OnePlus X im Test: Ungewisse Software war niemals hübscher verpackt (Update)

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Als Techblogger bin ich in der erfreulichen Lage, regelmäßig mit neuer Technik herumspielen zu dürfen, ohne dafür einen Cent zahlen zu müssen. Leihgeräte flattern mehr oder weniger auf Anfrage in meine Testerhände. Nur selten nehme ich mittlerweile selbst Geld in die Hand, um ein Gerät ausprobieren zu können. Das OnePlus X ist eine der wenigen Ausnahmen. Zum ersten mal seit zwei Jahren habe ich erwogen meinen treuen Android-Begleiter zu wechseln, weg vom Nexus 5 und hin zum OnePlus X. Und so sehr ich das OnePlus X wegen seiner grandiosen Hardware lieben wollte, konnte es meine Ansprüche an die Software nicht erfüllen. In diesem Testbericht erkläre ich euch, warum ich mich letztlich entschieden habe, mein OnePlus X wieder abzustoßen.

Übersicht

1. Meine Kaufentscheidung und Erwartungen

2. Hardware: Das OnePlus X ist zweifelsohne eine Schönheit
2.1 Design, Display und Verarbeitung
2.2 Fotoqualität und Kamerabedienung
2.3 Akkulaufzeit, Lautsprecher und Netzqualität
2.4 Die Sache mit den Farbabweichungen

3. An der Software entscheidet es sich

4. Update: Meine Erfahrung mit dem OnePlus Support

5. Fazit: Hätte ich es nicht vorher wissen müssen?

1. Meine Kaufentscheidung und Erwartungen

Grundsätzlich versuche ich immer, mir ein gewisses Maß an Neutralität zu bewahren. Das gelingt mir bei Leihgeräten natürlich deshalb ein Stück besser, weil ich für sie kein eigenes Geld in die Hand genommen habe. Das OnePlus X hingegen habe ich selbst bezahlt, selbst fiebrig erwartet und als Kandidaten für meinen neuen Android Daily-Driver eingeplant. Dieser Testbericht ist also ein Stück persönlicher und damit vor allem auch subjektiver als meine üblichen Artikel.

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Das Nexus 5 (links) galt es bei mir zu schlagen …

Seit gut 2 Jahren setze ich bei Android auf mein Nexus 5. Zunächst in der schwarzen, dann in der roten Variante ist es seit Anfang 2014 mein täglicher Begleiter. Es ist mit 5 Zoll verhältnismäßig handlich, bietet aber trotzdem brauchbare Technik. In meinem Nachruf anlässlich des Verkaufsendes habe ich aber auch angedeutet, dass es wohl langsam Zeit wird, mich von meinem Nexus 5 zu trennen. Das Update auf Android Marshmallow könnte das letzte große Update gewesen sein, dass das Nexus 5 offiziell von Google erhält. Und frei von Kritikpunkten war die Hardware des Nexus 5 ohnehin nie. Als das OnePlus X vorgestellt wurde, erfüllten sich dann auf einen Schlag diverse Träume. Das OnePlus X bot scheinbar alles: Mehr Arbeitsspeicher, ein unerhört edles Design, eine bessere Kamera und einen größeren Akku als mein Nexus 5. Und das alles bei gleicher kompakter Größe und einem niedrigeren Preis. Nachdem mich dann auch das Oxygen OS des OnePlus 2 in meinem Testbericht positiv überrascht hatte, war die Entscheidung gefallen und das OnePlus X sollte seine Chance kriegen.

Das OnePlus X auf dem Datenblatt
Displaygröße 5 Zoll
Auflösung 1920 x 1080 Pixel (440 PPI)
Gehäuse 140 x 69 x 6,9 Millimeter
Prozessor Qualcomm Snapdragon 801 (4 x 2,3 GHz)
Grafik Adreno 330
Arbeitsspeicher 3 GB
verbauter Speicher 16 GB, erweiterbar mit SD-Karte
Kamera 13 MP Rück- und 8 MP Vorderseite, LED-Blitz
Akku 2525 mAh (fest verbaut)
Farben Schwarz (Glas oder Keramik)
Datennetz LTE mit 850, 900, 1800, 1900 MHz
WLan 2,4 GHz b/g/n
Bluetooth Bluetooth 4.0
GPS GPS und GLONASS
NFC Nein
Betriebssystem (Stand: 22.11.2015) Oxygen OS 2.1.2 auf Basis Android 5.1.1.
Preis 269 € zzgl. Versand

