Microsoft Build 2015: Schlägt nun ein Android Herz in Windows Phones Brust?

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Die alljährliche Microsoft Konferenz war dieses Jahr an Bedeutung kaum zu überschätzen. Im Jahr von Windows 10 hatte die Build 2015 keine geringere Aufgabe, als Entwickler und Beobachter für das wohl wichtigste Betriebssystem-Release der Firmengeschichte zu begeistern. Während die Desktop-Variante meiner Ansicht nach auf einem vielversprechenden Weg ist, bleibt das Sorgenkind klar das mobile Windows 10 für Smartphones. Nach der Build 2015 frage ich mich: Muss ich mir nun mehr oder weniger Sorgen machen?

Die Büchse der Astoria

Die unzweifelhaft heißeste Neuigkeit war die Ankündigung, Android Apps unter Windows Phone laufen lassen zu wollen. Nach jahrelangen Gerüchten hat Microsoft tatsächlich die Büchse der Pandora geöffnet. In einem Artikel vom Feburar 2014 habe ich dieses Szenario bereits aufgegriffen und mit Blick auf das schlechte Vorbild Blackberry als furchtbare Idee abgelehnt. Glücklicherweise ist das was uns jetzt auf der Build 2015 serviert wurde nicht das Schreckgespenst, das so lange gefürchtet wurde: Es gibt keine Emulation, keine .apk-Dateien und keinen Amazon- oder Google Play Store, den wir uns über Umwege auf unser Lumia ziehen müssten. Mir fällt da durchaus ein Stein vom Herzen.

Stattdessen hat Microsoft einen Mittelweg gewählt und mit „Projekt Astoria“ eine Art Code-Zaubermaschine geschaffen, die den Android Quellcode in nativen Code für Windows Phone 8 verwandelt. Zusätzlich soll im Hintergrund ein „Android-Subsystem“ arbeiten, das für die ehemaligen Android-Programme die nötigen Ersatz-Schnittstellen im Windows Phone Betriebssystem bereitstellen soll. Was wie ein Haufen IT-Sprech klingt, scheint mir tatsächlich der goldene Mittelweg zu sein. Die Vorteile sind klar: Native Apps laufen (grundsätzlich) deutlich besser und die Umwandlung verlangt eine bewusste Entscheidung von den Entwicklern. Auf diese Weise vermeidet Microsoft das Horrorszenario emulierter Stolperapps, macht es Entwicklern aber trotzdem so einfach wie möglich, neues Futter für den chronisch unterversorgten Windows Phone Store zu liefern. Aus seiner wirklich verfahrenen Situation hat Microsoft damit den vielleicht elegantesten Ausweg gefunden.

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Android Apps als Lückenfüller? Das könnte ein Boomerang werden

Man könnte meinen, das größte Fragezeichen bei alledem wäre es, wie einfach es für Android Entwickler sein wird, ihre Apps in Windows Phone Apps zu verwandeln. Rudy Huyn selbst hat ja bereits angedeutet, dass nach dem jetztigen Stand nur sehr grundlegende Funktionen Eins zu Eins abgebildet werden können. Sobald es um anspruchsvollere Schnittstellen geht, scheint Project Astoria an seine Grenzen zu kommen. Und genau da liegt für mich der Hund begraben. Das ominöse Android-Subsystem soll schließlich genau diese Aufgabe übernehmen und den konvertierten Android Apps die Schnittstellen bereitstellen, die die ehemaligen Android-Apps erwarten. Aus Google Drive wird OneDrive, aus Google Maps wird Bing Maps und aus Google Now wird Cortana. Was auf dem Papier wie ein Geniestreich wirkt, könnte aber ungeahnte Nebenfolgen haben. Die Konvertierung und das Android-Subsystem funktionieren schließlich dann am Besten, wenn Windows Phone 8 die Funktionen von Android möglichst genau nachbildet. Je mehr sich Windows Phone 8 Android annähert, um so einfacher wird es, Apps umzuwandeln. In gewisser Weise sind Project Astoria und das Ansdroid Subsystem damit also ein Anreiz dafür, dass Windows Phone 10 möglichst wenige Besonderheiten entwickelt. Je weiter sich Windows Phone von Android abgrenzt, je mehr Eigenarten es bietet und je einzigartiger die Funktionen sind, um so schwieriger wird es für Project Astoria, seine Aufgabe zu erfüllen. Was auf den ersten Blick also wirkt, als würde man Google nur den kleinen Finger reichen, könnte am Ende zur Folge haben, dass sich Windows Phone selbst zu einer Android Kopie zurechtstutzt.

