Sony Xperia X im Test: Was heißt eigentlich „zu teuer“?

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Android-Smartphones haben ein Problem, und zwar ein selbst verschuldetes.  Seit eh und je versuchen Hersteller von Android-Geräten den (früher noch deutlicher) spürbaren Rückstand beim Bedienkomfort gegenüber iOS-Geräten mit einer Extraladung an technischem Bombast auszugleichen. In Zeiten, in denen iPhones noch mit einer Dual-Core-CPU und 1 GB RAM verkauft wurden, priesen Android-Hersteller ihre aktuellen Flaggschiffe bereits mit 8-Kern-Prozessoren und RAM im Überfluss an. Die Botschaft: „Wer gleiches Geld für weniger Technik ausgibt, ist blöd, insbesondere die Apple-Käufer, deren iPhones auf dem Datenblatt kaum mithalten können.“

Die gute Nachricht: Android kann längst ein Bedienerlebnis erster Klasse bieten, ohne auf aberwitzige Ressourcen angewiesen zu sein. Die schlechte Nachricht: Bei Käufern ist die alte Botschaft noch viel zu präsent. Ein Android-Telefon muss stets High-End-Technik bieten, um es überhaupt wagen zu dürfen, in iPhone-Preisregionen mitspielen zu dürfen. Ansonsten verdient es sich das Preisschild nicht.

Android hat sich damit selbst eine Falle gestellt und der jüngste Hersteller, dem diese Falle zum Verhängnis zu werden scheint, ist Sony. Dessen Xperia X bietet für sein Preisschild von 599 € (UVP des Herstellers) lediglich ein Datenblatt, das mehr nach gehobener Mittelklasse klingt. Aber es wird Zeit, dass sich das Android-Lager von seinem Leistungswahn trennt. Und das Sony Xperia X ist eine gute Gelegenheit, damit anzufangen.

Der Marketing-Boomerang

Bevor ich in mein Review einsteige, möchte ich noch auf eine kleine Kontrovorse eingehen, die es aktuell um Testberichte zum Xperia X gibt. Während ich diese Zeilen schreibe, veröffentlichen auch andere Youtuber und Blogger ihre ganz eigenen Reviews zum Xperia X. Und die fallen mitunter erstaunlich kritiklos aus. Einige dieser Berichte sind in Kooperation mit Sony entstanden. Das Problem daran ist nicht, dass soetwas anrüchig wäre. Ganz im Gegenteil: Wird ein Artikel, Testbericht oder Video (in welcher Form auch immer) durch den Hersteller des getesteten Produkts beeinflusst, so muss das eben klargestellt werden. Fertig. Solche Testberichte sind dann zwar nicht wirklich glaubhaft, sondern wenig mehr als gut produzierte Werbevideos. Aber wer nichts anderes behauptet, der verhält sich jedenfalls nicht unehrlich.

Nein, das Problem ist, dass dadurch natürlich der Eindruck entstehen kann, jeder Testbericht, jedes Review und jedes Video zu diesem Gerät sei ähnlich beeinflusst. Und hier komme ich ins Spiel. Das Gerät, auf dem dieser Testbericht beruht ist – wie so oft bei mir – ebenfalls nicht mit meinem eigenen hart verdienten Geld gekauft worden, sondern wurde mir für drei Wochen kostenlos von der Sony PR-Abteilung zur Verfügung gestellt. Was das für mich und meine Unabhängigkeit bedeutet, habe ich bereits vor einiger Zeit in einem eigenen Artikel aufbereitet. Kurz gesagt: Geschönte Testberichte wird es bei mir selbstverständlich nicht geben. Daher vorab nochmal deutlich der folgende Disclaimer: Dieser Artikel ging online, ohne dass – neben mir – irgendwer inhaltlich oder redaktionell damit etwas zu tun hatte. Ich habe Sony-Geräte in der Vergangenheit schon gelobt, aber auch stark kritisiert und stehe auch in diesem Review zu jedem Wort als meine ganz eigene Meinung zum Xperia X.

