5 weiter zu unterstützen. Dessen Hardware gäbe es schließlich mit Leichtigkeit her.

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Für das ehrwürdige Nexus 5 (vorne) scheint tatsächlich Schluss zu sein :‘-(

Leider ist nichts derartiges geschehen. Als einzigen Schritt in diese Richtung könnte man lediglich ansprechen, dass Google bei Android N das Konzept der „nahtlosen Updates“ einführt, das bereits von Chrome OS bekannt ist: Updates werden im Hintergrund auf eine zweite Partition geladen und bei einem Neustart schaltet das System schlicht um; Ohne Warterei und ohne App-Optimierung. Aber dieses praktische Feature wird nicht einmal für das aktuelle Nexus 5X und Nexus 6P verfügbar sein, geschweige denn für die tausenden Samsungs, LGs und Sonys, die derzeit verkauft werden. Stattdessen wird diese Fähigkeit speziell partitionierten Neugeräten vorbehalten bleiben.

Splitscreen für alle

Das herausstechende neue Feature von Android N ist sicherlich die „Splitscreen-Ansicht“. Unter Android N ist es nun möglich, zwei Apps neben- beziehungsweise übereinander zu nutzen. Hält man die Multitasking-Taste gedrückt, wird sich die gerade genutzt App halbiert und man kann bequem jede andere aktive App in dem freien Bereich einblenden. Zwar gibt Android N derzeit bei vielen Apps noch eine Warnung aus, dass nicht alle Apps in dieser geteilten Ansicht richtig funktionieren, aber bei mir liefen alle getesteten Apps problemlos.

Diese neue Splitscreen-Ansicht provoziert für mich nun zwei Fragen. Erstens: Wie sinnvoll ist Splitscreen auf normalgroßen Smartphones? Und zweitens: Was lässt sich aus diesem neuen Feature für den Weg ableiten, den Google mit seinem mobilen Betriebssystem in Zukunft gehen will?

Was den Nutzen angeht, gebe ich zu, dass ich zunächst nicht wirklich viel mit der Splitscreen-Funktion anfangen konnte. Nachdem ich das Feature kurz ausprobiert hatte, verschwand es doch sehr schnell wieder aus meiner Wahrnehmung. Erst im Laufe der Wochen, die ich die Beta im Alltag nutzte, fielen mir Situationen auf, in denen ich die Funktion durchaus zu schätzen wusste. Ich erinnere mich zum Beispiel daran, dass ich ein Youtube-Video schaute, während mich ein Bekannter per Threema kontaktierte. Anstatt nun zwischen Youtube und Threema hin- und her zu wechseln und dabei jedes mal das Youtube-Video (mangels Hintergrund-Playback) zwangsweise zu pausieren, konnte ich des gesamte Video bequem in der einen Hälfte des Bildschirm laufen lassen und in der anderen den Threema-Chat verfolgen. Zwar nahm die Bildschirm-Tastatur jedes mal das Vollbild ein, wenn ich auf eine Nachricht antworteten wollte, aber das Video lief dank paralleler Ausführung beider Apps problemlos weiter. Diese und andere Situationen haben mir dann doch gezeigt: Ja, auch auf „kleinen“ Displays gibt es für das gleichzeitige Nutzen zweier Apps durchaus Anwendungsfälle.

Interessanter aber finde ich die Frage, was der neue Splitscreen-Modus darüber sagt, welchen Android in Zukunft gehen soll. Bis vor Kurzem hätte ich aus der neuen Funktion selbstverständlich abgeleitet, dass Google sein mobiles System langsam, aber sicher – wie Apple mit iOS 9 und dem iPad Pro – für den Produktiveinsatz fit machen will. Das von vielen für seine begrenzte Produktivität kritisierte Google Pixel C Tablet gewinnt durch Android N in Zukunft zum Beispiel einiges an vermisster Nützlichkeit.

Aber mittlerweile macht Google sich in Sachen produktiver Betriebssysteme ja selbst Konkurrenz, indem es Android Apps auf sein Chrome OS bringt. Und Chrome OS kann schließlich längst Apps in Fenstern anzeigen. Wozu also jetzt noch die Arbeit in die Splitscreen-Fähigkeit bei Android N stecken? Die Antwort dürfte dann doch recht einfach sein: Auf lange Sicht wachsen Chrome OS und Android so wieder ein Stück zusammen und mittelfristig profitieren beide Systeme: Android Tablets erhalten endlich mehr Anwendungsmöglichkeiten und die Arbeit, die Entwickler in die Fenster-Kompatibilität ihrer Android Apps stecken, kommt auch der Darstellung in Chrome OS zu Gute.

