Erfahrungsbericht: Ein Jahr mit dem 12 Zoll Macbook (2017)

Die jüngst vorgestellten 2018er Modelle der Macbook Pro Reihe (mit Touchbar) wurden zwar ohne Keynote und große Show vorgestellt, aber für Wirbel haben sie trotzdem gesorgt. Kaum vorgestellt, gab es erst Kritik am Hitzemanagement der neuen Intel-Prozessoren, dann heiße Diskussionen darüber, was an der Kritik überhaupt dran ist und mittlerweile sogar einen offiziellen Hotfix von Apple, der das Problem scheinbar gelöst hat.

Was genau hat all das mit meinem 12 Zoll Macbook von 2017 zu tun? Nun, die ganze Diskussion um Performance, Temperaturmanagement und das Zusammenspiel von Apples schlankem Design mit Intels hitzigen CPUs erreicht mich ziemlich genau zum ersten Jahrestag meiner Zeit mit meinem 12 Zoll Macbook. Während ich hier also sitze, meinen Erfahrungsbericht tippe und mir Gedanken darüber mache, ob mir die Leistung meines lüfterlosen Ultrakompakt-Macbooks wirklich ausreicht, lese ich viele Beiträge zum neuen Macbook Pro. Und ich frage mich tatsächlich: Jetzt, wo es endlich Vierkern- und sogar Sechskern-Chips in Apples Laptops gibt, sollte ich da vielleicht doch über ein verfrühtes Upgrade nachdenken?

Das hängt natürlich davon ab, wie es mir mit dem 12 Zoll Macbook im vergangenen Jahr ergangen ist. Und genau darum soll es jetzt erst einmal gehen.

Reicht mir die Leistung noch?

Kommen wir direkt mal zur Leistung. Seit einem Jahr arbeite ich nun mit meinem 12 Zoll Macbook in der mittleren Ausstattungsvariante, also mit einem Intel „Core i5“  (i5-7Y54) Prozessor mit integrierter Iris 615 Grafikeinheit. Dazu kommen dann noch 8 GB RAM und eine 512 GB SSD. Die SSD ist nach wie vor über jeden Zweifel erhaben: Mit deutlich über 1 GB/s Lese- und Schreibraten ist das System rasend schnell was beispielsweise den Zugriff auf gespeicherte Daten oder das Kopieren von Daten angeht.

Skeptisch bin ich allerdings geworden, was die Leistung des Prozessors angeht und auch beim Arbeitsspeicher bin ich mir nicht mehr so sicher. Dass der Prozessor hin und wieder an seine Grenzen kommt, fiel mir schon in meinem ursprünglichen Review auf. Besonders bei komplexer Bildbearbeitung, z.B. wenn ich Bilder mit Pixelmator transformiere oder Effekte hinzufüge, endet das definitiv öfter in Denkpausen, als mir lieb ist. Auch (sehr) große Word-Dokumente mit vielen Kommentaren, Anmerkungen, Makros und aktiviertem Nachverfolgen-Modus verschlucken sich gern einmal und die Diktierfunktion scheint ebenfalls am Leistungslimit des Systems zu kratzen. Aktuell schaue ich mir obendrein noch Ubuntu via Virtual Box genauer an, was die 8 GB RAM an ihre Grenzen bringt.

Die sparsamen Intel Chips im 12 Zoll Macbook kommen definitiv an ihre Grenzen.

Teilweise kann ich natürlich nicht genau sagen, ob es eher an dem ultrasparsamen Prozessor, den nur 8 GB RAM oder gar schlechter Software (Microsoft Office 2016? Virtual Box? Chrome?) liegt. Da ich bei Bekannten mit „vollwertigen“ mobilen Intel-Chips (z.B. im 2015er Macbook Pro) aber bei vergleichbaren Aufgaben keine derartigen Einschnitte bemerke, meine ich doch, dass hier die Grenzen der Leistung meines 12 Zoll Macbook in Erscheinung treten.

Ich gebe daher zu, dass ich die letzten Monate durchaus immer mal auf ein neues 13 Zoll Macbook Pro geschielt habe. Das 2017er 13 Zoll Modell hatte ich mir (zusammen mit einem Thunderbolt 3 Dock) vor meinem Kauf des 12 Zoll Modells ja bereits kurz angesehen, es aber aufgrund zu geringen Mehrwerts ggb. meinem damaligen 2015er Modell wieder zurückgeschickt. Jetzt, wo mit den Vierkern-Chips erstmals echte Leistungssteigerungen zu erwarten sind, sollte ich mir die 13 Zoll Pro Geräte aber vielleicht doch nochmal genauer ansehen?

Brauche ich mehr Anschlüsse?

