Erweiterbarer Speicher: Heilsbringer oder falscher Prophet?

ErwSpeicher

Zugegeben, der Titel ist etwas theatralisch. Was ich aber in so manchen Diskussionen lese, erweckt in mir doch den Eindruck, dass erweiterbarer Speicher (gleich nach dem wechselbaren Akku) tatsächlich für viele Nutzer wichtiger als die zweite Niere ist. Was also ist dran an erweiterbarem Speicher in Smartphones? Ist das Fehlen eines SD-Speicherslots wirklich ein K.O. Kriterium nicht nur für einzelne Geräte, sondern ein ganzes Ökosystem? Oder ist er ein baldiges Relikt in Zeiten von Spotify & Co?

Mein erstes Smartphone war ein Galaxy S. Es lief die längste Zeit mit Android Gingerbread und hatte sowohl einen wechselbaren Akku als auch einen erweiterbaren Speicher. Da der erste Eindruck oft bleibend ist, machte mich diese erste Erfahrung schnell zu einem Android-„Fan“. Selbstredend hielt ich auch die „erweiterbarer Speicher“- und „wechselbarer Akku“-Flagge hoch. Heute würde ich sagen, dass ich sie nicht nur hoch hängte, sondern auch etwas mit dem Wind wehen ließ. Im Laufe der Zeit machte sich bei mir nämlich die Erkenntnis breit, dass erweiterbarer Speicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Heute würde ich sogar sagen, dass ich keinen erweiterbaren Speicher brauche. Trotzdem gehört er für mich aber nicht auf die Restehalde der Technik.

Erweiterbarer Speicher ist nicht immer „mehr“ Speicher

Natürlich habe ich für mein Galaxy S damals sofort eine Speicherkarte gekauft, 32 GB groß um genau zu sein. Sie tut noch heute ihren Dienst in meinem Lumia 520. Naturgemäß habe ich mich sofort auch allen überlegen empfunden, die zum Beispiel beim iPhone für teures Geld Modelle mit größerem internen Speicher gekauft haben.

Ich musste aber schnell realisieren, dass die 32 GB mir nur beschränkt weiter helfen. Unter Android 2.3.6 („Gingerbread“) wie unter allen folgenden Android Versionen lassen sich Apps nämlich nicht auf SD-Speicher installieren. Zwar gab und gibt es immer wieder Wege, Apps auf die SD-Karte zu verschieben, aber die laufen je nach Android Version mal schlechter, mal besser und funktionieren nicht mit allen Apps. Viele Apps versagen außerhalb des internen Speichers schlicht ihren Dienst. Andere lassen sich gar nicht verschieben oder benötigen Root-Rechte, um verschoben zu werden. Das ganze hat natürlich viel mit künstlichen Beschränkungen seitens Android oder der Hersteller zu tun. Andererseits spielen die Formatierung des internen und externen Speicher hier durchaus eine Rolle und App-Entwickler dürften auch ein Interesse daran haben, dass ihre kostenpflichtigen Apps nicht via mobilem Speicher weiterverteilt werden. Wenn Apps dann doch auf externem Speicher laufen, neigen vor allem Games hin und wieder dazu, deutlich ruckeliger zu laufen, weil die Speicherkarten schlicht nicht die Performance des fest verbauten Speichers bieten. An diesem Punkt bin ich allerdings sehr interessiert, ob Windows Phone 8 mit das dem Blue-Update (oder auch: Windows Phone 8.1) besser hinkriegtt. Den Leaks zu Folge soll nämlich die Auslagerung von Apps auf den externen Speicher ermöglicht werden (Update: Mittlerweile ist Windows Phone 8 das System, das die Auslagerung von Inhalten auf die SD-Karte mit vorbildlicher Zuverlässigkeit ermöglicht).

Erweiterbarer Speicher ist für mich letztlich also eher „Medienspeicher“ und vor allem sinnvoll für Leute, die ausladende Musik- und Filmbibliotheken haben oder viele Fotos speichern wollen.

