Warum ich aufgehört habe, Threema für Windows Phone zu empfehlen

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Update (31.08.2015): Ich habe die Threema App für Windows Phone natürlich weiter beobachtet und – mit Freude – am 31. August einen Nachfolger-Artikel zu dieser Kritik veröffentlichen können, in dem ich erkläre, warum mir die Windows Phone App endlich eine Empfehlung wert ist. Das Update findet ihr im Artikel „Ein Jahr nach Release ist die Threema App für Windows Phone endlich eine Empfehlung wert!„.

Originalbeitrag: Oft schreibe ich hier über Datenschutz und digitale Privatsphäre. Die Themen liegen mir am Herzen. Whatsapp, Google und Facebook finden sich dabei regelmäßig im Fadenkreuz meiner Kritik. Auf der Loben-Seite findet sich dafür stets Threema wieder, der Kurznachrichten-Dienst mit besonderem Fokus auf Datenschutz und digitale Privatsphäre. Seit der Übernahme von Whatsapp durch Facebook läuft beinahe meine gesamte Kommunikation über Threema. Dementsprechend habe ich mich sehr gefreut, als endlich eine offizielle Threema-App für Windows Phone 8 veröffentlicht wurde. Aber die Freude ist mir vergangen: Ich habe aufgehört, meinen Windows Phone Freunden Threema zu empfehlen: Hier lest ihr, warum.

Nichts gegen Threema

Versteht mich nicht falsch: Von Threema halte ich weiterhin sehr viel und nutze den Dienst unter iOS und Android nach wie vor als Haupt-Messenger. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Threemas Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist noch immer nur von wenigen Konkurrenten aufgegriffen worden. Der Dienst ist ohne Preisgabe von Telefonnummer oder E-Mail-Adresse benutzbar. Will man wissen, wer aus dem Bekanntenkreis schon bei Threema ist, lädt die App nicht das gesamte Kontaktbuch hoch, sondern vergleicht nur Hashwerte der Telefonnummern. Die Inhalte der Chats werden gelöscht, sobald die Nachrichten zugestellt sind. Und  als Sahnehaube bietet Threema die namensgebenden drei Vertrauensstufen. Damit wird verhindert, dass unbekannte Dritte sich für mich ausgeben können, falls sie etwa nach einem Providerwechsel meine Handynummer erben.

Zu alledem ist die App unter iOS und Android vorbildlich designt, zuverlässig und stabil. Extras wie die Abstimmungsfunktion und Basics wie Gruppenchat, Video- und Bilderversand machen Threema meiner Meinung nach zu einer hervorragenden Alternative zu allen anderen Nachrichten-Apps. Bei Whatsapp, Skype oder Telegram muss ich stets damit rechnen, dass meine Unterhaltungen auf fremden Servern herumliegen und von Fremden gelesen werden. Bei Threema kann ich sagen, was ich will und weiß, dass es nur mein Gesprächspartner lesen kann. Meine Empfehlung bleibt für iOS und Android unverändert: Threema kaufen und nutzen!

Threema für Windows Phone: Die Freude vergeht

Im November war es soweit und Threema hat nach vorheriger Ankündigung und einer geschlossenen Beta-Phase die Threema-App für Windows Phone 8 veröffentlicht. Mein Ersteindruck war gut: Die App bot alle Basics, die ich von Threema erwartet hatte: Das Erstellen der Schlüssel, das Scannen von Freunden über QR-Codes und natürlich die Nachrichten-Funktion selbst waren von Anfang vorhanden und liefen gut. Zudem widerstand Threema auch der Versuchung, einfach das Design seiner iOS und Android App zu kopieren und griff die klassische Panorama-Optik und das flache Design auf, das Windows Phone für mich so besonders macht.

Das Problem: Seit November 2014 gab es – korrigiert mich gern – genau ein Update, das aber keinerlei neue Funktionen mitbrachte. Dabei wäre das bitter nötig. Nach vier Monaten wird mir von Woche zu Woche klarer, dass die Threema-App zwar ein erster guter Aufschlag war, aber in diesem Zustand keine Empfehlung mehr wert ist.

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Problem Nummer 1: Die Performance

Was genau fehlt der Threema-App? Zum ersten wäre da die Performance und Zuverlässigkeit. Wer iMessage und Whatsapp nutzt, der kennt gelegentliche Zustellprobleme. Vor denen ist zwar auch Threema unter iOS und Android nicht gefeit. Die Windows Phone 8 App aber scheint überdurchschnittliche Probleme zu haben, im Hintergrund die Nachrichten abzufragen. Nicht selten sprechen mich Kollegen oder Freunde auf unterbliebene Antworten an und dann purzeln nach dem Öffnen der App mehrere Chats hinein. Selbst wenn die Nachrichten aber über eine Toast-Notification ankommen, dauert es oft gefühlte Ewigkeiten, bis diese nach dem Öffnen der App auch gelesen werden können. Vor allem aber startet die App oft deutlich langsamer als konkurrierende Apps von Telegram oder Whatsapp. Obwohl alle Dienste bei mir im Hintergrund laufen, wirkt es so, als ob Threema große Teile der App neu laden muss, wenn ich eine Nachricht abrufen möchte. Wartezeiten und unzuverlässige Zustellung sind die Folge. Nach vier Monaten muss ich ehrlich sagen: Ich bin nicht allzu anspruchsvoll und freue mich vorrangig darüber, dass Threema überhaupt verfügbar ist. Aber so langsam wird der Komfortunterschied im Vergleich zu anderen Messengern zu auffallend.

