Spotify: Was das Update für Windows Phone 8 wirklich bedeutet

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Zugegeben, man könnte den Eindruck kriegen, ich hätte bei Windows Phone 8 nur zu meckern. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Ich nutze Microsofts mobiles Betriebssystem derart gern, dass mir Fehler und Mängel um so schwerer im Magen liegen. Das wurde mir erst kürzlich wieder bewusst, als Spotify (endlich!) seine App für Windows Phone 8 aktualisiert hat. Aber trotzdem: So willkommen das Update ist, so sehr besorgen mich doch einige Schlüsse, die ich daraus schließen muss.

Dealbreaker-Apps

Ich nutze Spotify viel und sehr zufrieden. Ich hatte unter iOS und Android noch nie Probleme mit Synchronisation, verlorenen Playlisten oder schlechter Verbindung (man liest ja von sowas). Meine Bedenken gehen bei Spotify höchstens in die Richtung, dass ich das Gefühl habe, dass das Überangebot an Musik mein Hörverhalten tiefgreifender beeinflusst, als ich es für möglich gehalten habe. Aber das habe ich bereits ausführlich erklärt: Hat Spotify meinen Musikgeschmack verdorben?

Vor nicht allzu langer Zeit gab es große Umstellungen in den Apps für iOS und Android. Features wie Radio, Entdecken und Stöbern haben mir unzählige neue Bands nahegebracht. Erst kürzlich bin ich dank dieser Funktionen beispielsweise von dem Irrglauben befreit worden, dass die großartigen Septicflesh etwas mit Grindcore gemeinsam hätten. Ebenfalls nicht lange her ist es, dass Spotify eine andere langersehnte Funktion nachgeliefert hat. Statt Künstler, Alben und Songs nur in Playlists zusammenzustellen, kann man sie jetzt klassisch in normaler Biobliothek-Art archivieren: Spotify nennt das „Sammlung“ und hat mit dieser Funktion auch die bis dato vorhandene Playlists-Rubrik entfernt (bzw. in „Sammlung“ integriert).

Kurzum: Spotify ist für mich eine Dealbreaker-App. Ein Ökosystem, das diesen Dienst nicht bietet, ist für mich kaum nutzbar. Auf dem iPhone oder Android bietet sie aber mittlerweile alles, was ich von einem Streaming-Dienst hinsichtlich Design und Funktion erwartete.

Windows Phone 8 und seine Aufholjagd

Als ich im letzten Jahr aus reiner Neugier mein erstes WP8-Gerät ausprobiert habe (dazu mein Review zum Lumia 520), war ich grundsätzlich erst einmal froh, dass Spotify überhaupt auf WP8 verfügbar war. Vorgestellt wurde die App allerdings erst Anfang 2013 und seitdem wurde sie leider auch kaum gepflegt. Bis vor Kurzem sah man der Windows Phone 8 Variante deutlich an, dass Microsofts Betriebssystem ganz hinten auf der Prioritätenliste von Spotify steht. Sie war schlicht in desolatem Zustand.

Die Windows Phone 8 App bisher: Kaum nutzbar

Die Windows Phone 8 App bisher: Kaum nutzbar

Als Funktionen wie Radio, Entdecken oder Stöbern in die iOS und Android Versionen Einzug hielten, passierte bei Spotify nichts. Auch als das Design vor Kurzem auf die neue schwarze Optik umgestellt und die Rubrik „Playlists“ in die neue Rubrik „Sammlung“ integriert wurde, rührte sich bei Windows Phone 8 nichts. Bis weit in dieses Jahr hinein, blieb die WP8-Version funktional auf die Basisfunktion beschränkt: Musik suchen, in Playlisten speichern und wiedergeben.

Aber nicht nur das. Seit dem Start der App kämpft Spotify unter Windows Phone 8 mit Bugs und Fehlern. Besonders ärgerlich war es, wenn die App nach kurzer Standby-Zeit völlig vergaß, welcher Song (geschweige denn ab welcher Zeitmarke) gespielt wurde. Die gesamte App wirkte wie eine andauernde Beta und bot nur minimalste Nutzbarkeit.

All das hat sich seit Mitte Mai endlich geändert. Als mein Lumia 920 mir für Spotify ein Update anzeigte, war ich voll freudiger Erwartung. Und tatsächlich: Die App wurde völlig runderneuert und bietet endlich nicht nur die Wiedergabe von Playlisten, sondern auch Radio, Entdecken und Stöbern. Die gute Nachricht also: Bei Spotify hat man Windows Phone 8 nicht vergessen!

