Im Namen der Glaubwürdigkeit: Wie persönlich muss ein Blogger sich zeigen?

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Seitdem ich meinen Blog Anfang 2014 gestartet habe, frage ich mich immer wieder: Wieviel Privates möchte ich zeigen? Und welche Bedeutung haben mein Name oder mein beruflicher Hintergrund für meine Leser? Ist Anonymität vielleicht sogar schädlich für die Glaubwürdigkeit eines Autors? Oder sollte der Autor nicht eigentlich in den Hintergrund treten und nur sein Inhalt überzeugen? Und vor allem: Ist das alles letztlich gar eine Frage der eigenen Eitelkeit?

Anonym geht ohnehin nicht

Auf meiner Unterseite „Über diesen Blog“ habe ich bereits gesagt, dass ich mich mit Einblicken in mein Privatleben eher zurückhalten möchte. Aber: Allein die Pflicht, ein Impressum zu führen, ist für einen Blogger ja bereits eine Art Selbstentblößung. Diese Zwangseinblicke in mein Privatleben sind notwendig, um jedem die Möglichkeit der Rechtsverfolgung zu geben, der sich durch meine Inhalte in seinen Rechten beeinträchtigt sieht. Anonymes Bloggen ist in Deutschland deshalb im Grunde unmöglich. Diesen Kompromiss muss jeder schlucken, der sich mit eigenen Inhalten an die Allgemeinheit wendet. So eindeutig die Rechtslage im deutschen Telemedienrecht ist, so erstaunlich finde ich, wie wenig Beachtung das Impressum tatsächlich findet. Oder hat jemand von euch jemals dort nachgeschlagen, wie ich heiße? Interessiert das überhaupt? Gemessen an der Fanpost, die ich an die dort hinterlegte Anschrift erhalte, wage ich zu behaupten, dass Name und Anschrift euch ziemlich kalt lassen.

Selbstentblößung oder Zurückhaltung?

Mit Blick auf die deutsche und internationale Szene kann ich sowohl die Tendenz zur Selbstentblößung als auch zu starker Zurückhaltung ausmachen. Es gibt Beispiele für beide Richtungen. Wer Youtuber wie MacMixing oder MKBHD verfolgt, der wird gemerkt haben, dass beide im letzten Jahr nach langer Zeit ihre Kanäle umbenannt haben und nun unter ihrem bürgerlichen Namen auftreten. Aus MacMixing wurde Dom Esposito, aus MKBHD wurde Marques Brownlee. Was treibt diese Youtuber zu diesem Schritt? Woher kommt der Antrieb, sich hinter dem Pseudonym hervorzuwagen?

Andererseits gibt es aber auch Gegenbeispiele: Der sympathische Youtuber Technikfaultier etwa tritt seit eh und je nur unter seinem Pseudonym auf und beantwortet penetrante Fragen nach dem beruflichen Hintergrund konsequent mit „Waschbärdompteur“. In gleicher Weise nutzen die beiden Mitbegründer von TheWPHub und WindowsUnited stets die Aliase „Königstein“ und „Leonard Klint“. Und auch ich trete online ausschließlich unter dem Alias DMM oder DeathMetalMods auf (was damals in Folge 2 des TheWPHub-Podcasts direkt zu einer spaßigen Namessuche führte). Für viele Akteure der Online-Szene scheint die Trennung zwischen privater Identität und digitaler Persona also nach wie vor sehr wichtig zu  sein.

„Dafür stehe ich mit meinem Namen“

Ein sehr offensichtlicher Ansporn für die Offenlegung der eigenen Identität ist sicherlich, dass man damit dem eigenen Inhalt mehr Authentizität verleiht. Man versteckt sich nicht hinter einer Maske, sondern zeigt sein vermeindlich wahres Ich. Wer die alten Werbespots von Claus Hipp noch kennt, weiß, wie der Babybrei-Hersteller um das Vertrauen seiner Kunden wirbt: Der Firmenchef versicherte stets, dass er für seine Qualität mit seinem eigenen Namen einstehe. Aber ist das bei Autoren genauso wichtig? Macht es meine Artikel glaubwürdiger, wenn ihr wisst, was ich beruflich mache oder wie alt ich bin? Ob ich Trekkie oder Jedi bin? Ob ich Metal-Fan oder Schlager-Hörer bin? Sicher, teilweise spielt es eine ganz erhebliche Rolle: In Artikeln über Verschlüsselung darf man schon fragen, was und ob ich etwas davon verstehe. Wenn ich aber darüber schreibe, was ich vom iPhone 6 halte (Spoiler: Nicht sehr viel), ist mein Hintergrund doch Wurscht, richtig?