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Zweites Problem: Links lassen sich nicht öffnen

Leider ist es nicht „nur“ die Performance und Zuverlässigkeit, die mir bei der App nach vier Monaten zunehmend fehlen. Es sind gerade fehlende Grundfunktionen, die die Nutzung im Alltag vermiesen. So ist es bespielsweise noch immer nicht möglich, versandte Links direkt zu öffnen. Ja, ihr lest richtig: Will ich Freunden einen Link zu interessanten Artikeln senden, kann ich das über Threema zwar tun, aber die Links sind nicht anklickbar. Als Workaround habe ich mir angewöhnt, die Links einfach in einen einzelnen Chat zu stecken, so dass mein Gegenüber den mit Copy und Paste in den Internet Explorer einfügen kann. Dass das nach vier Monaten noch immer nicht gefixt wurde, ist vielleicht die größte Schwäche in der aktuellen Threema Version. (Update: Dieser und andere Mangel wurde mit Version 1.3.1.1 endlich behoben. Mehr dazu am Ende des Artikels)

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Drittes Problem: Wie üblich kann die WP8 App nicht beim Funktionsumfang mit zB Android (hier abgebildet) mithalten

Seit Veröffentlichung der App kann die Windows Phone Version zudem nicht mit dem Funktionsumfang mithalten, den die Versionen für iOS und Android bieten. Die Gruppenfunktion ist weiterhin nur eingeschränkt implementiert wurde mittlerweile zum Glück verbessert, aber die neue Abstimmungsfunktion fehlt noch völlig. Allerdings: Bei diesen Extras bin ich nicht ganz so enttäuscht. Als Windows Phone Nutzer bin ich es schlicht gewohnt, dass die Apps im Funktionsumfang hinterherhinken. Warum sollte Threema da eine Ausnahme sein?

Kompromisse im Namen des Datenschutzes?

Also gut: „Die App ist nicht perfekt. Aber ist das alles es nicht wert? Es geht doch schließlich um den Schutz meiner Privatssphäre. Was spielt es da für eine Rolle, dass ich Links nicht direkt öffnen kann oder die App träge ist?“ Derartige Argumente haben ihre Berechtigung und gerade weil ich ein so vehementer Fürsprecher für datensparsame digitale Dienste bin, habe ich die Mängel in der Threema-App so lange hingenommen. Wie ihr der Überschrift entnehmen könnt, habe ich auch „nur“ aufgehört, die App meinen Freunden zu empfehlen. Selbst nutze ich sie auch unter Windows Phone weiter.

Aber das alles kann nicht entschuldigen, dass die App vier Monate nach ihrem Start in diesem Zustand dahinvegetiert. Die eigene digitale Freiheit ist es wert, Umwege in Kauf zu nehmen und Komfort einzubüßen. Die Mängel im Threema Dienst von Windows Phone haben jedoch nichts mit Datenschutzvorgaben zu tun. Unter iOS und Android steht die App auf einer Komfort-Stufe mit der Konkurrenz. Es geht besser, das zeigt Threema selbst. Gerade weil Threema bewiesen hat, dass ein klasse Messenger möglich ist, der gleichzeitig voll auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung setzt, sehe ich keinen Grund, sich bei Windows Phone „im Namen des Datenschutzes“ mit weniger zufrieden zu geben.

Ursachenforschung: Wo klemmt es?

Die Frage ist natürlich: Warum scheint die App seit der Veröffentlichung nicht mehr gepflegt zu werden? Als Erklärungen bieten sich diverse Varianten an. Hat Microsoft der Threema GmbH vielleicht Geld gezahlt? Soweit ich weiß, ist jede Microsoft-Region hinsichtlich der Verbesserung des lokalen App-Angebots unabhängig und hat die Aufgabe, lokal nachgefragte Apps zu fördern. Es wäre nicht das erste Mal, dass Microsoft sich die Entwicklung einer App einkauft. Vielleicht war diese Summe nur ein Anreiz für Threema, es im Windows Phone Store zu versuchen? Rechnet sich die Weiterentwicklung möglicherweise nicht?

Oder ist gar das Geschäftsmodell von Threema selbst verantwortlich? Anders als Whatsapp kann Threema die Kommunikation nicht auswerten und die daraus erstellten Interessenprofile zu Geld machen. Threema muss daher seine Kosten allein über den Verkauf der (günstigen) App decken. Wächst die Verbreitung nicht schnell genug und stetig genug, macht der Dienst wirtschaftlich keinen Sinn. Ist das vielleicht der Grund dafür, dass die Windows Phone 8 App nicht weiterentwickelt wird?

Ich weiß es nicht und habe daher diese Fragen vor Wochen an die Threema GmbH geschickt. Eine Antwort habe ich leider nicht erhalten. Für mich ist daher das eingetreten, was ich in der Überschrift gesagt habe: Freunden, die – auch aufgrund meiner Empfehlung – ein Windows Phone kaufen, habe ich früher auch direkt empfohlen, sich Threema zu installieren. Das tue ich aktuell nicht mehr. Weil die App keinen Spaß macht. Weil sie frustriert und weil das weder für Windows Phone noch für Threema ein Aushängeschild ist.

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