Viel Anlass zum Lob

So lang die Vorrede gerade war, so kurz kann ich das Ergebnis meines Tests auch zusammenfassen. Das Xperia X ist ein ausgezeichnetes Smartphone. Verarbeitung, Displayqualität, Größe, Bediengefühl und Akkulaufzeit sind für meinen Geschmack fast ideal. Aber der Reihe nach.

Die Xperia-Reihe ist für mich ein alter Bekannter. In meinen Tester-Händen hatte ich schon das Xperia Z1 Compact, das Z3 Compact und auch das Z5 Compact. Wer sich wundert, dass ich mir stets die Compact-Ableger rauspicke, dem kann ich nur sagen, dass ich ein großer Fan handlicher, aber leistungsfähiger, Smartphones bin. Und damit wären wir auch mitten im Thema, denn mit seinem 5 Zoll Display und einer Gehäusebreite von unter 70 Millimetern ist das Xperia X angenehm handlich. Zwar kann ich auch Smartphone-Riesen wie dem Huawei Nexus 6P viel abgewinnen, aber es geht für mich im Alltag doch nichts über entspannte Einhand-Bedienung. Während mir die Vertreter der normalen Xperia-Z-Linie mit ihren 5,2 Zoll Displays immer eine Spur zu groß waren, beschreitet das Xperia X mit 5 Zoll nun einen idealen Mittelweg zwischen Sonys Kompakt- und Normalklasse.

Lobenswert ist auch, dass Sony dem Xperia X ein elegantes und hochwertiges Metallgehäuse spendiert hat. Anders als die bisherigen Vertreter der handlichen Compact-Reihe, die in Sachen Verarbeitung immer auf Kunststoff degradiert wurden, bietet das Xperia X endlich das edle Vollmetalgehäuse, das bisher den normalen Z-Ablegern vorbehalten war. Glücklicherweise hat Sony dabei trotz geschrumpftem Korpus das Full-HD Display beibehalten. Das Xperia X kommt damit auf selbst für meine Augen angenehm knackige 440 Pixel pro Zoll und zeigt auch bezüglich Kontrast, Helligkeit und Blickwinkel keinen Grund zur Kritik. Unter grellem Licht schaltet das Display zudem in einen Hochkontrast-Modus, wie man ihn etwa vom Galaxy S7 kennt, und hat mich in Sachen Outdoor-Ablesbarkeit deshalb nicht enttäuscht. Das Xperia X bietet damit als erstes Sony Smartphone seit Langem eine (für mich) sehr gelungene Mischung zwischen Größe, Verarbeitungs- und Displayqualität.

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Geniale Position: Der Fingerabdrucksensor in der Standby-Taste

Als Geniestreich empfinde ich weiterhin den seitlich in die Standby-Taste integrierten Fingerabdruckleser. Egal ob das Xperia X auf Front oder Rückseite liegt: Der Sensor ist stets erreichbar. Vor allem aber arbeitete er in meiner Zeit mit dem Testgerät ausgezeichnet, schnell und zuverlässig. Da das Display des Xperia X auch Double-Tap-To-Wake unterstützt, habe ich mir so eine ganz eigene Bedienung angewöhnt, um Nachrichten auf dem Lockscrenn zu prüfen: Einfach Display doppelt antippen und wenn Dinge warten, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen, ist das Gerät sofort mit einer Berührung der Standby-Taste entsperrt.

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Auch bei viel Standby-Belastung komme ich auf ca. 3 Stunden Display-On-Time

Positiv ist auch mein sonstiger Eindruck. Der Akku etwa ist mit 2620 mAh angemessen groß für ein Full-HD-Display und den 5 Zoll Korpus. Die versprochenen 2 Tage Laufzeit erreiche ich zwar nicht (warum Sony sich so unnötig weit aus dem Fenster lehnt, verstehe ich nicht), aber selbst lange Tage im Büro samt Feierabend schaffe ich meist problemlos, ohne nachladen zu müssen. Die für mich kritische Schwelle von 3 Stunden „Display-On-Time“ habe ich selbst an Akku-strapazierenden Tagen mit viel Standby-Belastung geschafft (Dauerhaft gekoppelte Smartwatch, viel Streaming über WLan und Bluetooth, Social Media, Messenger, News lesen etc). Ich hatte jedenfalls zum Feierabend regelmäßig 40 % und mehr Ladung übrig und hätte wenig Bedenken, das Gerät auch jenen zu empfehlen, die im Zweifel nicht immer eine Steckdose in der Nähe haben.

