Die Pebble Smartwatch im Jahr 2019: With a Rebble Yell

Als Pebble 2016 sein Ende bekanntgab, war vorübergehend unklar, was mit den smarten Uhren des Herstellers geschehen würde. Als Cloud-basierte Geräte sind sie weitgehend nutzlos, wenn die zugehörige Server-Anbindung wegbricht. Mit Fitbit fand sich ein Käufer, der offenkundig wenig Interesse an einer Fortführung der alten Geräte hatte. Das Schicksal der Pebble-Uhren als hipper Elektroschrott schien damit besiegelt.Doch eben dieser Schein trog. Das lag an zwei Umständen, die sich gegenseitig positiv ergänzten: Zum einen bildete sich schnell nach Pebbles Ankündigung vom nahenden Ende ein Community-Projekt, das die serverseitige Anbindung der Pebble-Uhren erhalten wollte. Von seinen Macherinnen wurde das Projekt neckisch „Rebble“ getauft.

Zum anderen zeigte sich Fitbit als neue Eigentümerin überraschend hilfsbereit bei ebendiesem Unterfangen. Das begann mit einem offiziell bereitgestellten Update der Smartphone-App, welches einerseits sämtliche Notwendigkeiten zur Verbindung mit den originalen Pebble-Servern kappte, andererseits aber bereits Möglichkeiten eingebaut hatte, mit denen das Rebble-Projekt später seinen eigenen Appstore in die Software einbinden konnte.

Darüber hinaus gewährte Fitbit den alten Pebble-Servern eine komfortable Restlaufzeit, die dann sogar nochmals verlängert wurde solange, bis das Rebble-Team wirklich startklar war und alle Pebble-Nutzerinnen genügend Zeit zur Migration gehabt hatten.

Pebble mit Migrationshintergrund

Umziehen mussten die Nutzerinnen bis Juni 2018. Dabei bestand der Umzug lediglich im Einloggen auf der Webseite rebble.io. Dort konnte der alte Pebble-Account verlinkt werden. Alle Apps und die meisten Einstellungen wurden so aus dem alten Pebble-Konto in die Rebble-Umgebung übertragen. Damit war gewährleistet, dass diese Informationen nicht verlorengehen würden, wenn Fitbit die alten Server schlussendlich im Juni 2018 abschalten würde.

Das Rebble-Team hatte derweil ganze Arbeit geleistet und eine funktionierende Plattform auf die Beine gestellt. Dabei waren nicht nur die meisten der bisher verfügbaren Apps und Ziffernblätter in den neuen Store übertragen worden, sondern man hatte ebenfalls eine erste Version der eigenen Firmware bereitgestellt.

Wer den Umzug auf die Rebble-Plattform bisher verpasst hat, muss sich glücklicherweise keine Sorgen machen: Auch nachträglich ist das Anlegen eines Rebble-Kontos möglich. Nur ein Abgleich mit den Daten des alten Pebble-Profils ist dann nicht möglich. Besitzer einer Pebble Uhr folgen einfach den Anweisungen hier. Der größte Nachteil ist dabei, dass man seine bisher genutzten Apps erneut aus dem App-Store fischen muss und Nutzerinnen von zB KiezelPay für die jeweilige App erneut ihre Kiezel-ID eintragen müssen, um den Kauf für die neue Plattform freizuschalten.

Das Drunk’o’Clock Ziffernblatt

Der Rebble-Store enthält übrigens viele, aber nicht alle Apps des alten Pebble-Servers. Einige Entwickler haben aus verschiedenen Gründen einer erneuten Veröffentlichung im Rebble-Store nicht zugestimmt. Diese Apps und Ziffernblätter sind dann entweder gar nicht mehr verfügbar, oder können nur auf Umwegen über Herstellerwebseiten heruntergeladen werden.

