Google IO 2014: Killerroboter und viele Fragen (Update)

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Mit der Google IO 2014 ist nun auch die letzte Entwicklerkonferenz der drei großen Spieler im Mobilbereich vorbei. Die Eröffnungskeynote am Abend des 26. Juni hat die Katze aus dem Sack gelassen, was bei Google in nächster Zeit auf dem Speiseplan steht. Und das ist vor allem die neue Android Version, Android Wearables und die weitergehende Vereinheitlichung aller Google Produkte und Dienste. Neben der Erinnerung an Protesten gegen Zwangsräumung und Killerroboter bleiben bei mir aber vor allem viele Fragen zurück. Was ich von Android L, Android Wear und den sonstigen Ankündigungen halte, lest ihr hier.

Android L: Schön, aber kein Rezept gegen Fragmentierung

Die enttäuschende Nachricht war zunächst einmal, dass es keine neue Android Version gab. Was es aber gab, war eine Preview auf „Android L“ für Entwickler. Keine Versionsnummer, kein „Lollipop“, nur „L“. Aber Name ist eh Schall und Rauch.

Android L läuft zwar mittlerweile auf meinem Nexus 5, für eine wirkliche Einschätzung ist es aber noch zu früh. Die optisch entscheidende Neuerung ist das „Material Design“. Dahinter verbergen sich vor allem zwei Sachen: Mehr Animation und mehr Räumlichkeit. Mit „mehr Animationen“ will Google die Übergänge zwischen Klicks, Tips und Taps fließender und nahtloser gestalten und so den Benutzer besser durch die Bedienung führen und besser nachvollziehbar machen, warum welches Element jetzt wo erscheint. Mit „mehr Räumlichkeit“ soll erreicht werden, dass der Nutzer ein Gefühl dafür bekommt, welches Element wichtig ist und welches nur Hintergrundfunktion hat. Um diese räumliche Tiefe zu vedeutlichen, setzt Matias Duarte, Google Chefdesigner und früherer webOS-Designer, auf Schatten. Beide Elemente sind meiner Meinung nach alles andere als neu. Apple hat genau diese beide Ziele auch mit iOS 7 verfolgt. Statt Schatten (Android L) setzt Apple aber auf Transparenz. Die Betonung von Animationen griff Apple bereits bei iOS 7 auf und trieb diese sogar so weit, dass einige Nutzer über Übelkeit klagten und Apple in iOS 7.1 die Bewegungen etwas zurückdrehte.

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Material Design mit mehr Schatten und Animationen

Ich habe mich vor Kurzem gefragt, was bei einem Android Redesign von Bedeutung sein wird. Meiner Meinung nach sollten neue Optik und Funktionen zum jetzigen Zeitpunkt in Androids Entwicklung nicht mehr die oberste Priorität haben. Wichtig ist, dass Google endlich etwas gegen die Fragmentierung seines Ökosystems unternimmt. Seit Gingerbread (2.3) und Ice Cream Sandwich (4.0) hinken 90 % der Nutzer weit hinter den aktuellen Versionen hinterher. Was hilft das neue Material Design mit all seinen neuen Designvorgaben, wenn Android L erst in einem Jahr auch auf Einsteiger-Geräten ankommt? Die Fragmentierung der Softwareversionen ist dabei aber gar nicht das Entscheidende. In einer Zeit, in der selbst Einstiegsgeräte wie das Samsung Galaxy Ace 3 mit Android 4.1 und 4.2.2 ausgestattet sind und damit zumindest Verbesserungen wie Project Butter nutzen können, steht die weitere Optimierung der Leistungsfähigkeit nicht mehr an der Spitze der Prioritätenlisten. Android hat den Ruf des verbuggten und trägen Systems mittlerweile überwunden. Es wird stattdessen Zeit für eine optische Vereinheitlichung. Das neue Material Design von Android gibt zwar neue Designvorgaben vor. Anders als Apple hat Google diese Vorgaben aber noch nie wirklich durchgesetzt. Wenn Google damit nicht endlich ernsthaft anfängt, wird der Bruch in der Optik nur um so deutlicher, wenn weiterhin alte Apps in Gingerbread Optik „nahtlos“ in Apps nach neuester Material Design Optik übergehen sollen.

Android One: In Apples Fußstapfen?