2. Hardware: Das OnePlus X ist zweifellos eine Schönheit

OnePlus selbst macht kein Geheimnis daraus, dass das zwischenzeitlich als OnePlus Mini gehandelte Smartphone vor allem über sein Aussehen vermarktet werden soll. Auf der offiziellen deutschen Produktseite heißt es beispielsweise

„Hinter dem OnePlus X steht der Anspruch, mithilfe einzigartiger Premium-Keramik eine vollendete Ästhetik zu erschaffen“

Und zum allergrößten Teil kann Oneplus diesem selbstgesetzten Anspruch tatsächlich gerecht werden. Soviel will ich vorab auch sagen: Die Hardware war nicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass das OnePlus X wieder gehen musste. Wobei ich auch in Sachen Design jedenfalls einen sehr persönlichen Kritikpunkt habe. Aber dazu im Detail mehr.

2.1 Design, Display und Verarbeitung

Wer meine Reviews zum iPhone 5S, Lumia 930 und in gewissem Maße auch dem Galaxy S6 gelesen hat, dürfte nicht überrascht sein, dass das OnePlus X im Grunde die Erfüllung meiner fiebrigsten Technikträume ist. Als ausgesprochener Fan von industriellem Design ist das OnePlus X ein Volltreffer. Die Zauberformel aus hellem Metallrahmen, edler Glaseinfassung und eckigem Design trifft bei mir einfach einen Nerv.

Das OnePlus X landet aber nicht nur grundsätzlich einen Volltreffer bei mir, sondern überzeugt auch in den Details. Die Tasten lassen zu keinem Zeitpunkt erfühlen, dass man ein Smartphone auf dem Preisniveau eines spürbar minderwertigeren Motorola Moto G in der Hand hält. Das Displayglas ergießt sich an den Seiten zudem mit einer sehr angenehmen Wölbung in den Rand und die feine Riffelung des Rahmens ist eine wirklich gute Idee, um die Griffigkeit zu steigern. Natürlich ist die Glasrückseite nicht jedermanns Sache und es stimmt, dass das OnePlus X jede noch so kleine Neigung zu einer Rutschbahn macht. Aber meiner Meinung nach liegt es ausgezeichnet in der Hand, lässt sich sehr gut bedienen und stellt viele Geräte in die Schatten, die das doppelte kosten. Mich stört es übrigens auch nicht, dass die Hardware-Tasten nicht beleuchtet sind. Lieber so, als wie beim Galaxy S6, bei dem man die teils grelle Beleuchtung der Tasten nicht deaktiveren konnte.

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Auch das Display ist ein Augenschmauß

Direkt einreihen in diese Lobeshymne kann sich das 5 Zoll große Amoled Display. Mit Full HD, 44o PPI und tintensattem Schwarz lässt das OnePlus X auch hier alles hinter sich, was auch nur ansatzweise in der gleichen Preisregion zu finden ist. Anders als bei vielen anderen Smartphones fehlt dem OnePlus X allerdings softwareseitig die Option, den typischen Bonbon-Look des Amoled Panels etwas natürlicher einzustellen. Trotzdem: Vor allem das Nexus 5 wirkt im Vergleich wie ein ausgezehrter fader Witz von einem Display. Zusammen mit dem voreingestellten Dark Mode wirkt das tiefe, satte Schwarz des Displays noch einmal umso besser und erzeugt die gekonnte Illusion eines grenzenlosen Bildschirms. Als Sahnehaube hat Oneplus dann sogar noch eine Ambient Display Funktion integriert, die eine Schwarz-Weiß-Vorschau der Benachrichtigungen anzeigt, sobald man das OnePlus X anhebt oder seine Hand über den Annäherungssensor bewegt. Ich habe übrigens auch noch kein Smartphone benutzt, bei dem die Double-Tab-To-Wake Aufweckfunktion derart zuverlässig funktionert hätte.

