Zündfunke für den Smartwatch-Markt? Die Apple Watch ist nicht das iPhone!

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Ich bin Smartwatch-Fan. Meine Pebble Steel und meine Moto 360 sind wichtige Teile meines mobilen Techniklebens. Ich bin ebenfalls iPhone-Freund. Ich verteidige sogar hin und wieder iOS-Käufer gegen allzu pauschale Verurteilungen. Aber ich bin noch immer kein Fan der Apple Watch. Vor allem einer Behauptung kann ich mich überhaupt nicht anschließen: Die Apple Watch ist nicht der Zündfunke für den jungen Smartwatch-Markt, wie es das iPhone für Smartphones war.

Ja, das iPhone war etwas besonderes

Ohne iPhone und iPad wären wir heute nicht da, wo wir sind, davon bin ich überzeugt. Wir können lange darüber streiten, wer wann das erste Tablet oder das erste Smartphone gebaut hat. Apple war es jedenfalls nicht. Trotzdem ist der Einfluss von Apples erstem Smartphone unbestreitbar. Die drei großen Errungenschaften des iPhones sind für mich:

  • Intuitive Touchbedienung
  • App-Ökosystem
  • simple, elegante Hardware

All das gab es einzeln auch vorher, aber erst das iPhone vereinte alle drei Komponenten in einem Gerät und definierte damit praktisch über Nacht neu, was Verbraucher von einem Smartphone erwarten. Kein Smartphone, das seitdem am Markt erfolgreich war, kam ohne diese drei Eigenschaften aus.

Apple machte das Smartphone populär und befreite es vom Mythos des klobigen und komplizierten Gadgets für Techniknerds. Aus fummeliger Stifteingabe und klobigen, knarzigen Geräten wurde ein intuitives und nutzerfreundliches Bedienerlebnis. Vor allem aber schuf und etablierte Apple ein lebendiges Ökosystem rund um seinen Appstore und machte das Programmieren von kleinen Programmen für mobile Geräte zu einem Milliardengeschäft. Seit 2007 sind diese Dinge derart normal und gewöhnlich geworden, dass jeder Verbraucher sie für gegeben hält. Deshalb: Ehre, wem Ehre gebührt – vieles davon verdanken wir Apple und seinem ersten iPhone.

Nein, die Apple Watch ist nicht das iPhone

Als am 09. März die „Spring Forward“ Keynote zu Ende ging und Apple seine Apple Watch endlich offiziell vorgestellt hatte, ratterten rund um den Globus die Blogger-Tastaturen. Seitdem findet sich in sehr, sehr vielen Artikeln, News und Editorials die Aussage: „Die Apple Watch ist nicht neu, aber sie wird für den Smartwatch-Markt das sein, was das iPhone 2007 für den Smartphone-Markt war“.

„The Apple Watch is nothing new (but it’s about to change everything).“

– Michael Fisher, Pocketnow

Natürlich wird Apple von der Apple Watch in den ersten Tagen mehr Exemplare verkaufen als es alle anderen Hersteller zusammen im letzten Jahr geschafft haben. Während Android Wear Uhren im Jahr 2014 ca. 700.000 mal gekauft wurden und Pebble seit dem Verkaufsstart Anfang 2013 knapp die Millionenmarke geknackt hat, erwartet man, dass Apple allein in diesem Jahr über 18 Millionen Exemplare der Apple Watch absetzen wird. Das alles ändert aber nichts daran, dass die Apple Watch weit weg von der Revolution eines iPhone ist. In allen oben genannten Bereichen versagt die Apple Watch oder zieht maximal mit der Konkurrenz gleich.