Aber auch hier zeigt sich oft noch der Community-Geist der Pebble-Fans. Das Team hinter dem beliebten „Drunk’o’Clock“ Ziffernblatt, Lignite, hat zB für seine Kundinnen ein Pebble Legacy Portal bereitgestellt, wo man sich die Watchfaces als Datei herunterladen und über die Pebble App dann am Smartphone installieren kann. Das Team von Lignite hat uns für diesen Artikel extra einen Account für das Legacy Portal bereitgestellt, damit wir die Installation der alten Watchfaces testen konnten. Dafür an dieser Stelle vielen Dank.

Schöne neue Welt?

Bei aller Begeisterung über die lebensverlängernden Maßnahmen des Rebble-Projekts gibt es durchaus einige Wermutstropfen. Dass weder Spracherkennung noch Wettervorhersagen auf der Uhr verfügbar sind, ist zB Absicht: Diese Funktionen hat das Rebble-Team als Premium-Feature deklariert, deren Freischaltung für rund 30 US-Dollar im Jahr auch der Finanzierung des gesamten Projekts dient – eine eher moderate Form des Freemium-Modells also.

Schmerzhafter sind die vielen kleinen Probleme, die in Apps und Ziffernblättern auftauchen (können) und die primär darin begründet liegen, dass die ursprünglichen Entwickler die jeweilige Software längst nicht mehr pflegen. So setzen viele Ziffernblätter für die Anzeige von Wetterdaten auf Weather Underground. Der Dienst hat seine API für kostenlose Wetterdaten jedoch zwischenzeitlich eingestellt, so dass Ziffernblätter, die diese Schnittstelle nutzen, wahlweise nichts oder Unsinn anzeigen.

The good old times: 2015 war Pebble auf seinem Höhepunkt

Beheben ließe sich so etwas nur durch die Entwickler der Apps bzw. Ziffernblätter. Der Umstand, dass keine Anpassungen mehr erfolgen, illustriert natürlich die Tatsache, dass die Rebble-Plattform zwar aus technischer Sicht funktioniert, praktisch jedoch kaum mehr als eine Geisterstadt ist: Die Dinge, die man hier sehen und herunterladen kann, stammen aus einer lange vergangenen Zeit und leben nicht mehr.

Wo Rebble siegt, versagt Microsoft

Um wirklich anerkennen zu können, was Rebble für Pebble-Nutzerinnen leistet, ist es hilfreich, den Blick nach Redmond zu richten. Microsoft hat für den 31.05.2019 die Abschaltung seiner Server für das Health Dashboard bekanntgegeben. Dort verwalten Nutzerinnen der Microsoft-eigenen Fitnessarmbänder (Microsoft Band) ihre aufgezeichneten Daten. Ohne die Serveranbindung bleibt ihnen nur das Betrachten der Daten auf dem mikroben Armband-Display, aka: Elektroschrott am Handgelenk.

Pebble-Nutzerinnen können dank Rebble.io hingegen eine Vielzahl der Gerätefunktionen ihrer Smartwatch weiterverwenden. Sie müssen keine Sorge vor einem Reset des Gerätes haben, eine Anmeldung im eigenen Nutzerkonto ist jederzeit möglich. Selbst gekaufte Drittanbieterinhalte stehen weiter zur Verfügung.

Dass das letzte Update der Rebble.io-Webseite vom ersten Juli 2018 stammt, zeigt gleichzeitig aber, wie fragil auch diese Plattform ist. Letztendlich schwebt über jeder Cloud-basierten Hardware das Damoklesschwert des fortlaufenden Serverbetriebs. Allerdings hat Fitbit auch hier erstaunlich vorgesorgt: Die Pebble-App versucht zwar, einen Konfigurationsserver zu kontaktieren, kann jedoch völlig autark und offline arbeiten, wenn dieser nicht erreichbar ist. Auch die bereits erwähnte Sideload-Fähigkeit ist Produkt dieser Umsicht.

In gewisser Weise ist die Pebble so erst durch den bedauerlichen Verkauf an Fitbit zu einer Smartwatch für die Ewigkeit geworden.

…and if it expires, pray help from above…

(Billy Idol)
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