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Auch der beliebte Lautlos-Schalter ist wieder mit dabei.

Der beliebte Lautlos-Schalter ist mittlerweile ein kleines Markenzeichen von Oneplus geworden und beim OnePlus X ebenfalls wieder an Board. Der ist zwar fast schon zu fest verbaut, aber nicht minder sauber verarbeitet.

2.2 Fotoqualität und Kamerabedienung

Bei der Kamera merkt man dem OnePlus X dann doch ein wenig an, dass man es nicht mit einem absoluten Flagschiff zu tun hat. Der 13 Megapixel Sensor macht mit seiner f/2.2 Blende zwar gute Bilder, neigt aber eindeutig zur Überbelichtung. Selbst im HDR-Modus verschwinden helle Bereiche stets in einem Meer aus Weiß. Dynamische Reichweite sucht man oft vergebens. Ansonsten ist die Kamera aber zu scharfen und kontrastreichen Fotos in der Lage. Technisch gleicht sie übrigens der Kamera des Samsung Galaxy Alpha, die ebenfalls auf Isocell Technik setzt, um die einzelnen Lichtsensoren gegenseitig vor Lichteinfall zu schützen. Das soll in der Theorie kontrastreichere Bilder ermöglichen.

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Die Kamera macht scharfe, knackige Fotos, lässt aber dynamische Reichweite vermissen

Die Frontkamera ist mit 8 Megapixel sogar der des OnePlus 2 überlegen und der verfügbare Beauty-Mode retuschiert Hautunreinheiten erstaunlich gut. Insgesamt würde ich die Kamera der des Nexus 5 in jedem Fall vorziehen. Sie ist eindeutig schneller und macht klar bessere Bilder.

Die Kamerasoftware hat mich ebenfalls unerwartet positiv überrascht. Das OnePlus 2, das ich vor wenigen Wochen getestet habe, machte in der Kamera App noch einen recht trägen und sprunghaften Einruck. Das jüngst verfügbare Update auf Oxygen OS 2.1.2 hat hier scheinbar geholfen, denn auf dem OnePlus X funktioniert die Kamera zuverlässig und schnell. Zeichnet man mit dem Finger einen Kreis auf das Display, startet die Kamera zudem angenehm fix direkt aus dem Standby.

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Die Kamerasoftware des OnePlus X ist mittlerweile angenehm flott und zuverlässig

Die Software bietet leider noch immer keinerlei Möglichkeit für manuelle Einstellungen. Lediglich die Belichtung kann manuell mit einem kleinen Ring um den Fokus-Anzeiger angepasst werden. Wem all das bekannt vorkommt: Die Kamera-App in iOS 8 diente offensichtlich weitgehend als Vorbild. Nutzt man die Software-OnScreen-Tasten kam es aber leider immer wieder vor, dass ich statt der Kameramodi die Statusleiste hereinwischte. Da darf Oneplus gern nachbessern.

Die Videoaufnahmen hingegen ist ein Graus. Die maximal mit Full HD gemachten Videos sind ruckelig, überspringen Frames und sind damit praktisch unbrauchbar. Dafür, dass Oneplus auf die technisch mögliche 4K Aufnahmefunktion verzichtet, muss man also fast dankbar sein.

2.3. Akku, Lautsprecher, Netzqualität

Was die Akkulaufzeit angeht, bin ich von meinem Nexus 5 Schlimmes gewohnt. Das OnePlus X konnte hier also nur positiv auffallen. Dass der 2525 mAh große Akku aber fast die 5 Stunden Display-On-Time-Marke knacken würde, hatte ich nicht erwartet. Sei es die Mischung aus Amoled, Dark-Mode und Snapdragon 801 oder die etwas höhere Kapazität im Verhältnis zum Akku des Nexus 5: Das OnePlus X hält bei mir deutlich länger durch.

