Apple Watch enthüllt: Warum ich danach die Motorola Moto 360 bestellt habe

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Ginge es nach Apple, dann war die bisherige Geschichte der „Smartwatch“ nur ein Vorspiel, gewissermaßen die Kinderstube einer Produktgruppe, zu deren Rettung nun die Apple Watch erscheint. So oder so ähnlich muss man jedenfalls den Gestus von Tim Cook deuten, der mit seinem Auftreten auf der vergangenen Keynote im Grunde nur eines sagte: „Endlich“. Aber hat die Smartwatch-Welt wirklich auf diese Apple Watch gewartet? Ich denke „Nein“ und habe mir nach der Keynote mit endgültiger Gewissheit die Motorola Moto 360 vorbestellt.

Meine bisherigen Erfahrungen mit Smartwatches kommen von der klassischen Pebble, der Pebble Steel und der LG G Watch. Die grundsätzliche Entwicklung in diesem Jahr habe ich ebenfalls bereits in meinem Rückblick und Ausblick auf das Smartwatch Jahr 2014 zusammengefasst. Die Kurzfassung: Obwohl nun fast 2 Jahre seit der ersten Pebble-Smartwatch vergangen sind, hat sich bis heute kein echter Konsens darüber entwickelt, was genau eine Smartwatch nun eigentlich ist. Alle Augen waren deshalb auf die Entwickler von Apple gerichtet, die gemeinhin den Ruf haben, Trends zwar nicht schnell aufzugreifen. Wenn sie es dann aber tun, dann machen sie es reglmäßig so gut, dass die Apple Variante schnell zum Standard wird. So war es beim ersten iPhone, so war es lange bei den Macbooks und auch die iPads definierten lange den Tablet Bereich. Die Erwartung an die Apple Smartwatch war also keine andere, als endlich zu zeigen: So macht man Smartwatch.

Ich weiß nicht, ob meine Erwartungen zu hoch waren, oder ob Apple „es nicht mehr kann“, aber mich ließ die Apple Watch äußerst (!) unbeeindruckt zurück. Warum ich nun beruhigt zur Moto 360 greife, möchte ich kurz erklären.

Meine Probleme mit der Apple Watch

Die Apple Smartwatch kommt erst im Frühjahr 2015 auf den Markt. Alle meine Bewertungen und Einschätzung sind deshalb natürlich vorläufig. Obwohl Apple sogar angedeutet hat, bis zum Marktstart noch an Details schrauben zu wollen, dürften die wesentlichen Eckdaten aber in Stein gemeißelt sein.

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Das Design zeigt übliche Smartwatch-Standardkost … mit hübschen Armbändern

Fangen wir mit dem wesentlichen Punkt an: Die Optik. Anders als Smartphones, die zwar auch durch Design überzeugen müssen, sind Smartwatches viel eher reine „Modegegenstände“. Smartwatches müssen, um sich im Bereich tragbarer Technik durchzusetzen, also viel mehr Gewicht auf ihre Optik legen. Eigentlich also ein Bereich, in dem Apple reichlich Expertise hat. Umso mehr erstaunt mich, wie klobig, dick und gewöhnlich die Apple Watch aussieht. Klar, das Gehäuse ist aus Alu und der Mechanismus zum Wechseln der Bänder wirkt großartig, aber das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen dicken, pummeligen Kasten handelt, den man sich ums Handgelenk bindet. Damit bietet Apple aktuell also nicht mehr, als das, was alle aktuellen Smartwatches bieten. Im Vergleich zur Pebble Steel oder zur Asus Zenwatch sehe ich jedenfalls nichts, was mir ein „Wow“ entlockt.