Erweiterbarer Speicher ist nicht immer zuverlässig

Meine Erfahrung mit SD-Karten war bisher nicht besonders schlecht. Ich habe bisher weder Daten durch mangelhafte Karten verloren, noch hatte ich Kompatibiltätsprobleme. Andererseits gab es genug Momente, in denen meine Smartphones (vorzugsweise Androidgeräte) die Karte nicht indizieren wollten. Das heißt: Die Karte war eingesetzt, aber Android weigerte sich die Daten zum Beispiel in der Musik-App anzuzeigen. Ein Neustart des Geräts hat diesen Fehler bisher immer geheilt, aber als reibungslos würde ich das nicht bezeichnen. Genauso hatte ich schon diverse Probleme mit zu großen Daten oder zu geringen Lese- und Schreibraten.  Filme wollten aufgrund ihrer Größe nicht auf FAT32 formatierten Karten installiert werden oder ruckelten mangels ausreichender Geschwindigkeit. All das lässt sich mit anderen Formaten wie exFat oder ext4 lösen, aber erstens mag das viele Nutzer bereits überfordern und zweitens habe ich persönlich auch keine Lust darauf, mich ständigg um solche Kleinheiten zu kümmern.

Auch deshalb ist die Nutzung einer SD-Karte für mich eher zweite Wahl, solange interner Speicher zur Verfügung steht.

Erweiterbarer Speicher kann Features verhindern

Erst sehr spät habe ich zudem erfahren, dass SD-Karten gewissen Features sogar völlig im Weg stehen können. So kommt es bei erweiterbarem Speicher schnell zu Problemen mit dem seit Android 4.2 eingeführten Multi-User Support. Um dieses Feature wirklich sinnvoll einsetzen zu können, muss der Speicher ein Dateisystem haben, dass irgendeine Art von Berechtigungsverwaltung hat. Weil SD-Karten aber auf möglichst vielen Systemen (zum Beispiel im Leseslot des heimischen Mac oder Windows PC) funktionieren sollen, werden meist Formate eingesetzt, die nur sehr grundlegende Möglichkeiten bieten, die Rechte an einzelnen Dateien zu verwalten.

Wenn aber nicht klar ist, zu welchem User die Datei gehört, ist das Multi-User Konzept dahin. Entweder installiert man jede App doppelt und verschwendet Speicherplatz oder man lebt mit Konflikte zwischen verschiedenen Nutzerrechten. Beides ist keine wirkliche Lösung.

Das böse C-Wort

Für mich war letztlich aber ein anderer Punkt ausschlaggebend dafür, dass ich heute meist nur Geräte mit weniger internem Speicher nutze oder jedenfalls keinen großen Wert auf erweiterbaren Speicher lege: Cloud Speicher. So abgedroschen dieses Argument auch ist, so sehr hat mich doch letztlich Spotify dazu gebracht, meine Daten nicht mehr lokal zu speichern. Dabei geht es mir aber weniger darum, dass ich der Meinung bin, Cloud Speicher könne internen Speicher ersetzen. Ganz im Gegenteil: Ich halte lokalen Speicher für die deutlich verlässlichere Lösung (Datenschutz, Ausfallsicherheit, Netzabdeckung).

Stattdessen ist bei Cloud Speicher für mich schlicht etwas anderes entscheidend: Die Geräte-Unabhängigkeit. Ich wechsle meine Geräte sehr häufig. Manchmal nutze ich sie nur einige Woche. Oft nutze ich auch viele Geräte parallel. Sei es für einen Vergleichstest oder weil ich PC, Tablet und Smartphone nutze. Meine Musik, mein Podcasts und meine Comics sind dank Spotify & Co, Pocket Casts oder Comixology Apps stets auf allen Geräte erreichbar. Ich hätte schlicht keine Lust, ständig diverse SD-Karten zu synchronisieren oder eine Karte in verschiedene Geräten zu nutzen.

Schlechte Ausreden

Natürlich will ich die Hersteller damit nicht aus ihrer Pflicht entlassen. Cloud-Dienste hin oder her: Geräte mit 8 GB Speicher sind schon grenzwertig. Die Aufpreise, die HTC oder Apple teilweise für Modelle mit größerem Speicher verlangen, sind und bleiben darüberhinaus einfach unverschämt. Viele der Probleme mit SD-Karten sind zudem softwareseitig und mit etwas Aufwand wohl zu lösen. Da liegt es also eher am Nicht-Wollen als am nicht Nicht-Können.

Wie seht ihr das? Ist erweiterbarer Speicher für euch noch ein K.O.-Kriterium? See you in the comments!

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