Google Pixel und iPhone: Garantie und Gewährleistung im Vergleich (Update)

Pro Jahr gehen Dutzende Smartphones durch meine Testerhände. Für die Artikel hier im Blog nutze ich sie ein paar Wochen und schreibe dann meine Meinung zu Software, Hardware, Design, Performance & Co. Aber danach ist das Spiel für mich meistens vorbei. Die Leihgeräte müssen zurück an die PR-Agenturen der Hersteller. Dauerleihgaben wandern in die Schubblade für spätere Rückblick-Reviews.

Bei normalen Konsumenten sieht das natürlich anders aus. Das Smartphone der Wahl soll in der Regel jahrelang genutzt werden. Dabei bleibt es nicht aus, dass sich Macken und Probleme in die Geräte schleichen. Die Lösung: Kundenservice, Garantie und Gewährleistung in Anspruch nehmen. Und in dieser Hinsicht ist für mich Apple noch immer das Maß der Dinge. In all den Jahren, in denen ich nun iPhones (und andere Apple Hardware) nutze, habe ich den dortigen Support oft als so positiv erlebt, dass er nicht selten das Zünglein an der Waage meiner eigenen Kaufentscheidung war.

Wenn es nach Google geht, soll sich das aber ändern. Mit dem Google Pixel und Google Pixel XL will Google den ultimativen iPhone-Konkurrenten gebaut haben. Um sich diesen Titel verdienen zu können, muss sich Google aber nicht nur bei Performance, Design oder Kameratechnik mit Apple messen lassen, sondern auch in Sachen Kundenservice, Garantie und Gewährleistung. Will man das Google Pixel wirklich mit den iPhones vergleichen, dann reicht keine Momentaufnahme nach einem zweiwöchigen Test. Wer heute vor der Entscheidung zwischen Apple und Google steht, der muss sich stattdessen auch fragen, wie es denn in ein oder zwei Jahren mit dem Kundenservice aussieht. Dieser Frage will ich mich in diesem Beitrag widmen.

Vorbild Apple

Die Situation bei Apple habe ich schon einmal zusammengefasst. Details zu den dortigen Gewährleistungs- und Garantieleistungen gibt es im Artikel „Apple zwischen Garantie und Gewährleistung„. Für alle Klickfaulen hier aber noch einmal die Zusammenfassung:

Garantie und Gewährleistung sind zwei verschiedene Dinge. Die Garantie ist ein freiwilliges Extra des Herstellers und kann hinsichtlich der Garantiezeit und der abgedeckten Mängel vom Hersteller ganz frei bestimmt werden. Bei Apple erfasst diese Garantie die meisten Hardwaredefekte sowie Schönheitsfehler und wurde 2015 auch auf die Ladekapazität der Akkus erweitert. Das Ganze läuft unter dem Namen „AppleCare“ und ist auf ein Jahr ab Erstaktivierung beschränkt. Gegen Aufpreis kann binnen gewisser Zeitspannen diese einjährige Garantie auf 3 Jahre (bei Macbooks) oder 2 Jahre (bei iPhones und iPads) erweitert werden.

Seit 2015 können iPhones (sowie die Apple Watch) nur noch innerhalb der ersten 60 Tage ab Aktivierung verlängert werden. Die in diesem Zeitfenster erwerbbare „AppleCare+“ Garantieverlängerung ist im Preis deutlich gestiegen, deckt nun allerdings auch zwei schuldhafte Schadensfälle ab. Die Laufzeit von zwei bis drei Jahren ist natürlich recht mager und der Aufpreis gesalzen. Ein Vorteil ist aber, dass die Garantie laut Ziffer 1.13 der Garantiebedingungen stets an der Seriennummer des Geräts hängt und auf nachfolgende Besitzer problemlos gemäß Ziffer 11 übertragen werden kann. Zwar sehen die Garantiebedingungen (Ziffer 18) eigentlich vor, dass bei Privatverkauf Apple auch über die Abtretung der AppleCare-Ansprüche informiert werden will und der Übergang der Garantieabsprüche erst wirksam wird, wenn Apple dem neuen Eigentümer eine Bestätigung schickt. In der Praxis habe ich aber noch nie erlebt, dass Apple darauf tatsächlich auch besteht. Aus diesem Grund greife ich bei Apple mit Vorliebe zu Gebrauchtgeräten. Ein vier Wochen altes iPhone kann bei eBay Kleinanzeigen & Co oft erheblich günstiger ergattert werden als ein Neukauf, hat in Sachen Garantie aber praktisch kaum Nachteile. Die Restlaufzeit und der Anspruch gegenüber Apple ziehen mit dem Gerät um und bleiben nicht beim Vorbesitzer zurück.