In dieser Hinsicht sehr spannend finde ich das Konzept von „Android One“. Google will dabei gewisse Hardware vorgeben (Displaygröße, Auflösung, CPU und RAM etc.) und garantiert dann für entsprechende Geräte zeitnahe Softwareupdates direkt von Google. Dieses Android One Programm zielt zwar primär auf günstige Geräte für entwickelnde Märkte ab, aber zum ersten Mal außerhalb des Nexus Programms schaltet sich Google aktiv in die Hardwarefrage ein. Microsoft und Apple sind seit Beginn an in der komfortablen Lage, dass sie Hardware und Software im Griff haben und deshalb die Performance des Systems viel genauer anpassen können. Mit Android One begibt sich Google nun möglicherweise auf den gleichen Weg. Ganz im Sinne der obigen Gedanken zu Android L hoffe ich, dass Google seine Verantwortung für das Nutzerlebnis seiner Android Welt etwas ernster nimmt und strengere Vorgaben wirkungsvoll durchsetzt.

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Mit AndroidOne mischt sich Google endlich auch in die Hardware ein

Im Vorfeld gab es zudem auch viele Berichte über das Ende des Nexus Programms und dessen Ablösung durch etwas, was „Android Silver“ genannt wurde. Ist Android One genau das? Glücklicherweise ist in dieser Hinsicht von Googles Seite mittlerweile klargestellt worden, dass das Nexus Programm nicht beendet werden wird. Dafür spricht auch, dass aktuell ein gelbes Nexus 5 in Arbeit ist. Wir dürfen also weiter auf ein Nexus 6 hoffen. Vielleicht auf Basis des LG G3?

Android Wear: Wo bleibt die Moto 360?

Der spannendste Teil aus Konsumentensicht war natürlich Android Wear: Endlich wurde die Bedienoberfläche in Aktion gezeigt und endlich wurde die Geräte vorgestellt, demonstriert und für den Verkauf freigegeben. Bisher sind leider nur die LG G Watch und die Samsung Gear Live erhältlich. Die Moto 360 lässt weiter auf sich warten. Das ändert aber nichts daran, dass Google Uhren-Android aktuell wohl zu den Änderungen der Technikwelt gehört, die das Zeug haben, dieses Jahr den Markt gehörig aufzumischen. Anlässlich der Preview auf Android Wear im März diesen Jahres habe ich schon einige Gedanken zu dem Thema formuliert: Die große Abhängigkeit von Google Now sehe ich in Märkten außerhalb der USA nach wie vor als eine der größten Schwachstellen an. Auch die Verbreitung von biometrischen Sensoren am Handgelenk, die meine Gesundheitsdaten schwupps in die Google Cloud laden, sehe ich noch immer skeptisch. In dieser Hinsicht teile ich die Zurückhaltung von Hannes Czerulla, der bei heise.de starke Zurückhaltung äußerte, was die Weitergabe dieser sensiblen Daten angeht.

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Android Wear endlich in Aktion zu sehen

Abseits dieser Bedenken habe ich als Technikbegeisterer natürlich trotzdem arg zu kämpfen gehabt, als im Google Play Store die LG G Watch für 199 € verfügbar wurde. Zwei Sachen haben mich letztlich aber angehalten: Die Pixeldichte von nur 240 PPI sah bereits während der Präsentation auf der Keynote arg pixelig aus. Außerdem wurde eine Akkulaufzeit von maximal 36 Stunden verkündet. So sehr ich Android Wear in die Finger kriegen möchte, vermute ich, dass diese erste Inkarnation der Soft- und Hardware mir noch nicht für den Alltag reicht. Aber ich werde natürlich trotzdem versuchen, mir zumindest einen kleinen Ersteindruck zu verschaffen.

Datenschutz und Sicherheit?

Etwas enttäuscht war ich, dass Google auch auf der diesjährigen Keynote so wenig Gewicht auf Datenschutz und Sicherheit gelegt hat. Die Tatsache, dass ich bei Android auch mit Version L nicht in der Lage bin, nachträglich zu kontrollieren, welche Rechte ich einer App einräumen möchte, erzeugt Unmut. Seit Version 4.3 hat Google sich in dieser Hinsicht nicht gerührt. Dabei zeigt zum Beispiel Cyanogenmod 11, das ich gerade erst für einen Monat ausprobiert habe, wie so ein Datenschutzmanagement aussehen kann. Update 03.07.2014: Kürzlich bin ich aufgrund diverser Berichterstattungen auf eine Folie der Keynote aufmerksam geworden, auf der etwas von „Universal Data Controls“ geschrieben steht. Sollte da etwa so etwas wie eine Berechtigungszentrale auf uns zukommen? Spannend!