Android wird unübersichtlich

Leider ist der neue Splitscreen-Modus für mich auch so ziemlich das einzige wirklich lobenswerte oder auch nur interessante neue Feature in Android N. Natürlich steckt in Android N noch sehr viel mehr. Da wäre zum Beispiel „Daydream“, der neue eingebaute Virtual Reality Modus von Android, die bessere Unterstützung für mehrere Eingabesprache oder bunte Keyboard-Themes in der Google Tastatur. Ich persönlich gehöre derzeit aber noch zu den erklärten Virtual-Reality-Skeptikern und tue mich daher schwer, Begeisterung für „Daydream“ zu entwickeln. All diese Funktionen sind aber natürlich willkommen und es muss ja auch nicht jedes neue Features jeden Nutzer vom Hocker hauen.

Durchaus für jeden Nutzer spürbar wird aber sein, dass Google wieder einmal am Design herumschraubt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie Google vor zwei Jahren mit Android 5.0 „Lollipop“ das gelungene Material Design einführte und mit ihm die Benachrichtigungen in einer Kartenansicht sortierte. Seit Android 5.0 „Lollipop“ und besonders mit der gelungenen Verfeinerung durch Android 6 „Marshmallow“ gehört der Look und das Design von purem Android für mich zum Besten, was mobile Bedienkonzepte angeht.

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Das neue Android N (links) und das alte Android M (Rechts): Die übersichtlichen Karten sind gestrichen

Mit Android N hingegen verabschiedet sich Google wieder von dieser Balance zwischen Übersichtlichkeit und Komplexität. Die Benachrichtigungen sind beispielsweise nicht mehr getrennt in Karten angeordnet, sondern werden als eine Art „Wand aus Text“ eng gestaucht. Auf Android-Einsteiger dürfte das nicht besonders übersichtlich wirken. Das setzt sich leider in den Einstellungen und im Drop-Down-Menü fort. In den Einstellungen begrüßen einen nun Empfehlungen, Favoriten und sogar ein extra Hamburger-Menü, um schnell zwischen Rubriken zu wechseln. Im Drop-Down-Menü gibt es zwar neue Quick-Settings, aber die purzeln recht wirr herunter und brechen mit dem organisch fließenden Konzept, das mit Material Design eingeführt wurde.

Android N weckt bei mir daher insgesamt unangenehme Erinnerungen an die unübersichtlichen Zeiten vergangener Tage, die Android den Ruf eingebracht haben, gegenüber iOS das deutlich Einsteiger-unfreundlichere System zu sein. Den mit Material Design gut gemachten Boden gefährdet Android N nun unnötig. Ich hoffe aktuell, dass Google hier noch ein bisschen Feinschliff in der Hinterhand hat.

Mein Fazit nach einigen Wochen Alltagnutzung

Nach nun ungefähr 3 Wochen Nutzung im Alltag will sich keine rechte Vorfreude auf die finale Veröffentlichung einstellen. Einzig das Splitscreen-Feature scheint mir ein lohnenswertes Update zu werden. Besonders in optischer Hinsicht muss ich aber gestehen, dass mir Android Marshmallow derzeit deutlich besser gefällt ist. Rein technisch kann ich hingegen nicht viel Kritik äußern. Die Beta lief weitgehend problemlos auf meinem Nexus 5X. Lediglich Threema meckerte aufgrund fehlender Anpassung einiger Datenbankstrukturen herum. Auch die Performance ist auf dem Nexus 5X auf gleichem Niveau wie unter Android 6, was jedoch weder als Lob noch als Kritik gewertet werden sollte. Ob man die Beta nun bereits alltagstauglich nennen kann, hängt sicher von den eigenen Ansprüche ab. Ich würde trotz anfänglicher Startschwierigikeiten nach dem Update via Android Beta Program aber wohl sagen, dass man die Beta durchaus im Alltag nutzen kann.

Was den Namen angeht, habe ich übrigens für N wie „Nerds“ gestimmt und ich würde tippen, dass Google bei der Nummerierung tatsächlich auf Android 7.0 geht. Das Splitscreen-Feature wird man als großen Fortschritt darstellen wollen, was eher für einen großen Nummerierungssprung spricht.

Soviel zu meinem Eindruck im Alltag. Falls jemand noch witzige Last-Minute-Namensvorschläge hat oder seine eigenen Erfahrungen mit der Android N Beta mitteilen möchte: Ihr wisst ja, wo ihr mich findet.

See you in the comments!

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