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Stereo-Speaker machen einfach so viel mehr Spaß!

Beibehalten hat Sony zum Glück auch die Stereo-Front-Lautsprecher. Die klingen für meine Ohren zwar nicht ganz so kraftvoll wie beispielsweise die vom Nexus 6P, aber dessen Schallkörper ist auch schlicht größer. Trotzdem ist es ein Vergnügen, bei Netflix, Youtube & Co mit mehr als nur einem plärrenden seitlichen (oder gar rückwärtigen) Einzel-Speaker leben zu müssen. Zusammen mit dem ebenfalls vorhandenen SD-Kartenslot dürfte das Xperia X für viele Medienjunkies also eine ganz ausgezeichnete Medien-Wiedergabe-Maschine in handlichem Formfaktor sein.

Angetrieben wird das Ganze von einem Snapdragon 650 Chip samt 3 GB Ram. Dieser Punkt dürfte zum vielleicht größten Teil zur Kritik am Xperia X beigetragen haben. Der Snapdragon 650 wirkt auf dem Datenblatt eines 600 € Gerät für viele etwas deplaziert. Aber genau das ist das Problem: Seit Jahren definieren wir im Android-Bereich das Preis-/Leistungsverhältnis anders als im Apple-Bereich, wo Leistungsdaten fast keine Rolle spielen.

Das Preisschild eines iPhones wird regelmäßig vor allem über Begriffe wie „Gesamteindruck“ und „Bedienkomfort“ gerechtfertigt. Würde man das Xperia X nun mit dem gleichen Maß messen, dann relativert sich das vermeintlich schwache Datenblatt: Das Xperia X bedient sich nämlich ausgesprochen reaktionsschnell und komfortabel. Vor allem im Vergleich zum eher trägen Nexus 5X oder zum etwas besseren Moto X Style zeigt der Snapdragon 650 seine Stärken. Zahlenspiele hin oder her: Für mich schlägt der Snapdragon 650 den Snapdragon 808 im Alltagserlebnis deutlich. Das ist im Grunde auch kein Wunder, denn der Snapdragon 650 überholt den ehemaligen High-End-808 in Benchmarks durchaus deutlich und kann oft sogar mit dem Snapdragon 810 mithalten, der im Xperia Z5 Premium Flagschiff oder auch im Nexus 6P arbeitet.

Aber diese Diskussion will ich eigentlich nicht führen. Benchmarks interessieren mich nicht. Was zählt, ist das Bediengefühl im Alltag und hier machte mir das Xperia X sehr viel Spaß. Natürlich hätten ein verbauter Snapdragon 810 oder gar 820 zusammen mit möglichen 4 GB Arbeitsspeicher auf dem Datenblatt besser ausgesehen, aber solange ein Smartphone sich so angenehm bedient wie es das Xperia X tut, sind mir Benchmarks und Zahlen im Zweifel – ehrlich gesagt – total egal. Das Xperia X hat für mich hinsichtlich des Bedienkomforts daher kein Preis-/Leistungsproblem, sondern vielmehr Android ein Zahlenwahn-Problem.