Mysteriös: Was wohl unter "Universal User Control" zu verstehen ist?

Mysteriös: Was wohl unter „Universal Data Control“ zu verstehen ist?

In Bezug auf die Sicherheit des Android Systems gab es allerdings deutliche Hinweise auf Veränderungen in den Google Play Services. Statt wie früher, Sicherheitsupdates über die Firmware auszurollen, sollen diese nun über Google Play Dienste kommen. Das ist definitv ein Schritt in die richtige Richtung, denn so erhalten auch Geräte, denen die Hersteller bereits den Softwaresupport entzogen haben, die Möglichkeit, Sicherheitslücken zu stopfen.

Chrome OS und Googles Version von Continuitiy

Als vorletzten Punkt möchte ich die Veränderungen an ChromeOS ansprechen. Was bereits Apple auf der WWDC 2014 vorgestellt hat, hält nun auch Einzug in ChromeOS: Benachrichtigungen (Anrufe, SMS etc.), die auf dem Android Gerät eingehen, werden auch auf dem Chrome Gerät angezeigt. Wie weit hier die Integration geht und ob man wie bei Apple Anrufe auch annehmen und vom Chrome Gerät führen kann, ist mir allerdings nicht ganz klar geworden.

Diese neuen Features erschöpfen sich aber nicht – so mögen einige Apple Fanboys es auslegen – in einer Nachahmung von Apples Continuity System. Die größere Neuigkeit ist meiner Ansicht nach nämlich, dass jetzt Android Apps unter Chrome OS laufen. Da darf man ganz klar die Ankündigungen erfüllt sehen, dass Google in Zukunft Android auch zum Betriebssystem der Desktop-Rechner machen will. Damit befindet sich Google in bester Gesellschaft, denn auch Microsoft arbeitet ja hart daran, Windows Phone, Windows RT und Windows x86 zu verschmelzen.

Android TV, Android Auto … und Android World?

Als Letztes noch ein Wort zu Android TV und Android Auto: Natürlich drängt Google auch in diese Bereich vor und natürlich sind überall Google Now, Google Play und Sprachsteuerung integriert. Der Schritt zur Weltherrschaft ist da wirklich nicht mehr weit.

Android, Android überall

Android, Android überall

Spaß beiseite: Google liefert über Google Fiber Daten, vernetzt mit Nest das gesamte Haus und hört über Android TV, Google Chromecast und Android Auto bei Schritt und Tritt mit. Das ist irre komfortabel und dank der überall geltenden Designvorgaben von Material Design wird der Wechsel zwischen all diesen Google Diensten hoffentlich wirklich so nahtlos werden, wie Google es verspricht. Aber an welchem Punkt schreien wir nicht „mehr, mehr, mehr“, sondern treten einen Schritt zurück und verlangen verlässlichere Garantien für unsere Privatsphäre? Google hat mit Android Wear gezeigt, dass es Android erfolgreich auf andere Formfaktoren portieren können. Jetzt ist es langsam an der Zeit, dass sie Vertrauen schaffen, dass alle diese Android-Arme uns nicht irgendwann in den Schwitzkasten nehmen.

Was bleibt?

Was nach der Google IO 2014 für mich vor allem bleibt, ist das Gefühl, dass Android überall ist. Auf Smartphones hat es unsere Hände und Ohren erobert, auf Wearables wird es unsere Handgelenke erobern und bei Android TV, Auto usw. die restlichen Bereiche unseres Lebens übernehmen. Das alles dank Material Design in einem einheitlichen, hübschen Design. Finde ich das unheimlich? Ja! Finde ich das technisch extrem spannend? Natürlich! Ich werde mir die kommenden Tage jedenfalls Android L genau ansehen und weiter versuchen, dem Bestellknopf bei der LG G Watch zu widerstehen.

Wie geht es euch mit dieser Fülle an Android-News? Was war eure Highlighs oder Enttäuschungen der diesjährigen Google IO? See you in the comments!

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