Dazu kommt, dass das Selbstbild, das man im Internet von sich zaubert, selten dem wahren Ich entspricht. Natürlich zeigen sich deutsche Youtube-Größen wie FelixBa oder AlexiBexi stets gut aufgelegt, wenn sie uns ihre herrlichen Videos präsentieren. Ich kenne beide nicht persönlich und habe absolut keinen Anlass, ihnen irgendwas zu unterstellen, aber würden wir die beiden im wahren Leben so wiedererkennen? Welchen Wert hat das vermeindliche Offenlegen von Privatem, wenn dabei bewusst nur bestimmte Facetten unserer Persönlichkeit gezeigt werden? Egal wie natürlich und ehrlich wir uns zeigen wollen: Der natürliche Instinkt jedes Menschen wird früher oder später dafür sorgen, dass wir uns nicht völlig entblößen. Ich halte es ehrlich gesagt für fast unmöglich, jemanden über seine Online-Präsentation wirklich kennen zu lernen und dementsprechend wenig gebe ich darauf, was an Privatem über einen Blogger durchsickert.

Eitelkeit und Pflichtgefühl

Jeder Blogger schreibt, weil er glaubt, dass er was zu sagen hat. Auch ich habe ja mit dem Schreiben angefangen, weil ich mir anmaßte, meine Gedanken hätten mehr Wert, als sie nur beim Kaffee mit Freunden zu bequatschen. In gewisser Weise sind also alle, die online Inhalte präsentieren, so arrogant zu glauben, das würde jemanden interessieren. Aber: In der Regel tut es das ja auch. Abonnenten, Follower und Klickzahlen geben einem das Gefühl, etwas zu sagen zu haben. Liegt es da nicht nahe, auch den Rest seines Alltags für ähnlich bedeutend zu erachten? Wenn 1000 Leute lesen, was ich über Datenschutz denke, dann interessiert doch bestimmt auch die Farbe meiner Bettwäsche, oder? Fühle ich mich als „Person von Interesse“ nicht sogar meinem „Publikum“ verpflichtet? Verlangen meine Leser nicht sogar, zu wissen, wer ich bin und wie ich ticke? Die Versuchung, sich selbst zu wichtig zu nehmen, ist definitiv vorhanden.

Ich denke: Letztlich kommt es auf die Inhalte ab, die ich als Blogger produziere. Je mehr persönliche Note, je mehr Unterhaltung, desto mehr geht es um die Person des Bloggers und nicht mehr so sehr um den Inhalt. Und gerade deshalb sind ja auch die Videos von vielen Youtubern so beliebt: Sie sind mehr als die 100te Review zum neuen Windows Phone. Sie machen Spaß, sie unterhalten, sie sind genauso sehr Ausdruck einer einzigartigen Persönlichkeit wie sie gesammelter Sachverstand sind.

Natürlich gibt es aber auch noch Sonderfälle, in denen Online-Persönlichkeiten scheinbar offen, aber lange Jahre unter einem Pseudonym auftreten. Ein Beispiel dafür ist die Podcasterin Cali Lewis von GeekBeat.TV, die sich kürzlich outete, tatsächlich den Namen Luria Petrucci zu tragen. Das Pseudonym konnte erst fallen, als der kommerzielle Erfolg es ihr endlich ermöglichte, ihren vermeindlich unamerikanischen Namen zu benutzen. So berichtet sie in der aktuellen Folge von TWiT.

Für mich bleibt es dabei, dass mich guter Inhalt deutlich mehr anzieht, als persönliche Einblicke. Ich bin letztlich immer mehr an der Technik und an dem Thema als an dem Autor interessiert. Ein Video, das ein neues Gerät ehrlich und detailliert vorstellt, ist mir viel lieber als ein nichtssagendes, aber sehr persönliches Quatsch-Video. Stehe ich damit eher alleine dar? Wie seht ihr das? Ist diese Distanz zum Autor wichtig für euch oder könnt ihr ohne private Einblicke kein Vertrauen zu dessen Inhalten aufbauen? Ich bin gespannt.

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