Asus Zenwatch

Asus Zenwatch

Zu dieser enttäuschenden Optik gesellt sich dann die Ernüchterung, dass auch die Apple Smartwatch täglich geladen werden muss. Nach Berichten der Journalisten, die die Apple Watch auf der Keynote von Apple ausprobieren konnten, bietet die Apple Watch bisher auch kein „Always On“ Feature, sondern aktiviert sich nur dann, wenn es zu erkennen meint, dass ich auf die Uhr schaue. Zusammengefasst: Das Display ist die meiste Zeit des Tages aus und muss trotzdem jeden Tag geladen werden. Und zwar über ein proprietäres Apple-Ladegerät.

Mein zweites großes Problem mit der Apple Watch ist die Bedienoberfläche (User Interface, UI) und die Tastenwahl. Fangen wir mit der „digitalen Krone“ an, die an die mechanische Aufzugskrone erinnern soll, mit der man mechanische Uhren aufzieht. Erst letztes Jahr hat Apple mit iOS 7 versucht, seine Bedienoberfläche von digitalen Anleihen an Objekte aus der physischen Welt zu befreien (Das Buzzwort dafür war „Skeomorphismen“). Die „digitale Krone“ wirkt auf mich deshalb sehr unstimmig, weil Apple dem Konzept Smartwatch dadurch einen unnötig antiquierten Touch verleiht. Dabei ist die Tatsache, dass die Apple Watch rechts einen kleinen Knopf hat, nicht das Problem. Ich empfinde die übertriebene Betonung dieses Bedienelements einfach als künstlich. Der eigentlich Gewinn des kleinen Drehrades ist nämlich minimal. Mit ihm will Apple das Zoomen ermöglichen. An diesem Punkt muss ich Apple wirklich fragen: Warum sollte ich am Uhrendisplay in meine Fotos hineinzoomen wollen?!

Apple Watch

Winzige App-Symbole und verwirrend viele Eingabemöglichkeiten

Insgesamt wirkt die gesamte Bedienung unstimmig. Zählt man alle Möglichkeiten zusammen, dann ermöglicht die Apple Watch Tippen, Drücken, Wischen, Drehen und Pressen des Displays, der Krone und des Power-Buttons. Das Display soll nämlich zwischen Fingertippen und Fingerpressen unterscheiden können. Dazu gesellt sich dann unterschiedliches Vibrationsfeedback, je nachdem, ob mich die Navigation nach links oder rechts schicken will. Nimmt man dann noch den App-Launcher hinzu, der ein Meer an winzigen Appsymbolen anzeigt, die in chaotischen Wolken sortiert sind, dann mache ich mir definitiv Sorgen. Normale Apple Nutzer betonen, dass sie gerade die simple Bedienung über „den einen Home-Button“ so sehr begrüßen (und oft nicht einmal das Heraufwischen des Kontrollzentrums kennen). Wie sich dieser Anspruch mit der Bedienung der Apple Watch vereinen lassen soll, ist mir ein Rätsel.

Rechnet man all das zusammen, dann ist die Apple Watch für mich ein optisch langweiliges Standardgerät mit einem fragwürdigen Bedienkonzept. Das alles wiegt um so schwerer, weil die Uhr im schlimmsten Fall noch ein halbes Jahr auf sich warten lassen wird. Würde Sie jetzt auf den Markt kommen, dann wäre Sie noch auf Augenhöhe, aber in 4 bis 5 Monaten könnte sie schlicht und ergreifend veraltet sein. Google, Pebble und Samsung werden sich jedenfalls genau ansehen, was Apple an Neuigkeiten gezeigt hat und haben genug Zeit, bis zum Marktstart der Apple Watch die wenigen vorhandenen Vorteile der Apple Watch aufzuholen.

Moto 360: Nicht perfekt, aber im Kern richtig

Nicht weniger heiß erwartet als die Apple Watch ist die seit März angekündigte runde Android Wear Smartwatch von Motorola, die Moto 360. Auch sie ist derzeit in Europa nicht zu kaufen, ist aber bereits vorbestellbar und soll Anfang Oktober ausgeliefert werden.