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Die Akkulaufzeit hat mich ganz und gar nicht enttäuscht

Fast 5 Stunden Display-On-Time schaffe ich zwar auch nicht immer, aber selbst mit dauerhaft gekoppelter Pebble Time Steel Smartwatch und viel Musikstreaming über WLan komme ich selten auf unter 4 Stunden Display-On-Time. Sehr bedauerlich finde ich trotzdem, dass Oneplus wie beim OnePlus 2 auf jede Form von Quick Charging verzichtet. So dauert das komplette Aufladen über 2 Stunden.

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Die Unterseite mit micro-USB, Lautsprecheröffnung (links) und Mikrofonöffnung (rechts)

Verschmerzen kann ich aber das Fehlen von USB-C. Aktuell ist der neue Steckerstandard noch derart wenig etabliert, dass ich mit meinem voll auf micro-USB ausgelegten Kabelsortiment ganz gut leben kann. Der einzelne Mono-Lautsprecher an der Unterseits liefert im Übrigen passabel lauten Ton mit blechernem Beigeschmack. Immerhin ist er nicht auf der Rückseite verbaut. Frontlautsprecher wären mir aber natürlich in jedem Fall lieber.

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Dual-(nano)-SIM und SD-Karte in einem Schlitten

Wie beim großen Bruder, dem OnePlus 2, verfügt das OnePlus X über zwei SIM-Kartenslots im nano-SIM Format. Die zweite Sim-Karte kann dabei wahlweise auch durch eine micro-SD-Karte mit bis zu 128 GB ersetzt werden. Spätestens, wenn Android 6.0 („Marshmallow“) für das OnePlus X verfügbar ist, dürfte das ein großer Vorteil sein, weil in Android 6.0 externer Speicher unmittelbar der internen Partition zugerechnet wird und so auch das Installieren jedweder Apps auf der SD-Karte möglich wird.

In den USA erhält das OnePlus X viel Kritik dafür, dass zwei wichtige Frequenzbänder des GSM-Standards fehlen. In Deutschland sind mit 850, 900, 1800 und 1900MHz und LTE-Band 1/3/5/7/8/20 alle Frequenzen und Bänder verfügbar, die die Deutsche Telekom, Vodafone oder O2 in Ballungsgebieten bedienen. Es fehlt aber – wie beim OnePlus One und OnePlus 2 – sowohl der Frequenzbereich von 800 MHz als auch der von 2600 MHz, was in ländlichen Räumen den LTE-Empfang verhindert. Im Raum Kiel hatte ich mit dem Empfang im Netz der Telekom und von O2 (Netzclub) jedoch keinerlei Probleme.

2.4 Die Sache mit  den Farbabweichungen

Das Bisherige lässt sich also schlicht mit einem ehrlichen „Wow“ zusammenfassen. Design, Verarbeitung, Haptik, Kamera, Akku: Alle Bereiche der Hardware sind im Grunde auf einem Niveau, das im Bereich unter 300 € bisher ungesehen war (da aktuell zwangsweise 25 € Expressversand anfallen, macht es wenig Sinn, das OnePlus X als 269 € Gerät zu bezeichnen). Verabeitung und Design dieser Qualität sucht man sogar im Preissegment weit darüber noch vergebens. Ginge es allein nach der Hardware wäre der Vergleich zum Nexus 5 also mehr als einfach. Trotzdem habe ich bezüglich des Hardware einen Kritikpunkt: Die offensichtliche Farbabweichung vieler OnePlus X Geräte gegenüber den offiziellen Produktfotos.

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So schön hell wie beworben, ist der Metallrahmen leider nicht

Ich will diesen Punkt nicht übertrieben aufblasen, aber eine Produkt, das vom Hersteller so schwerpunktartig über sein Aussehen beworben wird, muss sich natürlich auch an den selbst gesetzten Maßstäben messen lassen. Und egal wie sehr man mit dem Licht oder mit Reflexionen spielt, der versprochene Kontrast, den Oneplus auf seinen Pressebildern zeigt, ist bei meinem Gerät (und dem vieler anderer Käufer) definitiv nicht vorhanden. Die Fotos hier im Artikel sind unter verschiedensten Lichtbedingungen mit einer Sony RX100 entstanden und lassen den Rahmen – je nach Reflexion – heller oder dunkler erscheinen. Allen Fotos ist aber gemeinsam, dass sie den offiziellen Produktfotos kaum gleichen. Ich persönlich finde das sehr schade, denn ich hatte mich auf einen Kontrast wie beim iPhone 4S gefreut. Erhalten habe ich aber einen Kontrast wie beim iPhone 5. Lächerliches Fixieren auf eine Detail? Vielleicht. Allerdings gilt das nicht für alle Geräte. Auch gibt es genügend Videoreviews, die Modelle mit hellerem Rahmen zeigen. Es scheint also eine gewisse Streuung zu geben. Trotzdem scheine ich mit meiner Enttäuschung auch hier nicht allein zu sein.

