Android M auf dem Nexus 5: Die Preview im Alltagstest

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Es gibt Dinge, die sollte man seinem Smartphone nicht antun. Unfertige Software zu installieren, gehört auf jeden Fall dazu. Egal ob die technische Preview von Windows 10 Mobile oder die erste Beta von iOS 9: Für den Alltag taugen diese frühen Test-Versionen selten. Oder doch? Ich habe natürlich nicht widerstehen können und die aktuelle Preview der kommenden Android Version auf meinem Nexus 5 installiert. Und was soll ich sagen: Android M läuft auf dem Nexus 5 derart gut, dass ich versucht bin, es als geeignet für den Alltag zu empfehlen. Hier meine Eindrücke nach 2 Wochen Nutzung.

Installation und Setup

Die Preview von Android M ist aktuell nur für das Nexus 5, 6 und 9 sowie den Nexus Player verfügbar. Wer die Preview installieren will, muss selbst Hand anlegen. Anleitungen gibt es online genug. Im Grunde müsst ihr euer Nexus 5 mit einem Computer verbinden, ADB und Fastboot einrichten und das von Google veröffentlichte Factory Image per Eingabeaufforderung flashen. Ob Android M noch für ältere Geräte wie das Nexus 4 oder das tolle Nexus 7 (2013) Tablet erscheinen wird, ist bisher nicht klar. Ich würde nicht drauf wetten.

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Über ADB und Fastboot ist das Factory Image der Preview schnell installiert

Nach der Installation erwartet euch ein Einrichtungsprozess am Smartphone, der dem von Android Lollipop fast eins zu eins gleicht. Alles in allem die übliche Prozedur mit ein paar veränderten Grafiken. Wer mit Android Lollipop vertraut ist, wird sich sofort heimisch fühlen.

Stabilität und Performance auf dem Nexus 5

Die vielleicht spannendste Frage für alle,  die überlegen, die Preview ebenfalls auf ihre Geräte zu flashen: Ist die aktuell Preview für den Alltag geeignet? Ich würde tatsächlich sagen: Ja, das ist sie. Von der Installation bis zum heutigen Tag hatte ich (bis auf einen Fall, dazu gleich) keinerlei Probleme mit Android M auf meinem Nexus 5. Hätte man mir nicht gesagt, dass nun eine Preview auf meinem Gerät läuft, hätte ich es kaum bemerkt. Ganz im Gegenteil, ich hätte mich unter Umständen sogar gewundert, warum das bisher so verbuggte und träge Lollipop auf einmal so flott und stabil läuft.

Ich würde die jetzige Preview tatsächlich als angenehmer als das zuletzt extrem nervige Lollipop beschreiben. Egal, ob Nexus 5 oder Moto G (2014): Android Lollipop hat derzeit auf vielen Geräten mit ineffektivem Speichermanagement, trägem Multitasking und Abstürzen zu kämpfen. Von all dem habe ich in den zwei Wochen mit der Preview von M nichts bemerkt. Das Aufrufen der Kartenansicht zum Wechseln der App geht wieder so rasend fix, wie ich es von KitKat in Erinnerung habe und auch sonst lief das System stets tadellos. Ich lasse mich deshalb zu folgender Spekulation hinreißen: Android M ist nichts anderes als ein kurzfristig umgelabeltes Update für Android Lollipop. Egal, was die Gründe sind, Android M scheint tatsächlich das erwartete Feintunging zu werden, das Lollipop so dringend braucht. Das macht große Hoffnung für die finale Version, die ja erst im Herbst erscheinen soll.

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Android M auf dem Nexus 5: Jetzt schon so gut wie alltagstauglich

Die Akkulaufzeit empfand ich übrigens nicht als bemerkenswert besser. Ich lese hier und da Berichte davon, dass die Laufzeit gerade des Nexus 5 sich verlängert haben soll. In den nun 2 Wochen mit der Preview kann ich das nicht bestätigen. Die Laufzeit ist aber auch nicht schlechter. Möglicherweise sind die Verbesserungen für mich aber auch nur nicht so spürbar, weil ich das Gerät tagsüber stark beanspruche: Ständig gekoppelte Pebble Steel, viel Spotify-Streaming und viel aktives Display bringen mein Nexus 5 oft bereits nachmittags ans Ende. Eine vielleicht um 10 % verbesserte Laufzeit fällt bei so einem Nutzungsverhalten natürlich kaum auf. Bezüglich des Akkus muss ich nur eine Sache noch erwähnen. Kurz vor Veröffentlichung dieses Artikels zeigte mein Nexus 5 plötzlich ein sehr merkwürdiges Ladeverhalten. An einer von drei QI-Ladestationen versagte es das drahtlose Laden komplett und auch per Kabel wollte die Akkustandsanzeige partout nicht steigen. Nachdem ich das Nexus einmal komplett leer laufen lies und voll geladen habe, funktioniert es aktuell wieder wie gewohnt. Ich werde das aber beobachten.