Die Gewährleistung hingegen ist eine ganz andere Geschichte. Sie ist eine nach deutschem (und europäischem) Kaufrecht verpflichtende zweijährige Leistung des Verkäufers. Das kann der Mobilfunkanbieter, der örtliche Elektronikfachhandel oder sogar der Privatverkäufer bei eBay sein. Garantieansprüche wiederum richten sich meist gegen den Hersteller (Apple bzw. Google). Unternehmen kommen bei Neuware aus diesen Gewährleistungsansprüchen auch nicht durch Kleingedrucktes raus. In ihrem Umfang sind die Gewährleistungsansprüche aber regelmäßig geringer als Garantieversprechen. Grundsätzlich muss nämlich der Käufer beweisen, dass der z.B. nach 18 Monaten auftretende Mangel auf einem Defekt bei Übergabe beruht. Das ist je nachdem, wann und was für ein Fehler tatsächlich auftritt, natürlich nicht immer leicht. Als kleiner Trost greift in den ersten sechs Monaten eine sogenannte Beweislastumkehr mit der Folge, dass der Verkäufer selbst beweisen muss, dass der Mangel nicht schon bei Übergabe bestand. Das wird der Verkäufer selten können, weshalb innerhalb der ersten sechs Monate die Abwicklung von Schadensfällen meist einfacher klappt. Für die restliche Dauer der Gewährleistung bleibt der Käufer aber in der Beweispflicht.

Alles in allem bleibt es deshalb dabei, dass ich bei Problemen mit einem Apple Gerät immer direkt zu Apple als Garantiegeber gehe und einen weiten Bogen um den Verkäufer mache. Egal ob privat, bei Media Markt oder beim Provider gekauft: Ist mit dem iPhone etwas nicht in Ordnung, wende ich mich ausschließlich an Apple und nutze die AppleCare-Garantie. Das gilt natürlich nur, solange auf dem iPhone auch noch Garantie ist.

Kann das Pixel mithalten?

Bei Google ist die Situation hinsichtlich der Gewährleistung zunächst einmal ähnlich. Egal, wer einem das neue Google Pixel verkauft: Es greifen die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Egal ob bei Google, bei der Telekom oder bei anderen Händlern: Der Verkäufer ist an die gesetzlichen Regeln der Gewährleistung gebunden.

Bei Google ist das nun (scheinbar) etwas komplizierter, weil Google nicht auch gleichzeitig der Hersteller vieler seiner Geräte ist. Und trotzdem genießt Googles Kundensupport einen guten Ruf in der Android-Szene. Ich kenne persönlich viele Berichte, in denen Google auch Jahre nach Kauf alter Nexus Geräte diese wegen Mängel noch zurücknahm. In meiner eigenen Odyssee mit diversen Mängeln am Huawei Nexus 6P habe ich selbst erlebt, wie vorbildlich Google seinen Kundenservice teilweise abwickelt. Das ändert aber nichts daran, dass in all diesen Fällen gegenüber Google einzig die gesetzlichen Gewährleistungsrechte greifen, denn Google war jedenfalls bei den bisherigen Nexus Geräten nie der Hersteller. Das heißt, dass meine Garantieansprüche sich bei Geräten wie dem Nexus 5X nur gegen LG oder dem Nexus 6P nur gegen Huawei, die Hersteller, richten. Dass man den Eindruck bekommt, Google würde mehr als nur die Gewährleistung erfüllen, liegt schlicht daran, dass Google sich bei der Ausübung der Gewährleistungsrechte bisher oft sehr kulant gezeigt hat. Wirklich verpflichtet war Google als Verkäufer zu diesem kulanten Verhalten aber in den wenigsten Fällen. Seit Erscheinen des Google Pixel scheint Google den Support für die Nexus-Geräte auch spürbur herunter zu fahren.

Dieses bisherige Geflecht hat sich durch das Google Pixel (XL) nun grundlegend geändert. Erstmals ist Google nicht nur Verkäufer, sondern auch Hersteller seines neuen Flagschiffs. Damit ist Google – genau wie Apple – nicht nur nach Gewährleistungsrechten verpflichtet, sondern selbst auch Garantiegeber. Schaut man nun in die Google Pixel Garantiebedingungen dann ist zunächst einmal erfreulich, dass Google auf die Google Pixel Smartphones von Werk aus zwei Jahre Garantie verspricht. Genauer: Google garantiert, dass „das Smartphone bei normalem, dem Nutzerhandbuch entsprechenden Gebrauch frei von Material-und Verarbeitungsfehlern ist“. Es braucht also keine teure Garantieverlängerung, um auf die gleiche Garantielaufzeit zu kommen wie bei den iPhones.