3. An der Software entscheidet es sich

Abgesehen von der Farbabweichung, die vielleicht die wenigsten überhaupt stört, ist das OnePlus X genau das, was ich mir erhofft habe. Nach einer Woche mit dem Smartphone gibt es jedenfalls nichts, was ich als echten Kritikpunkt nennen könnte. Trotzdem habe ich mich entschlossen, das OnePlus X wieder zu verkaufen: Grund ist der Softwaresupport durch Oneplus.

Grundsätzlich kann ich über die Software zunächst gar nichts Schlechtes sagen. Der Snapdragon 801 und die 3 GB Arbeitsspeicher sorgen für ein ausgesprochen gutes Bedienerlebnis. Oxygen OS 2.1.2 (auf Basis von Android 5.1.1 „Lollipop“) läuft stabil, weitgehend ohne Hänger, Apps starten schnell und der Wechsel zwischen Apps ist dank 3 GB Ram ebenfalls ein Vergnügen. Die Hardware im OnePlus X schlägt sich also tatsächlich in einer Performance wieder, die dem Preisschild weit voraus ist. Vor allem die 3 GB Arbeitsspeicher machen das Gerät in einer Weise zukunftssicher, die mich über das nagelneue und fast doppelt so teure Google Nexus 5X nur lachen lassen.

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Auf dem Oneplus X läuft derzeit noch Android Lollipop

Die bekannten Funktionen von Oxygen OS sind unverändert nützlich und der Look des puren Androids ist fast unverändert. Das Starten der Kamera oder des LED-Blitzlichts (als Taschenlampe) vom Sperrbildschirm, der Wechsel zwischen On-Screen- oder Hardware-Navigationstasten oder optische Anpassungen wie der Dark-Mode sind nette Extras ohne dass sie dem klassischen Android-Design in die Quere kommen. Oneplus macht mit Oxygen OS 2.1.2 vieles richtig und es scheint sich auszuzahlen, dass Oneplus die Softwarepflege nun In-House macht, statt sich auf Cyanogenmod zu stützen. Mehr zu den Softwarefeinheiten und der Geschichte von Oxygen OS findet ihr übrigens im Review zum OnePlus 2.

Obwohl ich die Software also grundsätzlich loben muss, merke ich doch, wie verwöhnt ich von Android 6.0 auf dem Nexus 5 bin. Vor allem die Performance hat mit Android 6.0 einen so fühlbaren Sprung gemacht, dass ich zwischen dem 2 Jahren alten Nexus 5 und dem nagelneuen OnePlus X einen deutlichen Unterschied wahrnehme, und zwar zu Gunsten des Nexus 5. Es sind Kleinigkeiten wie der Wechsel zwischen Homescreens, das Herunterziehen der Benachrichtigungsleiste oder der Aufruf von Google Now. Wo das Nexus 5 absolut butterweich und ohne ein Anzeichen von übersprungenen Frames arbeitet, zeigt das OnePlus X vereinzelt wahrnehmbares Stottern und kleine Hänger. Aber auch abseits dieser Details findet man in Oxygen OS 2.1.2 noch den ein oder anderen Fehler. Aktuell werden eingelegte SD-Karten über 64 GB beispielsweise nicht in den Speichereinstellungen angezeigt. In Dateibrowsern wie dem ES Datei Explorer werden sie hingegen erkannt. Ein Softwareupdate, das diesen Fehler beheben soll, wurde aber bereits angedeutet.