Was ist schon drin?

Ich kann wirklich nicht genug betonen, wie wenig sich Android M derzeit vom bekannten Android Lollipop unterscheidet. Egal ob Material Design, die Benachrichtigungen im Karten-Look oder die neuen Navigationstasten im Playstation-Design. All das bleibt unverändert und das ist gut so, denn das momentane Android Design gefällt mir so gut wie kaum ein zweites mobiles System. Details findet ihr in meinem Review zu Android Lollipop.

Optische Veränderungen muss man tatsächlich erst suchen. Aber es gibt sie. Der App-Drawer sortiert die Apps nun vertikal statt horizontal, zeigt die 4 häufigst benutzten Apps an und hat vor allem ein Suchfunktion. Besonders letztere habe ich in den 2 Wochen bereits lieb gewonnen. Statt durch Seiten über Seiten des App-Drawer zu wischen, komme ich so deutlich schneller zu meiner gesuchten App.

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Der neue horizontale Drawer mit Suchfunktion

Ein extrem großes Ärgernis von Android Lollipop war die verkorkste Lautstärke-Steuerung, die den Lautlos-Modus mit der Nicht-Stören-Funktion ersetzte. Während das Update auf Android 5.1 immerhin dafür sorgte, dass im Nicht-Stören-Modus wieder die LED-Benachrichtigungslampe leuchtet, habe ich doch vermisst, einfach über die Lautstärke-Runter Taste bis zum Lautlos-Modus zu gelangen. Android M bringt hier nun endlich die erhoffte Abhilfe. Betätigt man die Lautstärke-Taste, erscheint der bekannte Slider, der nun wieder bis herunter zu einem Lautlos-Modus führt. Den nennt Google zwar immer noch Nicht-Stören-Modus, aber im Wesentlichen handelt es sich dabei wieder um einen Modus, der außer LED-Licht und Wecker nichts durchlässt. Über einen kleinen Ausklapp-Haken gibt es zudem auch einen Schnellzugriff auf Medien-, Klinkelton- und Weckerlautstärke. Insofern also: Alles wieder gut!

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Die Lautstärke-Steuerung ist endlich wieder praktisch

Erstmals bietet Android in der Preview von M auch so etwas wie optische Anpassbarkeit. Allerdings muss man dazu den Entwicklermodus freischalten (7x auf „Buildnummer“ in der Systeminfo tappen). Dort kann man einerseits einen Dark-Mode für die Einstellungen einstellen und andererseits die Option „SystemUI-Tuner“ freischalten. Ersteres macht tatsächlich nichts weiter als das Einstellungen-Menü in dunklem Grau darzustellen. Zweiteres hingegen erlaubt erstmals das manuelle Sortieren und Ein- sowie Ausblenden bestimmer Shortcuts im Quicksettings-Menü. Ich habe so beispielsweise den Chromecast-Shortcut und den Nicht-Stören-Shortcut rausgeworfen.

Schließlich wäre da noch das vielleicht kontroverseste neue Feature überhaupt: Das neue Rechte-Management. Wie bei iOS schon lange und bei Windows Phone seit Version 8.1.2 üblich, lassen sich nun auch bei Android M Apps nachträglich einzelne Rechte entziehen. In meinem Artikel „Google I/O gegen WWDC 2015: Wenn Privatsphäre zum Luxus wird“ habe ich bereits gesagt, dass ich diese Funktion zwar über alle Maßen begrüße, Google Implementierung aber etwas gezwungen wirkt. Anstatt die Funktion gut sichtbar in eine eigene Datenschutz-Rubrik zu stecken (so bei iOS und Windows Phone), versteckt sie sich als Untermenü „Berechtigungen“ innerhalb jeder App, die manuell in der Kategorie „Apps“ geöffnet werden muss.

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Toll: Nachträgliches Rechtemanagement bei Android M Blöd: Leider recht versteckt

Will man gar auf die einzelnen Rechtgruppen selbst zugreifen und etwa sehen, welche Apps auf die Kontakte zugreifen, muss man in der Kategorie „Apps“ über die drei Punkte rechts oben auf „Erweitert“ tappen und dort „App-Berechtigungen“ auswählen. Ich hoffe, dass Google diese wichtige Funktion in der finalen Version intuitiver sortiert und prominenter platziert.

