Google Chromecast: Spielzeug oder sinnvolle Ergänzung zum Smartphone?

Chromecast3Googles kleiner WLan-Stick ist bereits seit Juli 2013 international erhältlich, aber erst diesen März auch im deutschen Google Play Store offiziell erschienen. Ich habe diese Gelegenheit genutzt und mir den günstigen Stick auch zugelegt. Was kann er, was kann er nicht und welchen Alltagsnutzen hat das kleine Streaming-Gerät? Hier meine ausführlicher Testbericht, meine Meinung sowie ein paar Messergebnisse zu Googles Chromecast.

Der Chromecast selber

Der Chromecast selber ist kaum größer als ein normaler USB-Stick und hat zwei Anschlüsse. Einen microUSB-Anschluss am hinteren Teil und den dominierenden HDMI-Stecker am vorderen Ende. Zusätzlich befindet sich neben dem USB-Anschluss ein kleiner Knopf, mit dem das Gerät zurückgesetzt werden kann. Das Gerät fährt ansonsten automatisch hoch, sobald Strom anliegt und bietet keinen seperaten An-/Ausschalter. Zum Lieferumfang gehört ein USB-auf-microUSB-Stromkabel, ein Netzteil, der Chromecast selbst und ein HDMI-Verlängerungskabel.

Der Chromecast muss extern über das mitgelieferte Stromkabel mit Strom versorgt. Dazu steckt man das Kabel entweder über das mitgelieferte Netzteil in eine Steckdose oder an einen freien USB-Port am Fernseher. Im Leerlauf verbraucht der Chromecast um die 1,9 W. Wird er zur Wiedergabe von Videos oder Musik genutzt, steigt der Verbrauch nur auf wenig höhere 2,3 bis 2,4 W.

Alles in allem ein handliches, unauffälliges Gerät. Die Frage: Was macht man damit? 😉

Die Einrichtung

Um das Gerät startbereit zu machen, ist nicht viel zu tun. Nachdem es in einen HDMI-Anschluss gestöpselt und mit Strom versorgt wird, wählt man den entsprechenden Eingang am TV aus und los geht die Software-Einrichtung des Chromecast. Als erstes begrüßt einen die Aufforderung, die Chromecast App herunter zu laden.

Nachdem man den Chromecast mit dem Smartphone oder Tablet gekoppelt hat, bestätigt man den Gerätecode, gibt das WLan Kennwort ein und wartet ein paar Updates ab. Der Updateprozess dauerte bei mir gefühlt erstaunlich lange. Hat man dann alles geschafft, kann man dem Chromecast noch einen eigenen Namen geben und ist direkt startklar. Viel mehr gibt es in der App auch nicht zu tun, außer vielleicht das Uhrenformat einzustellen oder das Gerät zurückzusetzen. Glücklicherweise gibt es aber noch Einstellungen zum Datenschutz, dazu aber gleich etwas mehr.

Was kann er und was kann er nicht?

Der Chromecast Stick wird gern als Ersatz für ein HDMI Kabel bezeichnet. Er ermöglicht es, Videos, Musik und Bilder drahtlos vom Smartphone, Tablet oder Computer an einen Fernseher über das WLan zu senden.

Will man die Funktion des Chromecast genauer beschreiben, muss man aber eigentlich direkt mit einem Irrtum aufräumen. Der Chromecast ist nämlich KEIN Streaming-Stick im eigentlichen Sinne. Anders als zum Beispiel Apples AppleTV-Box und der dazugehörige Airplay-Standard werden die Medien nicht vom Smartphone oder Tablet übertragen, sondern der Chromecast greift selbst und unmittelbar auf die Medien im Internet zu. Das bedeutet, dass das Gerät mit dem man etwa ein Youtube-Video startet, das Video nicht selbst herunterlädt, sondern nur dem Chromecast sagt, was es bei Youtube eigenständig suchen und spielen soll.

Dieses Prinzip hat Vor- und Nachteile. Einer der Vorteile ist zum Beispiel, dass die Batterie vom Smartphone nicht strapaziert wird. Während der Wiedergabe dient es lediglich als Fernbedienung. Man könnte es sogar einfach ausschalten, nachdem man auf Play gedrückt hat. Der Chromecast funktioniert unabhängig.