Zuletzt habe ich dann auch noch das übliche Lob für die Software übrig. Seit einiger Zeit hat Sony seine hauseigene Xperia UI in Sachen Firlefanz stark reduziert und die Bedienoberfläche in fast allen Punkten dem puren Look des Android 6.0 „Marshmallow“ der Google Nexus Geräte angeglichen. Ich persönlich bevorzuge diese saubere, pure Android-Oberfläche. Nur in einigen Bereichen behält sich Sony eigene Anpassungen vor: Der Lockscreen wird beispielsweise als graue Fläche angezeigt und seitlich (statt vertikal) weggewischt, in den Einstellungen finden sich einige Sony-eigene Einträge und die Shortcuts in der Benachrichtigungsleiste sind um Extras wie Stamina-Modus erweitert worden. Im App-Drawer kann man zudem zwischen vielen verschiedenen Darstellungsarten wählen und hat nicht die vertikale schlichte Anordnung von Android Marshmallow übernommen. Die Sony eigenen App-Symbole wirken auf mich zwar noch immer etwas antiquiert und warum Sony weiterhin darauf besteht, den Software-Home-Button als stilisiertes Häuschen darzustellen, will mir nicht in den Kopf. Schließlich würden Dreieck, Kreis und Quadrat doch gerade bei Sony, dem Hersteller der Playstation, Sinn ergeben. Aber all die kleinen Kritikpunkte am Software-Look lassen sich für mich fast vollständig damit lösen, dass ich den Google Now Launcher statt des Sony Launchers nutze. Die zahlreich vorinstallierte Bloatware wie Koko eBooks, AVG Protection oder viele Sony-Apps kann man zudem dankenswerter Weise deinstallieren.

Die Spielverderber

Am Liebsten würde ich den Testbericht hier auch beenden und sagen, die Preisdebatte wäre unberechtigt und das Xperia X sein Geld wert. Aber so einfach ist es dann leider doch nicht, denn Sony leistet sich bei dem ansonsten gelungenen Xperia X  auch einige völlig unnachvollziehbare Ausrutscher.

Zu diesen Spielverderbern könnte man bereits den micro-USB-Anschluss zählen, den Sony anstatt des modernen USB-C Standards verwendet. Ich persönlich habe mich mittlerweile doch sehr an den reversiblen USB-C Stecker gewöhnt und würde den micro-USB-Port tatsächlich als Ärgernis benennen, aber einerseits ist USB-C auf dem Massenmarkt wirklich noch nicht allzu verbreitet und andererseits befindet sich Sony derzeit noch in guter Gesellschaft zum Samsung Galaxy S7, das ebenfalls noch auf micro-USB setzt.

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Geduld nötig: Gute 2 Stunden braucht das Xperia X zum Vollladen

Nein, die wahren Spielverderber sind ganz klar die Kamera, die träge Akkuladegeschwindigkeit und ein Grundsatzproblem bei Android-Software. Kommen wir zuerst zur Ladegeschwindigkeit: Obwohl Sony das Xperia X mit Unterstützung für Quick Charge 2.0 bewirbt, kann von Schnellladen kaum die Rede sein. Während das Nexus 6P beispielsweise seinen 3450 mAh großen Akku in fast 90 Minuten füllt, braucht das Xperia X nach meinen Erfahrungen über 2 Stunden, um seinen deutlich kleineren Akku zu füllen. Wer sich einmal an echtes Schnellladen gewöhnt hat, den wird das Xperia X also enttäuschen.

Die wahre Enttäuschung ist allerdings die verbaute Kamera. So sehr die Japaner hier in ihrem Marketing-Material mit den üblichen Superlativen um sich werfen, so sehr enttäuscht ihre Smartphone-Kamera (wieder einmal) im Alltag. Die Fotos leiden oft an einem agressiven Helligkeitsausgleich, verlieren Kontrast und kämpfen in nicht-optimalen Lichtverhältnissen sehr schnell mit schwammigen Details. Gerade unter schlechten Bedingungen zeigt die Kamera starke Schwächen und sieht trotz seines pompösen 23-Megapixel-Sensors kein Land gegen (etwa) die Kamera des Nexus 6P, die zwar nur die halbe Auflösung schafft, aber trotzdem deutlich mehr Details ablichten kann. Natürlich ist die Kamera unter perfekten Lichtbedingungen zu grandiosen scharfen Bilder fähig, aber das können mittlerweile fast alle Kameras. Mit dem Galaxy S7 oder den aktuellen Nexus-Geräten ist allerdings gerade bei nicht-optimalen Lichtbedingungen sehr viel passiert. So viel, dass man einfach nicht mehr akzeptieren sollte, was die Kamera des Xperia X im „Low-Light-Bereich“ abliefert.

