Fanboys: Eine kleine Gattungsstudie

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Die Technik-Community ist nicht arm an exotischen Kreaturen. Ganz besonders bemerkenswert ist der sogenannte „Fanboy“, dessen Verbreitung nicht erst in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Seine Population scheint trotz drastischer Gegenmittel wie „vernünftig diskutieren“ oder „aus Foren bannen“ keinerlei Wachstumsgrenzen zu kennen. Doch was genau ist ein Fanboy und welche einzelnen Gattungen kennt diese sonderliche Lebensform? Ich versuche mich heute an einer kleinen Gattungsstudie.

Ursprung und natürlicher Lebensraum

Der Fanboy ist tatsächlich kein Geschöpf des technisierten Zeitalters. Erste Populationen lassen sich sogar in der frühesten Menschheitsgeschichte nachweisen. Eine erste Blütezeit fand der Fanboy im Mittelalter, als die vorherrschenden Weltanschauungsmarken „Katholizismus“ und „Protestantismus“ ein Klima schufen, das mit blinder Folgsamkeit und beratungsresistenter Unbelehrbarkeit idealen Nährboden für den Fanboy bot. Über Zwischenepisoden der Marke „Pepsi“ gegen „Cola“ oder „Star Wars“ gegen „Star Trek“ erreichte die Verbreitung dieser Spezies im späten 20. Jahrhundert eine erneute Blüte. Am wohlsten fühlen sich die Vertreter dieser jüngsten Wachstumsperiode in einem Klima des Halbwissens und der Rückwärtsgewandheit. Ihr Lebensraum hat sich von Stammtischrunden aber vermehrt in die digital vernetzte Welt verschoben, wo sie sich im „Kommentare“-Dickicht oder „Foren“-Gestrüp nach wie vor ungebremst verbreiten. Aber schauen wir uns die einzelnen Vertreter des modernen Fanboys einmal genauer an.

Der realitätsferne Windows Phone 8 Anhänger

Der erste Untervertreter ist die Gattung des realitätsfernen Windows Phone 8 Anhängers. Er zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er jede Zuckung seinen Stammtiers „Microsoft“ als heilige Offenbarung aufnimmt und mit beeindruckender Sturheit die Weiterentwicklung der restlichen Fauna ignoriert. Während diese Eigenschaft im Grund jedem Fanboy eigen ist, hat der Microsoft Fanboy aufgrund langer Dürreperioden die Fähigkeit entwickelt, auch dem kümmerlichsten Unterangebot etwas Positives abzugewinnen. Da der Lebensraum des Windows Phone 8 Fanboys aktuell akut durch ein Phänomen namens App-Gap bedroht ist, stürzt er sich heißhungrig auch auf den abgenagtesten Brocken. Besonders beeindruckend ist es, wenn er selbst aus der 50sten Wetter-App noch etwas Nahrhaftes herausholt oder die Veröffentlichung indischer Fitnessapps mit eigenen Gedenkreden ehrt. Andere Vertreter der Fanboy-Gattung treiben solch unwirtlichen Lebensumstände in die Flucht, doch der Windows Phone 8 Fanboy verklärt dieses Brachland mit schier grenzenloser Naivität in ein Paradies. Selbst für die widrigsten Mangelerscheinungen hat er tiefgreifende und profunde Lösungen entwickelt: So wird knapper Speicherplatz mit bahnbrechenden Tipps wie „Fotos Löschen“ gelöst. Selbstverständlichkeiten wie eine Wochenansicht in seinem Kalender feiert der Windows Phone 8 Fanboy mit beneidenswerter Hingabe. Grundnahrungsmittel wie die Integration von Google Diensten kontert er gekonnt mit reflexartigen Lauten, deren Hauptbestandteil die Silbe „One-…“ ist.

Hinzu kommt, dass der Windows Phone 8 Fanboy eine Geschichte mit sich herumträgt, der es kaum an Dramatik fehlt. Aus einer früher blühenden Population zu Zeiten von „Windows Mobile“ haben sich die Windows Phone 8 Fanboys in den letzten Jahren zu einer enklavenartig zurückgezogenen, scheuen Gruppe entwickelt. Von allen Arten des Fanboys hat er allerdings die besten Augen (einzelne Exemplare sollen mit einer Sehschärfe von über 40 MP beobachtet worden sein).