Das Entscheidende kommt aber erst im Anschluss: Das Garantieversprechen gilt nur dann, wenn das Smartphone von Google oder einem autorisierten Verkäufer erworben wurde. Zur Abwicklung verlangt Goolge zudem meinen Namen, meine Kontaktdaten und die IMEI-Nummer, die sich auf der Verpackung und im SIM-Kartenfach befindet. Außerdem muss ein Kaufbeleg vorgelegt werden.

Und genau an diesem Punkt bin ich aktuell sehr zurückhaltend. Ich habe bisher keine eigenen oder mittelbaren Erfahrungen mit gebraucht gekauften Pixel Geräten oder solchen Geräten gemacht, die von „nicht autorisierten“ Händlern stammen. Bisher scheint es mir aber darauf hinzulaufen, dass Google nur dann seine zweijährige Garantie erfüllt, wenn ich mich als Erstbesitzer direkt an Google wende und auch nur dann, wenn ich das Google Pixel bei einem der wenigen offiziellen Verkäufer bekommen habe. Von einer Übertragbarkeit ist in den sehr kurzen Garantiebedingungen keine Rede. Natürlich könnten Erstbesitzer und Zweitbesitzer versuchen, die Garantierechte bei Verkauf mit abzutreten, aber vorerst bleibe ich skeptisch, wie reibungslos ein Zweitbesitzer mit Verweis auf die Rechnung des Erstbesitzer tatsächlich selbst eigene Garantieansprüche geltend machen kann.

Hat Google Bindungsängste?

Alles in allem scheint mir Apples Supportpolitik weiterhin verlässlichere zu sein. Egal, wo ich ein iPhone kaufe, die Restlaufzeit der AppleCare Garantie ist nutzbar. Eine einmal erworbene Garantieverlängerung ist auch bei Weiterverkauf in der Garantiezeit noch ein Wertvorteil, der sich nach meinem Empfinden auch noch immer in der Wertstabilität gebrauchter iPhones niederschlägt. Zusammen mit dem unerreicht langen Softwaresupport scheint Apple sein Com­mit­ment an die eigenen Produkte immer noch ernster zu nehmen als die Konkurrenz.

Google hingegen geizt weiterhin mit Selbstverpflichtung und knausert beim Softwaresupport sowie den Garantiebedingungen. Updates gibt es schon nach zwei Jahren keine mehr und die Garantiebedinungen lesen sich zurückhaltender als bei Apple. Es wirkt ein wenig so, als würde Google sich nicht ganz auf das aktuelle Flagschiff einlassen. Bereit für den Sprung zum Nachfolger, erweckt das bei mir einfach den Eindruck, dass Google auch das (noch) brandneue Pixel zukünftig schnell fallen lassen wird; Und seine Käufer mit ihm.

Das wäre weniger ein Problem, wenn Google das Pixel für Spottpreise und ohne große Versprechungen verkaufen würde. Die vielen Preis-Leistungskracher aus Fernost zum Beispiel sind weder hinsichtlich Software- noch Hardwaresupport verlässlich. Aber dafür bekommt man eben unheimlich gute Hardware zu unheimlich niedrigem Preis. Google hingegen stellt sich ganz selbstbewusst auf eine Stufe mit Apple. Das ist hinsichtlich des Geräts selbst sicher auch gerechtfertigt, aber zu einem guten Produkt gehört eben mehr als die Summe der Hard- und Softwarefähigkeiten. Für mich gehört dazu auch eine Verlässlichkeit, was das langfristige Com­mit­ment an das eigene Produkt angeht. Und da kann das Google Pixel von Apple doch noch viel lernen, meine ich.

See you in the comments!

Update (25.01.2017): Passend zum Thema hat Apple heute die „Apple Support“ App im deutschen Appstore verfügbar gemacht. Wer – wie ich – mehrere Apple Geräte besitzt, kennt vielleicht das Apple Supportprofil, eine Webseite bei Apple, auf der man alle auf die eigene Apple-ID angemeldeten Apple Geräte verwalten kann. Unter anderen kann man einsehen, wie der Abdeckungsstatus der Garantie ist. Über diese Supportprofil-Webseite habe ich bisher immer im Blick behalten, wann meine Geräte aus der Garantie fallen und wann das Zeitfenster abläuft, in dem ich die AppleCare-Garantieverlängerung buchen kann. All das und diverse andere Hilfestellungen findet ihr jetzt in der neuen Apple Support App, die bei mir auch schon getestet wurde und – nach Login – einwandfrei zu funktionieren scheint. Nutzer eines iOS Geräts können über diesen Link direkt auf die Appstore-Seite der App gelangen.

Update (04.03.2017): Ein ausführliches Review zum Google Pixel findet ihr hier.

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