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Ich gebe es zu: Ich bin verwöhnt von Android Marshmallow auf meinem Nexus 5

Ich gebe es ganz offen zu: Android Marshmallow fehlt mir mehr als ich erwartet hatte. Dabei tut Oxygen OS 2.1.2 sein Bestes um jedenfalls den Funktionvorsprung von Android 6.0 zu verkleinern. Oneplus spendiert seinem Betriebssystem beispielsweise ein eigenes Rechte-Management, auf das Nexus Nutzer bis vor ein paar Monaten mit Android 6.0 warten musste. Aber das kann nicht die eigentlichen Vorteile des Rechte-Managements in Android 6.0 ersetzen: die On-Time-Permissions. Seit Android 6.o fragen Apps beim ersten Aufrufen eines Zugriffsrecht nach meiner Erlaubnis und ich kann diese Erlaubnis jederzeit widerrufen. Beim OnePlus X bleibt mir nur Letzeres, nämlich alle Zugriffsrechte zunächst durchzuwinken und dann manuell hinterher wieder zu entziehen.

Vor allem aber ist die Android Welt in den letzten Monaten ein unsicherer Ort geworden. Bugs wie Stagefright, die die Übernahme des Mikrofons via einer simplen MMS ermöglichen, haben Google mittlerweile dazu veranlasst, monatliche Sicherheitsupdates zu veröffentlichen. Mein Nexus 5 ist dementsprechend auf dem Patch-Niveau November 2015. Das OnePlus X hingegen kennt diese monatlichen Updates nicht einmal und wird sogar ohne Fix für den Stagefright-Bug ausgeliefert.

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Sicherheitspatches: Rechts der Stand beim Nexus 5, links der „Stand“ beim OnePlus X

All das ist natürlich nichts, was auf Oneplus beschränkt wäre. Viele aktuelle Smartphones auf Android Basis sind softwareseitig völlig veraltet und selbst viele alte Flagschiffe wie etwa das HTC One M8 oder das Galaxy S5 warten ebenfalls noch auf Updates. Allerdings hat Oneplus erst kürzlich in einer großen Entschuldigung mitgeteilt, aus vergangenen Fehlern lernen zu wollen und es in Zukunft anders machen zu wollen. Das bezog sich zwar primär auf den vermasselten Start des OnePlus 2, aber kann natürlich nicht auf die Hardware beschränkt bleiben. Meine Kritikpunkte ließen sich also allesamt mit einem zügigen Update auf Android 6.0 samt zugehörigen Sicherheitspatches ausräumen, richtig?

Im Grunde schon und damit kommen wir auch zum endgültigen Grund dafür, dass ich mich vom OnePlus X wieder trenne: Für das Update auf Android 6.0 gibt Oneplus nicht einmal einen groben Zeitrahmen vor. Derzeit scheint es lediglich im Anschluss an das Update für das OnePlus 2 geplant zu sein, welches für das erste Quartal 2016 angekündigt wurde. Für das Oneplus X heißt bisher nur:

The OnePlus 2 will also be updated in Q1. […] We are working hard to bring Marshmallow as soon as possible to the OnePlus X, and will update you on a time frame at a later time.

Das heißt wohl nichts anders, als dass Käufer eines OnePlus X nach derzeitiger Prognose bis nach April 2016 auf Android 6.0 werden warten könnten. Natürlich kann Oneplus die (seit Juli 2015 bekannte) Stagefright-Lücke auch früher und unabhängig von Android 6.0 schließen, aber bis April 2016 kann noch vieles passieren. Und so sehr ich das OnePlus X für seine Hardware lieben wollte, so sehr ist mir diese Perspektive schlicht zu ungewiss.

4. Update: Meine Erfahrung mit dem OnePlus Support

Oneplus bietet für seine Smartphones eine freiwillige Rücknahme bis 15 Tage nach Kaufdatum an. Nach dem Ende meines Testberichts und der Erkenntnis, dass das OnePlus X wieder gehen musste, habe ich mich also in das Abenteuer gestürzt, den Support von Oneplus zu kontaktieren. Dabei habe ich sowohl auf die offensichtliche Farbabweichung als auch auf die 15 Tage Rückgaberecht verwiesen. Was aber darauf folgte, entsprach leider dem, was man von Kritikern allerorts hört: Der Support von Oneplus verdient den Namen kaum.