Die Nachteile sind allerdings nicht zu unterschätzen. Da der Chromecast nicht direkt vom Smartphone selbst gefüttert wird, kann man auch nicht ohne weiteres lokale Medien wiedergeben. Stattdessen möchte der Chromecast am Liebsten die Inhalte direkt aus dem Netz laden. Wer also wie bei iOS erwartet, einmal global Airplay aktivieren zu können, um dann alle Medien am Airplay-Wiedergabegerät aabzuspielen, täuscht sich. Der Chromecast ist vielmehr in der Regel darauf angewiesen, dass eine App oder ein Dienst Chromecast unterstützt. In Deutschland sind das im Wesentlichen Youtube, Watchever, Maxdome, die Google Dienste und Plex. Wer hingegen seine Spotify Musik über den Chromecast wiedergeben will, der guckt in die Röhre. Das ist nur über Umwege möglich. Wer auf seinem Gerät Videos gespeichert hat, kann die auch nicht einfach an den Chromecast senden. Es ist eben stets eine App erforderlich die dem Chromecast sagen kann, wo dieser online die entsprechenden Daten findet. Sehr zu meiner Freude bietet aber zum Beispiel die Pocket Casts App Chromecast Support. Aber auch hier gilt: Es werden nicht lokale Podcasts zum Chromecast gestreamt, sondern der Chromecast lädt diese eigenhändig von den Podcast Servern.

Mit diesem Funktionsprinzip geht ein weiterer Nachteil einher. Wer bisher über VPN-Apps auf dem Smartphone ausländische Videotheken wie Netflix oder Hulu geschaut hat, kann das bei Chromecast vergessen. Zwar kann Netflix über Chromecast geschaut werden, aber da es eben nicht das Smartphone ist, dass die Videos lädt und zum Chromecast schickt, sondern der Chromecast selber auf die Medien zugreift, ist es völlig egal, welche IP-Adresse das Smartphone dank VPN hat. Entscheidend ist die (deutsche) IP-Adresse des Chromecasts. Die ist ohne zwischengeschalteten VPN-fähigen Router auch nicht ohne weiteres änderbar. Ich will damit nicht für VPN-Dienste werben oder über die Legalität von Netflix-Nutzung via ausländischen IP-Adressen urteilen, sondern nur klarmachen, wie sich das Funktionsprinzip des Chromecast auswirkt.

Über Drittanbieter-Apps wie Localcast lässt sich lokales Streaming "nachrüsten"

Über Drittanbieter-Apps wie Localcast lässt sich lokales Streaming „nachrüsten“

Android wäre aber natürlich nicht Android, wenn man nicht einen Großteil der Nachteile durch Drittanbieter Apps ausgleichen könnte. So nutze ich zum Beispiel LocalCast, eine App, die lokale Musik und Videos dann doch an den Chromecast sendet. Der Trick scheint zu sein, dass die App dem Chromecast einen simulierten Online-Speicherort vorgaukelt: Der Speicher des Handys. Über derartige Apps sind dann im zweiten Anlauf glücklicherweise viele Funktionen „nachrüstbar“.

Im Ergebnis war ich aber doch überrascht, wie begrenzt die Funktion des Chromecast doch ist. Als Airplay Nutzer war ich es gewohnt, einfach systemweit ein Airplay-Gerät als Wiedergabegerät auszuwählen und darüber dann alle Musik oder Videos abzuspielen. Beim Chromecast ist das ganze etwas komplizierter. Besonders die Tatsache, dass Spotify nicht ohne Umwege streambar ist, wunderte mich sehr. Genauso ist die Wiedergabe lokaler Videos, die zwischen iPad und AppleTV tadellos funktioniert, mit dem Nexus 7 und Chromecast nur über (kostenpflichtige oder werbebeladene) Dritt-Apps möglich. Zugegeben, der Chromecast kostet auch nur die Hälfte des AppleTVs, aber man bekommt meiner Ansicht nach auch weniger. Google weitet die Funktionen des Chromecast allerdings stetig weiter, wie zuletzt mit Photowall und die Funktionen, die der Chromecast bietet, funktionieren gut. Ich habe auch weder Laderuckler festgestellt noch kann ich mich über die Bildqualität etwa bei Youtube beschweren, denn der Chromecast schafft auch Full HD Videos flüssig.

Wie sieht es am PC, mit iOS oder Windows Phone 8 aus?