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Der Helligkeitsausgleich des Xperia X ist für meinen Geschmack zu aggressiv

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Im Low-Light verlieren sich zu schnell Details

Auch ansonsten kommt keine rechte Fotografie-Freude auf: Die Kamera braucht manchmal überraschend lange, um über die dedizierte Kamerataste gestartet zu werden und vor allem braucht das Xperia X gefühlte Ewigkeiten, bis das Foto tatsächlich auch gespeichert wurde. Der gute Pro-Modus mit seinen manuellen Einstellungen hilft zwar bei der Bildqualität, aber in Zeiten, in denen Konkurrenzkameras bereits im Automatik-Modus in 99 % der Fälle bessere Fotos liefern, will ich mich mit manuellem Feintuning nicht aufhalten müssen. Nein, es bleibt dabei, was ich schon bei der Kamera des Xperia Z5 Compact sagte: Es ist ein großes Rätsel, wieso Sony die vielleicht weltbesten Stand-alone-Kameras baut, bei seinen Smartphones aber regelmäßig nicht mithalten kann. Zur Verdeutlichung: Alle Produkt-Fotos hier im Artikel sind mit meiner Sony RX 100 geschossen, die ich sehr schätze. Sonys Smartphone-Kameras hingegen konnte ich lange nicht mehr loben und das Xperia X konnte diesen Eindruck leider nicht verändern.

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Die Spaltmaße auf der Rückseite sind in den Ecken nicht immer stimmig

So richtig kritiklos kann ich zudem auch die Verarbeitung des Xperia X nicht davonkommen lassen. Zwar fühlt sich das Gerät wirklich klasse an, aber mich wundern ein wenig die unausgewogenen Spaltmaße zwischen Rahmen und Rückseite. Beide Metallelemente greifen insbesondere an den Ecken nicht überall nahtlos ineinander. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum Sony erstmals seit Langem auf Wasserdichtigkeit nach IP68 verzichtet hat. Bei meinem Testgerät sitzt die Standby-Taste zudem auch – für meinen Geschmack – unnötig tief im Rahmen. Zwar löst sie mit einem angenehm präzisen Klicken aus, benötigt wegen der Tiefe im Rahmen aber mehr Druck als es angenehm wäre. Die – typisch Sony – etwas ungewöhnliche Positionierung der Lautstärke-Wippe kann man persönlich finden wie man möchte, aber vor allem die Kamera-Taste fällt zum wiederholten Mal in meinen Tests mit einem etwas undefinierten Druckpunkt auf. Das ist ganz besonders ärgerlich, weil gerade dort Fokus und Auslöser sauber getrennt bedient werden müssen.

Als letzten Kritikpunkt hätte ich dann noch meine übliche Wehklage über Softwaresupport und -updates zu bieten. Mir ist bewusst, dass den allermeisten Käufern fast egal ist, welche Software auf ihren Smartphones läuft und häufige Veränderungen durch viele Updates (samt ihren optischen Auswirkungen) sogar eher störend empfunden werden. Aber ich sehe das anders. Software-Updates dürfen keine Kür mehr sein. Sicherheitspatches und aktuelle Android-Versionen gehören für mich genauso zu einem guten Produkt wie es vernünftiger Kundensupport tut. Und in dieser Hinsicht musste ich leider mit großer Enttäuschung feststellen, dass Sony die Frechheit besitzt, im Mai 2016 ein Gerät für fast 600 € auf den Markt zu bringen, das noch mit dem Sicherheits-Patch-Niveau von März 2016 (!) ausgestattet ist. Selbst jetzt Ende Juli während ich diese Zeilen schreibe, verharrt das Gerät auf diesem Softwarestand. In Zeiten, in denen die monatlichen Sicherheitsupdates von Google wichtiger denn je sind, ist das völlig inakzeptabel.