Update ohne Seele

Das Update auf Version 3.0 brachte also funktionsmäßig einen riesigen Sprung.  Das ist grundsätzlich positiv und ich will auch nicht herumnörgeln, aber bei mir dauerte es keine 3 Sekunden, bis ich tief schlucken musste und realisierte: Dieses Update raubt der Spotify App für Windows Phone 8 seine Seele.

Das liegt ganz einfach an dem neuen Design. Dabei ist „neues Design“ gar nicht die richtige Beschreibung. Das Design ist nämlich nicht neu, sondern kopiert Optik und Bedienung von Android und iOS zu 99 %. Worüber beschwere ich mich dann? Ganz einfach: Windows Phone 8 hat derzeit zwar einige Asse im Ärmel, aber es sind nicht sehr viele (dazu: 5 Dinge, die WP8 richtig macht). Zu diesen Trümpfen zähle ich vor allem die einmalige Optik. Damit meine ich nicht nur das unerreicht futuristische flache Design, die Kacheln, die spartanische Struktur oder die Simplistik, die Windows Phone 8 so erfrischend anders machen, sondern auch das seitswärs-scrollende Bedienprinzip. Während iOS und Android die Funktionen ihrer Apps in hierarchischen Ebenen anordnen, sind die Apps in WP8 „seitwärs“ angeordnet. So war auch die frühere Spotify-App eine breite Ebene, auf der Wiedergabe, neue Musik und das Menü nebeneinander angeordnet waren. So ist es üblich in Windows Phone 8 und das hebt es von anderen Betriebssystemen ab.

Die neue App hingegen ist ein reinrassiger Klon der iOS und Android Designsprache. Ein Hauptfenster mit vielen Unterebenen. Will ich deshalb die alte App zurück? Ich wäre wohl verrückt, wenn ich wegen des Designs die neuen Funktionen aufgeben würde, aber doch: Das Spotify Update mag zeigen, dass in Schweden noch an Windows Phone 8 gedacht wird, aber das Update macht vor allem eines deutlich: Man hat keine Seele und kein Herz in die App gesteckt. Es ging stattdessen rein darum, Funktionen nachzuliefern. Und jetzt frage ich euch, werte Leser: Was ist schlimmer? Eine originelle App, die die Kern-Designphilosophie von WP8 respektiert oder ein herzloser Klon? Ich persönlich bin leider schwer enttäuscht. Spotify hätte die Chance gehabt, die neuen Funktionen in völlig neuer und einzigartiger Weise zu präsentieren. Aber genau diese Mühe schien Windows Phone 8 nicht wert gewesen zu sein und das sagt eine Menge. Noch schlimmer: Wenn dieses Modell Schule macht, dann verliert WP8 einen seiner größten Pluspunkte.

Obwohl dieser Punkt der für mich klar bedeutendste ist, darf man auch kritisieren, dass die neue App zwar Funktionen nachliefert, aber das wohl wichtigste neue Feature, die „Sammlung“, nicht beinhaltet. Das ist extrem ärgerlich, weil damit 90 % meiner gespeicherten Bibliothek nicht erreichbar ist. Aber diesen Punkt will ich nicht überbewerten, schließlich ist auch die iPad-Version der Spotify-App noch nicht auf das neue Design samt „Sammlung“ aktualisiert. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass das Update gleich mit einem Rundumschlag alles aufholt. Ebenfalls ärgerlich ist, dass die Nutzung der WP8-Version noch immer nur mit einem Premium-Account möglich ist. Die Gratisnutzung ist immer noch auf iOS und Android begrenzt. Das ist vor allem deshalb merkwürdig, weil Spotify selbst davon spricht, dass man auf dem „Handy gratis“ abspielen kann. Windows Phone scheint nicht dazu zu gehören.

Wo soll das hinführen?

Windows Phone 8 ist ein großartiges Betriebssystem. Einen Großteil seines Charmes zieht es aus seiner radikal anderen Designsprache. Ja, ich bin froh, dass überhaupt Updates kommen, aber ich habe es ehrlich gesagt satt, als Windows Phone 8 Nutzer das dritte Rad am Zweirad zu sein. Wenn das Jahr 2014 wirklich das Jahr sein soll, in dem sich das Appgap schließt (so ja Joe Belviore im November 2013 via Twitter), dann erwarte ich mehr als lieblose Android-Klone und ewiges Nachsehen bei Funktionen. Das Update für Spotify zeigt, dass WP8 zwar gesehen, aber nicht ob seiner Besonderheiten gewürdigt wird. Und das finde ich fast noch ärgerlicher als eine schlechte App an sich.

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