Ein weiterer Knackpunkt ist und bleibt der eine Anschluss (sie alle zu knechten …). Zwar würde ich weiter dabei bleiben, dass dieser Port-Minimalismus kein K.O.-Kriterium ist, aber auch hier habe ich im Laufe des vergangenen Jahres doch ein paar zusätzliche Alltagserfahrungen machen dürfen. So habe ich mir zum Beispiel eine schnelle USB-C Festplatte besorgt, um neben der Time Machine ein weiteres BackUp Laufwerk zu haben. Mein Sanho Hyper Drive (das nach wie vor tadellos unter dem Schreibtisch seinen Dienst tut) hat aber nur einen USB-C Anschluss. Der ist dauerhaft mit dem Original Ladekabel von Apple belegt, um das Macbook im „gedockten“ Zustand zu laden. Will ich das BackUp Laufwerk anschließen, muss ich also entweder unter dem Schreibtisch herumfummeln oder das Macbook vom Dock trennen. Das heißt dann aber, dass ich währenddessen weder Strom noch Bild (am externen Monitor) habe. Gerade der fehlende Stromanschluss machte das erste BackUp (das ja erfahrungsgemäß mehrere Stunden dauern kann) etwas knifflig.

Ein einzelner USB-C Anschluss: Kein K.O.-Kriterium, aber definitiv lästig.

Ich muss darüber hinaus auch gestehen, dass es mittlerweile auch Situationen gab, bei denen ich mir gewünscht hätte, auf beiden Seiten auf Anschlüsse zurückgreifen zu können. In Seminaren oder auf Konferenzen liegen die Steckdosen nämlich partout genau auf der (dem USB-C Port) gegenüberliegenden Seite, was nervigen Kabelsalat quer über den Tisch bedeuten kann. Hier einfach auf der anderen Seiten auch einen USB-C (Lade) Port zu haben, würde nicht nur mein (eben beschriebenes) BackUp Problem lösen, sondern würde mir auch die nötige Flexibilität beim Laden verschaffen. So könnte ich etwa am Schreibtisch kurz die Kamera oder das BackUp-Laufwerk anschließen, ohne unter den Schreibtisch zum Dock krabbeln oder das Macbook vom Strom/Display zu trennen.

Das bedeutet aber natürlich auch, dass (derzeit) nur das 13 Zoll Macbook Pro mit Touchbar in Frage käme, denn nur die Version mit Touchbar hat je zwei USB-C/Thunderbolt-3-Ports auf beiden Seiten. Zwar sind dort jetzt endlich alle Thunderbolt-Ports mit voller Geschwindigkeit angebunden, aber die nutzlose und teure Touchbar macht das nicht besser. Dass Apple parallel das 13 Zoll Macbook Pro „Escape“ (das Modell ohne Touchbar) mit den Vorjahres-Chips und nur zwei Thunderbolt-3-Anschlüssen weiterhin verkauft, verstört nicht nur mich. Es wird wirklich höchste Zeit, dass Apple seine Modellpalette verschlankt, konzentriert und nachvollziehbar neu ordnet.

Hat die Tastatur Probleme gemacht?

Erfreuliches kann ich nach einem Jahr von der Tastatur berichten: Der Butterfly-Mechanismus der 2. Generation hat bei mir zu keinem Zeitpunkt die vielfach kritisierte Anfälligkeit für Staub oder Kleinteile gezeigt. Zugegeben, ich bin auch nicht gerade ein Krümelmonster. Trotzdem war ich letztes Jahr durchaus besorgt und bin nun froh, dass ich bisher verschont blieb. Soweit ich das verfolgt habe, trat die Anfälligkeit zwar auch bei Tastaturen der zweiten Generation auf (eingesetzt ab den 2017er Modellen), betraf aber primär die Geräte mit der ersten Generation der ultraflachen Tastatur (verbaut 2015 und 2016). Mittlerweile hat Apple den Fehler offiziell eingeräumt, ein Garantieprogramm gestartet und bei den 2018er Modellen sogar kleine Silikonfolien unter den Tasten verbaut, die das Eindringen von Staub verhindern und die Tastatur ein klein bisschen leiser machen sollen. Ob es das Problem dauerhaft löst, wird man sehen.

Entwarnung bei Tastatur: Bei mir läuft sie bisher tadellos.

Rein vom Schreibgefühl habe ich meine Meinung bisher nicht revidieren müssen. Ich mag den flachen, harten, aber präzisen Anschlag sehr (sehr) gern und würde mir einzig wünschen, die Tastatur wär im Endpunkt einen Hauch weicher (angenehmer für die Fingergelenke) und nicht so irre laut. Beides scheint mit der dritten Generation der Tastatur in den 2018er Geräten nun der Fall zu sein.