Contiuum und der Kampf gegen den Update-Wahnsinn

Abseits der Schlagzeilen um Android Apps auf Windows Phone sind bei mir noch zwei andere Themen hängen geblieben: Continuum und ein neuer Anlauf im Kampf gegen das Updatechaos.

Continuum verwandelt die auf Smartphone-Größe optimierte Bedienoberfläche von Windows Phone in eine Art Desktop „light“ inkl. kleinem Start-Menü und Desktop Apps. Für mich ist das einer der besten Beispiele für den Mehrwert des neuen „Universal App“ Konzepts. Office, Mail oder der Browser passen sich nahtlos der neuen Desktop-Oberfläche an. Zusammen mit der in Windows Phone 8.1 „Update 2“ eingeführten Möglichkeit, Bluetooth-Eingabegeräte mit seinem Lumia zu koppeln, macht Continuum also vielleicht endlich wahr, was uns so lange versprochen wurde: Der Desktop-Computer in der Hosentasche. Betrüblich ist natürlich das Erfordernis neuer Hardware, die für Continuum nötig sein soll. Die Begründung: Aktuelle Snapdragon Prozessoren könnten nicht verschiedene Auflösungen (Smartphone und externer Monitor) gleichzeitig verarbeiten. Das ist recht merkwürdig, weil Joe Belfiore das Feature stets auf bereits erhältlichen Lumias demonstriert hat. Vor allem aber will mir nicht in den Sinn, warum ich überhaupt den Display des Smartphones aktiviert lassen sollte, während ich den externen Monitor nutze?

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Continuum: Löst es das Verprechen des „one device“ ein?

Fast nur eine Randnotiz wäre schließlich mein letztes Highlight aus dem Umfeld die Build-Konferenz geworden: Microsoft will endlich das leidige Thema Smartphone-Updates angehen. Ich habe bereits in einem ausführlichen Artikel versucht, zu klären, warum Smartphone-Updates bei Android und Windows Phone so ein nervtötendes Chaos sind, während Apple seit 2007 wie ein Uhrwerk seine Updates ausliefert. Microsoft hat nun angekündigt, das Thema selbst in die Hand zu nehmen und verspricht, dass mit Windows 10 für Smartphones alles deutlich schneller und zuverlässiger werden soll. Im Nebensatz kritisierte man dabei besonders Google heftig dafür, für die Android Updates so wenig Verantwortung zu übernehmen. Das hat zwar für einige Aufmerksamkeit gesorgt, enthielt aber wenig Konkretes. Sollte Microsoft endlich das schaffen, was Apple schon so lange vormacht, wäre das für mich ein klarer Pluspunkt für Windows Phone. Wie Microsoft aber an den besonders in Amerika so dominanten Providern vorbeikommen will, bleibt bisher leider noch offen.

So langsam wird ein Schuh draus

Die Nachlese der Build 2015 hat bei mir sehr viele Erwartungen geweckt. Projekt Astoria und das Android Subsystem müssen zeigen, dass sie sich nicht als Boomerang für Windows Phone entpuppen. Das Continuum Feature ist bisher zwar ein reizvolles, aber eben auch nur ein Konzept. So langsam möchte ich das mobile Windows 10 wirklich in Aktion sehen. Und dabei wären wir dann bei der Frage nach dem Zeitplan. Im Nachhinein wurde nun wahr, was ich und viele andere seit Monaten erwartet haben: Windows Phone 10 für Smartphones wird nicht zusammen mit der Desktop-Version im Sommer 2015 fertig sein. In Folge 411 des Windows Weekly Podcasts musste Daniel Rubino sich übrigens regelrecht belächeln lassen, als er von sehr optimistischen sechs Wochen Verspätung ausging.

Egal wie lange wir am Ende wirklich werden warten müssen, der aktuelle Zustand von Windows Phone 10 hat wenig mit dem Bild zu tun, das Microsoft mittlerweile in meiner Phantasie gemalt hat. Genau das muss man der Build 2015 und vor allem Microsoft mittlerweile aber lassen: Sie schaffen es so langsam, eine Idee von dem zu vermitteln , was sie mit Windows Phone vorhaben. Ich hoffe, dass all dem jetzt schnell Taten folgt. Für die nächsten Technical Previews von Windows Phone 10 hat Microsoft bei mir jedenfalls wieder etwas mehr Spannung erzeugt.

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