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Der Zugriff auf die einzelnen Rechte-Kategorien ist nicht minder gut versteckt

Zuletzt wäre da noch die Kategorie „Dies und Das“. Den nativen Support für Android Pay und Fingerabdruck-Scanner kann ich auf dem Nexus 5  nicht weiter demonstrieren. Gleiches gilt für die (scheinbar echt praktischen) Möglichkeiten, die Android M bezüglich USB-C bieten wird und den Verbesserungen bei der Einbindung externer Speicherkarten. Die werden nun dem internen Speicher zugeordnet, was in Zukunft eine deutliche Aufwertung von Speichererweiterungen nach sich ziehen könnte. Zwar schon vorhanden, mangels App-Support aber nicht nicht spürbar, ist die neue BackUp-Funktion von Apps. In Zukunft sollen nicht nur die Apps selbst in Google Drive gesichert werden, so dass man bei einem Wiederherstellen nicht jede App einzeln herunterladen muss, sondern auch Dateien bis zu 25 MB. Das könnte vor allem Spielstände und komplexere Einstellungen betreffen, die dann beim Zurücksetzen nicht verloren gehen würden. Mir wäre ein lokales Voll-Backup wie es iTunes bietet aber immer noch deutlich lieber.

Das Beste kommt erst noch?

Nicht alles, was auf der Google I/O 2015 Keynote angekündigt wurde, ist auch bereits in der Preview zu sehen. Allen voran die neue „Google Now on Tap“ Funktion ist bisher nur als Platzhalter vorhanden. Dieser neueste Trick im Repertoire von Google Now lässt mich in jeder App und in jedem Browser-Fenster über einen langen Druck der Hometaste eine Art Mini Google Now aufrufen. Google scannt und analysiert den gerade angezeigten Inhalt und gibt mir daraufhin Empfehlungen, Hinweise und Tipps.

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Google Now On Tap fehlt noch

Die Funktion ist für mich neben dem Rechte-Management und den gefixten Lautstärke-Settings das dritte Highlight. Abseits der brennenden Fragen nach dem Verbleib all der Infos, die Google dadurch zusätzlich über mich verarbeitet, geht Android M damit einen weiteren Schritt in Richtung smarte Dienstleistung. Der Komfort und der Mehrwert einzelner Betriebssysteme ist zunehmend nicht mehr durch das Vorhandensein oder Fehlen einzelner Apps gekennzeichnet. Auch ein individueller Look tritt (zu meinem Bedauern) immer mehr in den Hintergrund. Stattdessen erobern Meta-Dienste wie Siri, Cortana und Google Now unsere Smartphones. Das neue Google Now on Tap könnte durchaus dafür sorgen, dass ich in Zukunft nicht mehr manuell suchen muss, ob der gerade in IMDb angezeigte Filme aktuell in der Nähe gespielt wird oder wo der nächste Subway ist, wenn gerade Bilder von Sandwiches meinen Appetit anregen. Für all das reicht vielleicht bald Google Now on Tap.

Ebenfalls noch nicht in der Preview zu sehen, sind zwei Features, die findige Bastler ausfindig gemacht haben. So sollen tief im Android M Code erste Anzeichen eines Side-by-Side-Multitaskings versteckt sein. Das soll aber noch derart buggy sein, dass ich mir nicht die Mühe gemacht habe, die Funktion freizuschalten. Angesichts des bei iOS 9 implementierten Multi-Window-Multitasking auf den iPads ist Google aber klar unter Zugzwang. Die andere versteckte Neuheit ist eine Theme-Engine. Ob, wann und wie beide Funktionen in der finalen Android M Version zu sehen sein werden, ist bisher unklar.

Android M: Das bessere Lollipop

Abschließend bleibt mir nichts anderes zu sagen, als dass Android M in jeder Hinsicht das bessere Lollipop ist. Die Stärken um das tolle Design bleiben erhalten. Schräge Fehltritte wie die verkorkste Lautstärke-Steuerung werden souverän bereinigt und mit dem Rechte-Management hält ein noch unnötig verstecktes, aber lange überfälliges Feature in Android Einzug. Besonders spannend finde ich aber das, was Google mit Google Now on Tap in der Hinterhand hat. Die Reaktionen auf diese neue Komfort-Funktion reichen aktuell zu Recht von gruselig bis großartig. Und irgendwo dazwischen stehe auch ich.

Dass die aktuelle Preview auf dem Nexus 5 bereits so erstklassig läuft, lässt schließlich große Hoffnungen aufkommen, was die finale Version angeht. Nach 2 Wochen kann ich tatsächlich eine (fast) bedenkenlose Empfehlung an alle aussprechen, die die Preview von Android M auf ihr Nexus flashen wollen. Die Performance und Stabilität sind für eine Preview nicht nur beachtlich, sondern gerade für Memory Leak Geplagte auf Lollipop ein regelrechtes Upgrade. Es soll zudem monatliche Updates geben. Schon in 2 Wochen könnten also neue Features hinzukommen. Ich bin besonders gespannt, ob wir dann vielleicht konkretes zum Multi-Window-Multitasking und vor allem Google Now on Tap sehen werden. Aber auch unabhängig von den erwarteten neuen Feauteres lässt mich das, was Android M bereits jetzt bietet, nur zu einem Schluss kommen: Die Preview bleibt auf meinem Nexus 5.

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