Der Einsatzbereich des Chromecast begrenzt sich glücklicherweise nicht auf mobile Endgeräte. Über das Add-On „Google Cast“ für den Google Chrome Browser lassen sich alle Videos vom PC, also etwa auch von der Youtube Website wiedergeben.

Unter iOS ist der Chromecast ebenfalls recht gut zu gebrauchen. Alle Google Apps, die unter Android den Chromecast Support bieten, bieten ihn auch unter iOS. Auch die Chromecast App ist in Apples Appstore vertreten. Damit ist der Chromecast sogar völlig ohne ein Android Gerät nutzbar.

Dank offizieller App auch unter iOS nutzbar

Dank offizieller App auch unter iOS nutzbar

Unter Windows Phone 8 sieht das Ganze wie immer sehr düster aus. Mangels Chrome Browser geschweige denn irgendwelcher offizieller Google Apps, gibt es schlicht keinerlei Möglichkeit, den Chromecast zu nutzen.

Hat hier irgendjemand was von Datenschutz gesagt?

Kommen wir vor dem zusammenfassenden Fazit noch zu dem sensiblen Thema Datenschutz. Wie so oft, dürfte es Google bei dem Chromecast auch darum gehen, zu erfahren, welche Medien die Nutzer konsumieren. Wie bereits oben ausgeführt, ist es beim Chromecast auch nicht so einfach, seine IP-Adresse durch die Nutzung von VPN-Apps oder Proxys zu verschleiern. Stattdessen erfolgt der Zugriff völlig ohne Kontrolle auf die Server der jeweiligen Dienste.

Es muss einem schlicht klar sein, dass Google das gesamte Nutzungsverhalten anaylisiert, um seine Werbeprofile zu verbessern. Wer also bisher Watchever auf seinem iPhone geguckt hat, kam ohne Google aus. Wer das nun über den Chromecast tut, der gibt gleichzeitig Preis, welche Medien ihn interessieren. In der Datenschutzerklärung von Google findet sich auch nur in den allgemeinen Ausführungen zu Chrome weit unten folgender Passus zum Chromecast:

Bei Chromecast-Nutzern erfasst Google unter Umständen die Systemaktivität, Abstürze und andere Informationen zur Nutzung von Chromecast, einschließlich der Apps und Domains, auf die über Chromecast zugegriffen wird. Vollständige URLs werden jedoch nicht erfasst. Die Chromecast-Einstellung für Nutzerdaten und Absturzberichte ist standardmäßig aktiviert. Chromecast-Nutzer können diese Einstellung in der Einrichtungs-App im Menü „Einstellungen“ bearbeiten.

Der Verweis auf die Einstellungen ist natürlich erfreulich. Allerdings ist der Haken von vornherein nicht gesetzt und ich bezweifle, dass viele Nutzer sich die Mühe machen die dutzenden Bulletpoints bis zum Chromecast zu scrollen und dann in der App die Einstellung zu suchen. Hier wäre ein entsprechender Hinweis während der Installation deutlich besser gewesen.

Fazit: Spielzeug oder sinnvolle Ergänzung?

Nach nun etwa 2 Wochen Rumprobiere und -geteste ist mein Fazit eher verhalten. Wer nicht zwingend an das Android-Ökosystem gebunden ist, sondern auch über Airplay und iOS Geräte verfügt, sollte eher zum AppleTV greifen. Der Funktionsumfang des Chromecast ist ohne Drittapps doch noch sehr begrenzt. Will man nicht selbst Hand anlegen und sich in Drittapps reinfummeln, ist man auf die Arbeit der Google-Entwickler angewiesen, um neue Funktionen zu erhalten. Wer zudem auf VPN- oder Proxy-Lösungen angewiesen ist, wird wenig Freude mit dem Chromecast haben.

Positiv ist aber der geringe Preis und Stromverbrauch, der geringe Platzbedarf und die solide Bildqualität. Ich denke, dass Google sich in Zukunft aber eher auf die bereits durchgesickerte Android TV Box konzentrieren wird. Hoffentlich dann mit einer universelleren direkten Streaming-Lösung von lokalen Inhalten. Mein Urteil ist aktuell daher eher: Mehr Spielzeug als nützliche Ergänzung.

Was sagt ihr? Wie gefällt euch der Chromecast? See you in the comments!

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