Der natürliche Feind dieser Unterart ist sein harscher Lebensraum selbst. Nichts macht dem Windows Phone 8 Fanboy mehr zu schaffen, als die Erkenntnis, dass die geliebte Spotify App nicht wegen veralteter Hardware, sondern schlicht wegen Vernachlässigung durch den Entwickler zu einer kaum nutzbaren Beleidigung verkommt. Aber es gibt Hoffnung: Jüngste Maßnahmen wie das „Action Center“ haben den Lebensraum dieser bedrohten Lebensform zumindest teilweise bewahrt und frühere Notlösungen wie „Live-Tiles“ entbehrlich gemacht.

Der spirituell verwirrte iOS Jünger

Eine stark im Wandel befindliche weitere Untergruppe des Fanboys ist der „spirituell verwirrte iOS Jünger“. Diese sehr junge Spezies entwickelte sich erst in den Jahren nach 2007 und stammt wesentlich vom sogenannten „Apple Jünger“ ab. Frühe Erfolge in der Geschichte dieses Fanboy-Vertreters haben zu einem Gefühl von Unantastbarkeit und Überlegenheit geführt. Meilensteine wie das erste iPhone und das lange unerreichte hochauflösenden iPhone 4 haben den Mythos der ewigen Innovation und Kreativität geschaffen. Seit 7 Jahren stolziert der iOS-Jünger durch sein vermeidliches Königreich und lässt bei jeder Gelegenheit sein Mantra von „Wertigkeit“ und „Funktioniert einfach“ hören. Seine Hauptpaarungszeit ist der Sommer, in dem er sich zur Massenpaarung auf der sogenannten WWDC versammelt und zumeist Millionen neuer Abkömmlinge produziert.

Doch der iOS-Jünger ist bedroht. Seine primären Nahrungsquellen aus Cupertino erweisen sich seit einiger Zeit als zunehmend weniger nahrhaft. Minimale Entwicklungen in Richtung iPhone 5 und iPhone 5S lassen den iOS Fanboy zu immer verzweifelteren Reaktionen greifen. Man habe immer noch die schönsten Geräte im Lande, man brauche keine größeren Auflösungen und überhaupt sei die Ein-Hand-Bedienung doch das Wichtigste auf der Welt. Aber der Verfall ist deutlich. Aus der früher dominierenden Führungskaste ist eine Gattung unter vielen geworden, die gegen unerwartet starke Konkurrenz um jeden Fleck Lebensraum kämpfen (und streiten) muss. Nicht alle Vertreter dieser Art verfügen noch über die mentale Stärke, diesen Abstieg zu ignorieren. Einige wenden sich in einem Anfall nostalgischer Weltfremdheit gar alten Siegen zu und tauschen ihre neuen Geräte gegen alte Brocken aus besseren Zeiten und hoffen, so einen Hauch der alten Magie zu erhalten.

Die Zukunft ist ungewiss für diesen erfolgsverwöhnten, aber hart gefallenen Vertreter der Fanboy Gattung. Das frühere Leittier ist durch einen kargen und spröden Leitwolf ersetzt worden und große Hoffnungen wie das kommende iPhone 6 sehen sich nicht nur dem Display-Dilemma gegenüber. Nein, in einer Welt, in der sogar ein Moto G ein höherauflösendes Display als das aktuelle iPhone bietet, ist es wahrlich keine Freude, ein iOS Jünger zu sein.

Der zahlenbesessene Androide

Der letzte Vertreter des Fanboys ist der zahlenbesessene Androide. Er ist der Vertreter, der über den aktuell üppigsten Lebensraum verfügt. Nach schweren Geburtswehen hat sich diese Art akutell an die Spitze der Nahrungskette gekämpft und diktiert weitgehend die Richtung, in die sich die gesamte Art entwickelt. Stolz verweist der Android Fanboy stets auf sein üppiges Federkleid, das aktuell vor allem mit Quad-Core, FullHD und Riesendisplays bestückt ist. Er fühlt sich überlegen, da seine Welt von Überangebot, Preisdruck und massenhafter Verfügbarkeit geprägt ist. So hat sich der Android Fanboy sogar in die unwirtlichsten Grenzgebiete vorgearbeitet und überschwemmt seine Artgenossen mit billigster Massenware im Kampf um den kostenbaren „Marktanteil“.