Trumpfkarte: Design und Größe

Der einzige Grund, warum ich mich mit den bisher beschriebenen Nachteilen (allen voran der zwiespältigen Performance) überhaupt arrangiere, ist natürlich der nach wie vor der einzigartige Formfaktor. Selbst drei Jahre nachdem Apple mit dem 12 Zoll Macbook seinen bisher kompaktesten Laptop vorgestellt hat, gibt es noch immer keine wirkliche Konkurrenz aus dem Windows Lager. Zwar sind die Ultrabooks von HP, Dell, Razer oder Huawei aller Ehren wert, aber ein derart schlankes, leichtes und trotzdem „vollwertiges“ System wie das im 12 Zoll Macbook gibt es praktisch nicht.

Aber genau da liegt ja der Hund begraben: Darüber, wie „vollwertig“ das 12 Zoll Macbook wirklich ist, lässt sich ja durchaus streiten. Mich kann das schlanke Teil aber tatsächlich in den meisten Punkten immer noch überzeugen: Akkulaufzeit, Tastatur und Trackpad, Display und Verarbeitung sind so klasse, dass ich eigentlich dachte, mit den Kompromissen leben zu können. Und wann immer ich unterwegs das leichte Ding aus der Tasche ziehe, aufklappe und sofort so produktiv wie am Schreibtisch arbeiten kann, weiß ich auch, warum ich weiterhin (eigentlich) so glücklich mit dem Gerät bin.

Ohne aktive Lüftung im Sommer: Das Macbook ächzt.

Es ist und bleibt aber ein sehr schmaler Grad. Dank der lüfterlosen Kühlung meldete mein Macbook im Rekordsommer 2018 kürzlich nämlich erstmals, dass die CPU drosseln musste, um nicht zu überhitzen. Und das, obwohl das Gerät gut belüftet auf einem Ständer auf dem Schreibtisch stand und nicht etwa auf einem Kissen auf der Couch in der eigenen Hitze schmorte. Natürlich sind Lufttemperaturen von weit über 30 Grad und (Google) Chromes Tendenz zur Ressourcenverschwendung keine idealen Bedingungen, aber ein aktives Kühlungssystem, wie das in den größeren Macbooks, hätte da natürlich theoretisch mehr Spielraum.

Fazit: Bleibe ich beim 12 Zoll Macbook?

Die Gretchenfrage lautet also: Bleibe ich beim 12 Zoll Macbook oder springe ich entgegen meines üblichen Upgrade-Zyklus nach (nur) etwas über einem Jahr schon auf ein neues Modell? Die Antwort ist etwas uneindeutig. Kurzfristig werde ich jedenfalls nicht wechseln, einfach deshalb, weil Apples LineUp derzeit so durcheinander ist, das ich jederzeit damit rechne, dass Apple aufräumt, Modellreihen vereinigt, streicht oder im Preis senkt. Es würde mich zum Beispiel nicht wundern, wenn im Herbst verkündet wird, dass das Macbook Air, das 12 Zoll Macbook und das 13 Zoll Pro (ohne Touchbar) zu einem einzelnen Modell verschmolzen werden, um im unteren Preissegment eine klarer Abgrenzung gegenüber den Pro Modellen zu erreichen. Vielleicht kommt ja auch (nur) ein 12 Zoll Modell mit mehr Leistung und einem echten Thunderbolt 3 Anschluss statt nur einem USB-C Port? Vielleicht bekommt das „ohne Touchbar“ Modell doch verspätet das Upgrade auf die neuen Intel Vierkern Chips? Ich werde also auf jeden Fall noch bis Ende des Jahres abwarten, was Apple bei den schlankeren Formfaktoren plant.

Und dann wäre da auch noch mein ständiger Flirt mit der Rückkehr zu Windows. Da locken nach wie vor die Geräte von Razer (das Razer Blade Stealth versuche ich seit Langem für einen Testbericht in die Finger zu bekommen) und Huawei (das Matebook X Pro scheint auch sehr gelungen zu sein). Andererseits habe ich diesen Flirt nun schon in so manchem Artikel beschrieben und muss wohl einfach einsehen, dass ich ein macOS Gewohnheitstier geworden bin. Zwar würde ich die genannten Geräte immer noch gern ausprobieren, aber aktuell fühle ich mich – trotz aller Nachteile – bei macOS einfach zu wohl. Da bräuchte es schon verflixt tolle Hardware, um mich wegzulocken. So wie Apple sich aber gerade anstellt, ist es vielleicht auch nur eine Frage der Zeit, bis Windows Laptops diesen Punkt erreichen.

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