Über den Verlauf von mittlerweile drei Wochen (diese Absatz habe ich nachträglich am 12.12.2015 in den Testbericht ergänzt) habe ich mit 6 verschiedenen „Kontaktpersonen“ mit unterschiedlichen Namen gesprochen. Bis es überhaupt zu einer ersten Rückmeldung kam, verging fast eine Woche. In den jeweiligen Antworten wurde mir zunächst empfohlen, das Gerät mit einem Werksreset zurückzusetzen. Anschließend fragte man, ob Flüssigkeit über mein Display gelaufen sei. Dass es um eine Rückgabe, nicht um eine Reperatur ging und dass es um die Farbe des Rahmens ging, wurde gekonnt ignoriert, obwohl von Anfang an deutliche Vergleichsfotos mitgeliefert wurden. Und genau diese Verwirr- und Falschantwort-Taktik schien bis zuletzt verfolgt zu werden. Nach nun fast 3 Wochen „Kontakt“ mit dem Support wurde mir sodann gleichzeitig ein Abholauftrag übermittelt als auch eine Adresse genannt, an die ich das Gerät zurückschicken könne. Auf die Frage hin, ob das Gerät nun abgeholt würde, von mir versandt werden solle und wer die Kosten tragen würde, erhielt ich nun abschließend die Aussage, das Gerät selbst auf eigene Kosten nach England schicken zu müssen. Diese klare und im Grunde hilfreiche Auskunft musste aber über wochenlange Hartnäckigkeit erkauft werden.

Auf mich jedenfalls wirkte die Aussicht, mein fast 300 € teures Smartphone auf eigene Kosten zu einem Händler zurückzusenden, der ein derart unberechbares Supportverhalten an den Tag legt, nicht gerade verlockend. Ich habe mein OnePlus X daher zwischenzeitlich privat verkauft und kann nur wieder einmal feststellen: Guter Support ist viel wert. Und genau hier scheint Oneplus mit vollem Kalkül zu sparen.

5. Fazit: Hätte ich es nicht vorher wissen müssen?

Es soll Menschen geben, die ihre Liebespartner nach dem Motto „Dumm, aber hübsch“ auswählen. Der Irrglaube, dass die physische Erscheinung eines Menschen seinen Mangel an geistigen Reizen ausgleichen könne, hat mich beim OnePlus X in ähnlicher Weise erwischt. Aber nach einer Woche mit dem OnePlus X muss ich einfach anerkennen, dass die tolle Hardware des OnePlus X einfach nicht ausreicht, um die fehlenden inneren Software-Werte auszugleichen.

Aber hätte ich das nicht vorher wissen müssen? War es nicht naiv, zu glauben, ein 295 € teures Smartphone würde schnelle Softwareupdates und erstklassigen Support erhalten? Vielleicht. Aber manchmal macht eben nur Versuch klug. Für mich jedenfalls ist nach diesem Abstecher klar, dass es im Android Bereich für mich wohl oder übel nicht ohne Nexus geht. Hätte Oneplus das OnePlus X direkt mit Android 6.0 verkauft, ein konkretes Datum für dessen Rollout genannt oder jedenfalls ein Sicherheitsstand auf aktuellem Niveau geliefert, sähe die Sache vielleicht anders aus.

Wer jedoch nicht so verwöhnt von frühen Updates ist oder etwas weniger nervös bezüglich der Sicherheitspatches von Android ist, findet derzeit kein Smartphone, das mit diesem Preis und dieser Hardware mithalten kann. Das OnePlus X ist ohne Frage der Hardware-Kracher, den der Hype gerade aus ihm macht. Möglicherweise sorgt das einhellige Lob der Technikjournalisten ja sogar dafür, dass Oneplus seinen Update-Zeitplan für sein neues Everybodys-Darling-Phone überdenkt. Falls und wenn es soweit ist, werde ich das aber von einem anderen Smartphone aus mitverfolgen müssen. Mit Oneplus jedenfalls bin ich fertig.

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