Moto 360 Front Tilt Gray

Motorola betont den Kern einer Smartwatch: Die Optik

Die Motorola Moto 360 hat gegenüber der Apple Watch und praktisch allen anderen Android Wear Uhren den klaren Vorteil, dass sie ein rundes Gehäuse bietet und so dem Verständnis einer „Uhr“ am Nächsten kommt. Zwar hat LG mit seiner runden LG G Watch R bereits eine eigene runde Android Wear Uhr nachgelegt, aber bietet dabei eher eine sehr bullige, geradezu ruppige Optik.

Wo fast alle aktuellen Smartwatches also viele Kompromisse bei Design und Optik eingehen, wirft Motorola eine Smartwatch auf den Markt, die fast ausschließlich auf ihre einzigartig runde Optik setzt. Und damit – so denke ich – trifft Motorola den Kern wie niemand sonst bisher. Wenn eine Smartwatch nicht vorrangig im Alltag angenehm aussieht, dann wird sie ein Nischenprodukt für Gadgetfreunde bleiben.

Moto 360 Dock Side

Endlich: drahtloses Qi-Laden

Ein zweiter großer Pluspunkt der Moto 360 ist die Fähigkeit zum drahtlosen Laden über den verbreiteten Qi-Standard. Dabei ist mir gar nicht einmal so wichtig, dass ich die Uhr ohne einen Stecker oder eine Ladeschale laden kann. Nein, der Vorteil ist, dass ich die Uhr überall und mit jedem Qi-Ladekissen laden kann. Ich nutze seit Langem eine Qi-Ladematte für mein Nexus 5 und Lumia 920 und freue mich, nicht mehr darauf achten zu müssen, auch für die Uhr immer den passenden Ladeadapter dabei zu haben. Das ist für mich ein riesen Pluspunkt.

Die Bedienoberfläche von Android Wear ist zwar nicht perfekt, aber konzentriert sich angenehm aufs Wesentliche. Touchbedienung und Uhrendisplay sind zwar nach wie vor eine Fettfinger-Problemzone, aber im Vergleich zur viel zu dichten und überfüllten Bedienung der Apple Watch empfinde ich Android Wear als die zugänglichere und übersichtlichere Lösung. Auch hier muss man natürlich berücksichtigen, dass Android Wear bis zum Marktstart der Apple Watch ebenfalls nicht still stehen wird. Wer einen genauen Vergleich der aktuellen Apple Watch und Android Wear UI sehen möchte, dem empfehle ich den sehr lesenswerten Vergleich auf ArsTechnica.

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Die Android Wear UI ist für Smartwatches besser angepasst

Leider hat die Motorola Moto 360 in den bisherigen Reviews bereits viel Kritik einstecken müssen, die auch meinen Enthusiasmus etwas gesenkt haben. So soll der verbaute Prozesser, ein fast 4 Jahre altes SOC von Texas Instruments, die Android Wear Oberfläche nicht ruckelfrei darstellen können und auch die Akkulaufzeit ist mit „Always On“ Display scheinbar schlechter als etwa bei der LG G Watch. Aber wie kritisch diese Aspekte wirklich sind, möchte ich doch selbst herausfinden. Denn letztlich ist es völlig egal, was für Hardware im Inneren der Smartwatch arbeitet oder welche Nennladung der Akku hat. Wichtig ist allein, dass das System funktioniert und die Uhr optisch überzeugt. Insoweit muss man die Moto 360 gewissermaßen mit einem „Apple-Blick“ ansehen: Mehr als bei Smartphones lebt eine Smartwatch von seiner Optik und die stimmt bei der Motorola Moto 360 mehr als alles andere.

Ich freue mich darauf, die Moto 360 in einem Monat ausprobieren zu können. UPDATE (28.10.2014): Meine Review zur Moto 360 ist mittlerweile veröffentlicht und hier zu finden. Was denkt ihr? Was wäre aktuell eure Wahl, wenn ihr zwischen beiden entscheiden müsstet?

See you in the comments!

 

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