Der Android Fanboy ist besonders stolz auf seine technische Überlegenheit und neigt zu einer fast religiösen Technikgläubigkeit. Er ignoriert sehr gern Dinge wie Nutzerfreundlichkeit und verweist stattdessen auf Übermengen an Rechenpower. Auf Schönheit oder Eleganz legt der zahlenbesessene Androide weniger Wert. Er gilt als größte Bedrohung für den iOS Jünger und bei den Aufeindertreffen beider Arten kommt es häufig zu heftigen Zusammenstößen. Der Androide weiß um seine schwere Kindheit, in der er besonders vom iOS Jünger geärgert und sogar mit Auslöschung bedroht wurde. Aus dieser entbehrungsreichen Erfahrung hat sich eine natürlich Feindschaft zwischen Beiden entwickelt.

Trotz seiner vermeidlichen Überlegenheit auf dem Papier kämpft der Android Fanboy aber noch mit starken Schamgefühlen ob seiner peinlichen Anfänge. Die Vehemenz, mit der er seine neue Führungsrolle verteidigt, ist nicht zuletzt Folge einer gewissen Portion Selbstablehnung. Nur zu bewusst sind vergangene Fehler wie laggende Software, hässliche Plastikgehäuse oder instabile Apps. Tritt man den Android Fanboy in diese Wunde, so ist noch heute mit besinnungsloser Raserei und krankhafter Leugnung zu rechnen (Wehklagen wie „Bei mir hat noch kein Android gelaggt“ sind häufige Reaktionen).

Gemeinsamkeiten und Handlungsempfehlungen

Allen Fanboys ist gemein, dass frühere oder aktuelle Stärken übertrieben dargestellt werden und Vertretern anderer Arten mit Herablassung begegnet wird. In freier Wildbahn ist der Fanboy selten zahm zu erleben. Stets fühlt er sich bedroht und greift bereitwillig jede Schwachstelle seiner Konkurrenten auf. Besonders tragisch: Der Fanboy ist sich seiner Selbst oft nicht bewusst und neigt stattdessen dazu, Unbeteiligte ihrerseits als Fanboys zu bezeichnen.

Folgende drei Handlungsempfehlungen sollte der geneigte Leser im Umgang mit Fanboys jeder Art beachten:

1. Die beste Reaktion ist zumeist, den Fanboy zu ignorieren. In dieser Hinsicht gleicht der Fanboy dem artverwandten „Troll“. Ohne Angriffsfläche zieht sich der Fanboy zumeist schnell in seine Höhle zurück und schwelgt mit seinen Fanboy Freunden in verklärtem Selbstlob. Versuchen Sie auf keinen Fall, vernünftig mit dem Fanboy zu reden. Er ist resistent gegen Tatsachen.

2. Sofern der Fanboy nicht durch Ignorieren zur Ruhe zu bringen ist, hat sich Humor als Notlösung entwickelt. Aber Achtung: Der Fanboy versteht selten Ironie und verfügt nur über begrenzte Kapazitäten, über sich selbst zu lachen.

3. Ist eine Konfrontation unausweichlich, so hilft oft nur Isolation. Auf freier Flur schafft es der Fanboy nur selten, klare Gedanken zu fassen. Es sollte daher versucht werden, den Fanboy in der Einzelbegegnung mit entspannter Sachkunde zur Ruhe zu bringen. Es hat sich bewährt, auf eigene Erfahrungen mit den Lebensräumen des Fanboys zu verweisen.

Festzuhalten ist: Der Fanboy hat sich etabliert. Sein Lebensraum ist gesichert und seine starke Territorialität lässt kaum Hoffnung zu, dass er sich ohne Geschrei zurückziehen wird. Sollte ein Leser gar eigene Ansätze von Fanboytum erkennen, so wünsche ich viel Glück. Seichte Fälle scheinen heilbar, also nicht die Hoffnung aufgeben. Als gute Medizin hat sich in früheren Stadien der Besuch in anderen Fanboyzonen bewährt.

Habt ihr eigene Erfahrungen mit Fanboys? Was sind eure Überlebensstrategien im täglichen Umgang mit ihnen?

See you in the comments!

5 Kommentare

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