und veralteter Sicherheits-Stand

Unverzeihlich: Altes Sicherheits-Patch-Niveau zum Release

Vor allem aber verleiht dieser Umstand dem gesamten Geräten bereits jetzt einen extrem faden „Altes Eisen“-Beigeschmack. In wenigen Monaten dürfte uns das Xperia Z6 ins Haus stehen (oder andere neuere Sony-Geräte). Spätestens dann wird sich zeigen, welche Priorität das Xperia X in Sachen Softwarepflege genießt. Letztlich ist das Xperia X nämlich auch gegenüber dem ehemaligen Flagschiff, dem Xperia Z5, das rangniedrigere Gerät und dürfte daher weniger Aufmerksamkeit erhalten. Wenn aber bereits jetzt nicht einmal aktuelle Sicherheitspatches vorinstalliert sind, schwant mir doch Böses für das Update auf Android 7.0 „Nougat“ und kommende Sicherheits-Patches.

Fazit: Was heißt hier eigentlich „teuer“

Trotz der obigen düsteren Worte möchte ich aber ein positives Fazit ziehen. Das Xperia X verdient das Label „zu teuer“ eigentlich nicht. Ich habe lange kein Android-Smartphone getestet, das in Sachen Bedienkomfort, Handhabung und Software so einen guten Eindruck hinterlassen hat. Das Gerät ist schnell, hochwertig und macht mit tollem Display und Stereo-Sound wirklich viel Spaß. Ich persönlich würde wohl sogar so weit gehen, dass ich das Xperia X einem Galaxy S7 vorziehen würde, was Bedienung und Software angeht. Vereinfacht wird das Ganze zudem dadurch, dass der Straßenpreis des Xperia X mittlerweile bei deutlich entspannteren 450 € pendelt und weiter fallen dürfte. Über den micro-USB-Port, die fehlende Wasserdichtigkeit und das träge Schnelladen könnte ich dabei wohl auch hinwegsehen.

Vor allem aber muss bei Android-Smartphones ein Umdenken stattfinden: Weg von ungesunder Fixierung aufs Datenblatt, hin zu der Frage, welchen Eindruck das Gerät in der tatsächlichen Bedienung macht. Natürlich bekommt man bei Preiskrachern wie dem Oneplus 3 aktuell vermeintlich mehr fürs Geld. Wenn dort von den absurd üppigen 6 GB Arbeitsspeicher aber faktisch (zunächst) weniger übrig bleibt als bei Geräten mit halb so viel Zahlenblendwerk, dann kann soetwas schlicht nicht der Maßstab im Android-Lager bleiben.

Letztlich scheitert das Sony Xperia X nämlich an ganz anderen Schwächen, der mauen Kamera-Leistung und den – für mich – unsicheren Aussichten in Sachen Softwareupdates. Aber das sind Kritikpunkte, denen sich sehr viele Midrange-Geräte und Flaggschiffe ausgesetzt sehen, ohne dass daraus sofort eine Preisdebatte wird. Nein, das Xperia X ist nicht perfekt, aber seine Schwächen liegen nicht im vermeintlich leistungsschwachen Innenleben, sondern in typischen Android-Problemen. Wem die allerneueste Software hingegen egal ist und wer bei der Kamera nicht davor scheut, in schwierigen Bedingungen manuell nachzujustieren, bekommt meiner Ansicht nach ein absolut empfehlenswertes Gerät mit einem fast konkurrenzlos gelungenen Mix aus Größe, Bedienkomfort- und Dispayqualität.

Jedenfalls sofern man sich vom Zahlenwahn lösen kann.

See you in the comments!

Update (17.12.2016):
Sehr zu meiner Freude hat Sony meine Befürchtungen nicht bewahrheitet, sondern stattet das Xperia X bereits seit heute (Mitte Dezember) mit einem Update auf Android 7.0 aus. Damit gehört Sony zu den wenigen Herstellern (etwa auch LG und HTC), die bereits 2016 das Update verteilen. Große Namen wie Samsung oder Blackberry lassen hier noch auf sich warten. Sony hingegen hat dem Xperia X also nicht befürchtete zweite-Geige-Behandlung gewährt. Vielleicht schaue ich mir das Gerät bei Gelegenheit noch ein zweites Mal an, um zu schauen, wie das „Midrange“-Gerät mit Android 7.0 „Nougat“ läuft.

 

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