„I just kinda felt lost a litte bit.“

– Dieter Bohn, The Verge

Zunächst wäre da die Bedienung der Apple Watch: Bereits in meinem Ersteindruck zur Apple Watch habe ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als das konfuse Durcheinander aus Tip-, Tap-, Halt-, Drück- und Drehbedienung vorgestellt wurde. Nachdem nun am Montag erstmalig eine Vielzahl von Testern die Apple Watch ausprobieren konnten, war das Echo mehr als zurückhaltend. Sogar Dieter Bohn, der Executive Editor von The Verge, die wahrlich nicht als Apple-Feinde gelten, sagte in seinem Ersteindruck, dass er sich bei der Bedienung verloren fühlte. Während also das erste iPhone gefeiert wurde, weil es in einer fast unheimlichen Art und Weise die Touchbedienung zum natürlichsten Ding der Welt machte, haftet der Apple nichts von diesem magischen Flair an.

AppleWatchPebble

Nein, das ist nicht die Apple Watch, sondern die Pebble Time Steel

Als nächstes wäre da das Design und die Optik. Bis zuletzt hatte ich im Geheimen darauf gehofft, der pummelige Metallquader wäre eine Finte gewesen, ein Dummy, ein großer Gag und auf der Keynote würde man eine Uhr vorstellen, die dem hohen Niveau gerecht werden würde, das wir von Apple gewohnt sind. Auch in dieser Hinsicht hat das erstes iPhone einschneidende Auswirkungen gehabt. Die Apple Watch hingegen reiht sich nahtlos ein in die Reihen der eckigen Metallgehäuse mit Display. Egal ob die neue Pebble Time, die Sony Smartwatch oder die Asus Zenwatch. Die Apple Watch setzt keine Maßstäbe. Ganz im Gegenteil, sie wirkt dick, klobig, gewöhnlich. Keiner der Konkurrenten muss danach seine Designphilosophie überdenken, wie es das Heer an QWERTY-Smartphones nach dem ersten iPhone musste.

Zuletzt wird die Apple Watch natürlich auch Apps haben. Kleine Programme, die direkt auf der Uhr laufen. Was soll man dazu sagen? Von Beginn an blüht um die Pebble Uhr ein lebendiges Ökosystem, das mit dem Start der Pebble Steel direkt große Namen wie ESPN und Foursquare an Bord hatte. Auch Android Wear bietet seit seinem Start die Möglichkeit, eine Pizza vom Handgelenk zu ordern. Während das erste iPhone in eine Welt platzte, in der es üblich war, sein Smartphone-Kauf davon abhängig zu machen, ob Snake vorinstalliert war, wurde es nach dem iPhone auf einmal zu einem Tor in die unendliche App-Welt. Die Apple Watch hingegen muss erst einmal beweisen, wie stark das Interesse der Appentwickler an dem kleinen Display sein wird. Allerdings: In diesem Punkt hat Apple sicherlich noch das meiste Potential. Zwar ist die Apple Watch nicht die App-Revolution wie es das erste iPhone war, aber mit Blick auf die traditionell sehr hochwertige und engagierte Entwicklerszene um iOS und Apple dürfte das App-Angebot für die Apple-Watch schnell das Niveau der Konkurrenz erreichen und wohl auch übertreffen.

Marktmacht statt Innovationskraft

Was am Ende bleibt, ist eines der deutlichsten „Me too“-Produkte aus dem Hause Apple, das ich je gesehen habe. Von der revolutionären Kraft des ersten iPhones sehe ich in der Apple Watch nichts. Dass die Apple Watch trotzdem weit schneller Verbreitung finden wird, liegt allein an der mittlerweile etablierten Marktmacht von Apple, nicht an der Innovation des Produktes. Letztlich wird die Apple Watch natürlich allein aufgrund des zahlungswilligen und -fähigen Apple-Klientel dafür sorgen, dass Smartwatches an Akzeptanz gewinnen. Und so behält der oben zitierte Michael Fisher am Ende doch Recht: Der Smartwatch-Markt wird einen gewaltigen Kick bekommen. Aber diesem Kick fehlt all das, was das iPhone so besonders machte: Innovation und Eleganz.

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